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05 - Spiel der Intrigen

05 - Spiel der Intrigen

Titel: 05 - Spiel der Intrigen
Autoren: Marion Chesney
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ging die Treppe hinunter. Dann stellte er sich auf den Gehsteig, um nach
einer Droschke Ausschau zu halten. Dabei überlegte er, dass er sich bald wieder
eine eigene Kutsche würde leisten können.
    Eine geschlossene Kutsche näherte
sich. Der vierschrötige rothaarige Kutscher oben auf dem Kutschbock war in
Mantel und Schal gehüllt.
    »Braucht der Herr eine Kutsche?«
rief er. Mr. Pardon zögerte. Der Kutscher hatte einen schottischen Akzent, und
obwohl Mr. Pardons Landhaus an der schottischen Grenze lag, traute er keinem
Angehörigen dieses abstoßend unabhängigen Stammes. Aber die Kutsche war in
gutem Zustand und sah weit besser aus als die üblichen Mietkutschen.
    Er öffnete die Kutschentür und
kletterte hinein. Drinnen saßen zwei Männer und ein Junge. Als er den Mund
öffnete, um zu rufen, wurde ihm brutal ein Taschentuch hineingestopft. Hände
packten ihn, Seile banden ihn, und dann merkte er, wie er in einen Sack
gesteckt wurde. Dabei spuckte er seinen Knebel vor Wut aus.

Zwölftes Kapitel

    »Nein«, sagte der Earl ruhig, »ich
glaube, was ich dir sagen muss, ist wichtiger.«
    »Aber, Fleetwood...«
    »Du musst mich sprechen lassen. Ich
habe seit meinem Besuch im Kriegsministerium meinen ganzen Mut zusammengerafft,
um es dir zu sagen.«
    »Dann fang an«, sagte Emily, obwohl
sie ihn anschreien wollte, dass sie diejenige war, die sich verzweifelt Mut zugesprochen
und nun das Gefühl hatte, sie würde vielleicht doch nichts sagen, wenn sie noch
länger warten musste.
    Aber die nächsten Worte des Earl
vertrieben alle Gedanken an ihre eigene Notlage aus ihrem Kopf.
    »Harry hat Clarissa getötet«, sagte
der Earl tonlos.
    Emily sah ihn erstaunt an. »Ich
fürchte, ich habe nicht richtig gehört. Hast du gesagt ...?«
    »Ja. Mein Bruder hat meine Frau
getötet.«
    »Aber warum?«
    Er seufzte. »Ich weiß nicht, wie ich
versuchen soll, dir Clarissa zu beschreiben. Clarissa war sehr schön, sehr
geistreich, sehr amüsant. Ich habe mich Hals über Kopf in sie verliebt, und wir
haben geheiratet. Aber diese Liebe dauerte nur wenige Monate. Sie war eine
kokette Frau. Es genügte ihr nicht, im Mittelpunkt zu stehen, sie war erst
dann zufrieden, wenn sich ein Mann rettungslos in sie verliebt hatte, bereit
war, für sie zu sterben. Sie besaß diese eigentümliche Macht. Nur ich schien
sie so zu kennen, wie sie wirklich war, gefühllos und eitel und habgierig. Sie
hat die Männer gequält. Ich wollte dem ein Ende bereiten und habe sie auf
meinen Landsitz gebracht und ihr gesagt, sie würde London nie wiedersehen,
wenn sie sich nicht ändere. Ich habe niemanden eingeladen. Ich wusste, dass ich
die falsche Frau geheiratet hatte, und ich hätte mich scheiden lassen sollen,
aber mein verdammter Stolz hat mir immer wieder eingeredet, dass ich mein
Ehegelübde nicht brechen durfte. Dann kam Harry auf Besuch. Er müsse sich aufs
Land zurückziehen, sagte er, weil die Gläubiger hinter ihm her seien. Harry
war wild und leichtsinnig. Aber er war mein Bruder, und ich dachte, Clarissa
würde meinen Bruder in Frieden lassen.
    Eine Weile war das wohl auch so. Sie
schienen einander nicht einmal zu mögen. Harry wurde hohlwangig und krank. Ich
schlug vor, einen Arzt zu rufen, weil ich mir allmählich Sorgen um ihn machte.
Er sagte, ich solle mir keine Gedanken um ihn machen, er sei ein solcher
Taugenichts, dass er es nicht wert sei, dass sich jemand um ihn kümmere.
    Ich hatte bereits keine ehelichen
Beziehungen mehr zu meiner Frau. Ich wusste deshalb nicht, dass sie eine
Affäre mit meinem Bruder hatte. Sie waren so diskret und vorsichtig, dass
nicht einmal meine geschwätzigen Diener etwas herausfanden.
    Aber Clarissa begann seiner müde zu
werden, so wie sie aller Männer müde wurde, sobald sie in ihrem Bann standen.
Sie verabredete sich im Wald bei meinem Haus mit ihm und sagte ihm dort, dass
es zwischen ihnen aus sei. Er weigerte sich, es zu glauben. Sie hatte ihm
versprochen, mit ihm durchzubrennen. Sie machte sich lustig über ihn und sagte,
er sei nur ein halber Mann und nicht gut genug, um eine wie sie auf die Dauer
amüsieren zu können. Er zückte seine Reitpeitsche und bedrohte sie. Er war
betrunken, denn seine Schuldgefühle hatten ihn dazu gebracht, zu viel und zu
häufig zu trinken. Er drohte, er würde sie schlagen. Sie lachte und lachte und
sagte, er würde es nicht einmal wagen, es zu versuchen. Er wurde wahnsinnig vor
Wut und Trauer, und er schlug und schlug sie immer wieder.«
    Der Earl schwieg »Und dann?«
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