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05 - Spiel der Intrigen

05 - Spiel der Intrigen

Titel: 05 - Spiel der Intrigen
Autoren: Marion Chesney
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sondern hatten die
Dinge langsam und behutsam reifen lassen. Nachdem sie das Herrenhausund das
Land verkauft hatten, waren sie zunächst südwärts nach Bath gereist, damit
Emily das Benehmen der feinen Damen beobachten und sich eine modische Garderobe
schneidern lassen konnte. Sie hatten ein ganzes Jahr in Bath verbracht und sich
so an ihre neue Persönlichkeit gewöhnt. Allerdings hatten sie am
gesellschaftlichen Leben des Badeortes nicht teilgenommen.
    Irgendwo in London, dachte Emily,
während ihr die Augen zufielen, gab es bestimmt einen Gentleman, der wusste,
was sich gehörte, und einen Titel hatte und sie zur Frau wollte. Lord Fleetwood
wäre ganz ungeeignet, selbst wenn sich herausstellen sollte, dass er keine
Abneigung gegen sie empfand, dachte Emily, und verbannte das schöne Gesicht des
Earl aus ihren Gedanken. Ein Mann, der Diener so sehr verachtete wie er,
konnte gar nicht anders als kalt und gefühllos sein.
    »Warum bestehst du darauf, in diesem
abscheulichen Hotel zu bleiben?« fragte die Schwester des Earl of Fleetwood,
Mrs. Mary Otterley. »Du hast doch ein Stadthaus am Grosvenor Square, an dem
absolut nichts auszusetzen ist.«
    »In dem du im Moment wohnst«, gab
der Earl zu bedenken. »Ich habe nicht angenommen, dass du es in dieser Saison
wieder beziehst.«
    »Ich sehe nicht, worin das Problem
liegt«, sagte Mrs. Otterley ärgerlich. »Du hast doch letztes Jahr gerne mit uns
zusammen gewohnt.«
    »Wenn ich dich an letztes Jahr
erinnern darf«, sagte der Earl sanft, »so bin ich zur Saison nach London
gekommen, um mir eine Frau zu suchen. Kaum hatte ich eine Dame gefunden, die in
Frage gekommen wäre, hieltest du es für richtig, sie und die Eltern
aufzusuchen, und danach musste ich feststellen, dass ich nicht mehr willkommen
war.«
    »Das hatte nichts mit mir zu tun«,
behauptete Mrs. Otterley. Sie war eine dicke, vierschrötige, kampflustige Frau
mit rotem Gesicht, die etwa zehn Jahre älter als der Earl war.
    »Und doch hatte ich den Eindruck,
Mary, dass du es warst, die meine Auserwählte an den geheimnisvollen Tod meiner
verstorbenen Frau erinnerte.«
    »Unsinn! Traust du mir vielleicht so
etwas zu?«
    »Dein Sohn Clarence steht bereit, um
meinen Titel und meine Besitzungen zu erben, wenn ich nicht heirate und keine
eigenen Kinder habe. Ich warne dich, Mary, misch dich nicht wieder ein.«
    Mrs. Otterley vergrub ihre trockenen
Augen in einem Taschentuch und stieß einen bühnenreifen Schluchzer aus. »Dass
mein eigener Bruder mir so etwas vorwirft! Die arme Clarissa. Wie kannst du sie
nur so schnell vergessen?«
    »Es fällt mir nicht schwer«, sagte
der Earl gefühllos. »Clarissa, meine liebliche Frau, ist bereits seit acht
Jahren tot.«
    »Ich verstehe nicht, was mit dieser
Ehe schiefgelaufen ist«, sagte seine Schwester und gab es auf, so zu tun, als
ob sie weinte. »Clarissa war so schön, so zart, eine wirkliche Dame.«
    »Und kinderlos«, ergänzte der Earl,
»deshalb hat sie dir natürlich gefallen. Ich habe damals nie mit dir über
meine Ehe gesprochen, Mary, und ich habe nicht die Absicht, es jetzt zu tun. Das
Kreuz, das ich mit meinen Dienern in Whitecross Hall in Sussex zu tragen hatte,
war schwer genug. Sie schwatzten und klatschten so gemein, dass es an ein
Wunder grenzt, dass man mich nicht in Newgate gehängt hat. Ich verabscheue böse
Nachrede, und meine Abneigung gegen alle Domestiken macht es mir schwer, in
London ein Haus zu finden. Die Diener, die ich jetzt in Sussex habe, sind
einzeln und sorgfältig ausgewählt und halten den Mund so fest geschlossen wie
Muscheln ihre Schalen. Sie sind allesamt brave Leute vom Land im Gegensatz zu
ihren Vorgängern, die hauptsächlich aus London kamen.«
    »Kein Mädchen wird dich heiraten«,
sagte Mrs. Otterley. »Du bist zu hart und gefühllos.«
    »Alle Frauen werden mich heiraten,
und sei es nur wegen meines Titels und Vermögens, vorausgesetzt, dass du nicht
bei ihnen auftauchst und ihnen Geschichten erzählst, in denen du mich zu einem
Mörder machst. Ich bin nicht auf der Suche nach Liebe, sondern schlicht nach
guter Erziehung und vollendeten Manieren.«
    »Dazu habe ich folgendes zu sagen«,
begann seine Schwester, brach aber ab, als ein eleganter Dandy die Suite des
Earl betrat. »Oh, der ekelhafte Schönling. Ich gehe.«
    Als die Tür hinter ihr ins Schloss
fiel, wandte sich der Earl mit einem reizenden Lächeln an den Besucher und
sagte: »Setz dich, Fitz. Du bist ein Trost für meine wunden Augen. Keine deiner
Eigenschaften
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