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05 - Spiel der Intrigen

05 - Spiel der Intrigen

Titel: 05 - Spiel der Intrigen
Autoren: Marion Chesney
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wurde nämlich zu einem niedrigeren Mietpreis angeboten — für nur achtzig
Pfund, ein Vermögen für manche, aber wenig Geld für die Aristokratie, die oft
für eine einfachere Unterkunft über tausend Pfund zahlte.
    Die Ungewissheit, das harte Leben
und die unerträgliche Langeweile der Winter, die in den letzten Jahren
ungewöhnlich streng gewesen waren, hatten die Diener zu einer innig verbundenen
Familie zusammengeschweißt. Außer Rainbird, dem Butler, und Joseph, dem
Lakaien, waren da noch eine Haushälterin, Mrs. Middleton, ein Koch, Angus
MacGregor, ein Hausmädchen, Alice, ein Stubenmädchen, Jenny, ein Küchenmädchen,
Lizzie, und ein kleiner Topfspüler, der Dave hieß.
    Sie hatten einen recht armseligen
Winter verbracht, weil sie jede unnötige Geldausgabe vermieden und lieber jeden
Penny in den großen Spartopf taten. Sie träumten davon, gemeinsam ein Gasthaus
zu kaufen. Das war die einzige Möglichkeit, Palmer zu entkommen und die
Fesseln ihres Standes abzulegen und frei zu werden, um heiraten zu können, denn
Diener durften nicht heiraten.
    Einer früheren Mieterin hatten sie
es zu verdanken, dass sie lesen und schreiben konnten, und sie hatten ihren
Selbstunterricht während des Winters wiederaufgenommen, um sich weiterzubilden.
Doch hatte ihr größeres Wissen zwar ihren Horizont erweitert und ihre
Gespräche über das Niveau von Dienstbotenklatsch gehoben, aber es hatte sie
auch irgendwie unruhig gemacht. Nicht einer von ihnen war mehr mit der Rolle
des Dieners zufrieden. Die Erfüllung des Traums von einem Gasthaus schien zum
Greifen nahe und war doch gleichzeitig so furchtbar weit entfernt. Rainbird
hatte gesagt, sie brauchten noch zwei gute Saisons, bevor sie alles hinter sich
lassen könnten.
    An einem kalten Tag, als noch der
Morgenfrost draußen auf der Straße glitzerte, versammelten sich die Diener um
den Tisch in ihrem Eß- und Aufenthaltsraum, um zu frühstücken und noch einmal
über die bittere Enttäuschung zu reden, die sie am Tag vorher erlitten hatten.
    Jonas Palmer war nämlich mit einem
sehr feinen Herrn, der niemand anderer als der Earl of Fleetwood war,
aufgetaucht. Der Earl war ungeheuer beeindruckend, reich und selbstherrlich.
Palmer hatte die Diener nicht vorher von dem Besuch in Kenntnis gesetzt, und so
war das Haus ungeheizt und die Möbel noch unter ungebleichten Leinwandbezügen
verborgen.
    Der Earl war von einem Zimmer zum
anderen geschritten. Er brauchte nicht sehr lange dazu. Es war ein hohes,
schmales Haus mit zwei Räumen in jedem Stockwerk. Im Erdgeschoß befanden sich
die Eingangshalle und das Empfangszimmer, das aus dem vorderen und dem hinteren
Salon bestand, im ersten Stock lagen zur Straße hin das Speisezimmer und auf
der anderen Seite ein großes Schlafzimmer, im zweiten Stock zwei weitere
Schlafzimmer. Im Dachgeschoß hausten die Diener, mit Ausnahme von Mrs. Middleton,
die in ihrem kleinen Salon an der Hintertreppe schlief, Lizzie, das
Küchenmädchen, das sein Bett in der Spülküche hatte, und Dave, dem Topfspüler,
der unter dem Küchentisch kampierte.
    Alice, das schöne und ein wenig
langsame Hausmädchen, sagte, ihr habe der Earl sehr gut gefallen, er sei ein
schöner Mann, aber Mrs. Middleton war der Ansicht, er habe zu gewieft
ausgesehen, um wirklich schön genannt zu werden. Der Earl hatte dichtes
schwarzes Haar und ein schmales Gesicht mit hohen Wangenknochen, die ihm ein
fast slawisches Aussehen verliehen, genau wie seine zwar strahlend blauen Augen
mit schwarz umrandeten Pupillen, die aber an den Schläfen etwas schräg nach
oben verliefen. Er war groß und gut gebaut, und in seinem untadelig
geschnittenen Anzug von Weston, den funkelnden Reitstiefeln und mit einer
äußerst raffiniert geschlungenen Halsbinde konnte er sicherlich allen Unbilden
der Welt trotzen. Die Diener waren ihm alle wohlgesonnen, bis er nach dem Gang
durch das Haus auf seine lässige Art gedehnt sagte: »Viel zu schäbig, Palmer.
Überhaupt nicht geeignet. Und eine Kälte, dass Gott erbarm. Ich werde mir etwas
anderes suchen müssen.« Und ohne den Dienern, die dabeistanden, auch nur
zuzunicken, hatte er sich auf den Weg gemacht.
    Vor Enttäuschung verdammten sie ihn
jetzt in Grund und Boden. Sogar Dave, der nicht dabeisein durfte, weil er zu
weit unten in der Rangordnung stand (und weil Palmer nicht wusste, dass der
Junge im Haushalt lebte — Rainbird hatte ihn aufgenommen, um ihn vor dem
bejammernswerten Los eines Kaminkehrerjungen zu bewahren —), hatte es
geschafft,
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