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0497 - Die Fledermenschen

0497 - Die Fledermenschen

Titel: 0497 - Die Fledermenschen
Autoren: Werner Kurt Giesa
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diese Flasche nunmehr an einem anderen Ort deponiert werden sollte? Ich denke da an die Küche!«
    »An einem anderen Ort ganz bestimmt!« knurrte Saris wütend. »Aber nicht in der Küche, sondern auf dem Kopf des Verbrechers, der mir diese Gemeinheit eingebrockt hat! Wo ist der Gnom?«
    »In seinem Zimmer, wenn ich dieser meiner Vermutung Ausdruck verleihen darf…«
    Dort war er nicht. Don Cristofero und der Gnom waren in Gästezimmern einquartiert, die im gleichen Korridor lagen wie die Gemächer von Lord und Lady Saris ap Llewellyn. Hier wurde auch Professor Zamorra untergebracht, wenn er sich zwischendurch mal sehen ließ; seine Gefährtin Nicole Duval hatte in letzter Zeit auf einen Besuch verzichtet, da sie damit rechnen mußte, ihrem nervensägenden Intimfeind Cristofero über den Weg zu laufen.
    Saris wandte sich zur nächsten Tür. Höfliche Menschen klopfen an, ehe sie einen Raum betreten - Seine Lordschaft geruhte dazu den Fuß zu nehmen. Dann schmetterte die Hand auf die Klinke und stieß die Tür auf.
    Don Cristofero schreckte hoch. Seine Hand fuhr im Reflex zum Degen. Die Klinge sauste aus der samtüberzogenen und bestickten Scheide und sang durch die Luft. Dann erkannte der knollennasige, wohlbeleibte Mann aus der- Vergangenheit seinen Besucher und senkte den Degen.
    »Wahrlich, Sir, eine Eures Standes überaus unangemessene Art, mir Eure Aufwartung zu machen! Ich muß schon sagen, Ihr stört mich momentan ein wenig, bin ich doch just damit befaßt, ein hocherotisches Gedicht des großen Ovid im lateinischen Originaltext zu lesen! Würdet Ihr mir also die Freundlichkeit erweisen, Euren sicher wohlgemeinten Besuch auf einen späteren Zeitpunkt zu verlegen? Mich dünkt, wir sehen uns morgen ohnehin zum Frühstück.«
    Saris sah sich in dem großen Zimmer um. Er schwang die honiggefüllte Whiskyflasche drohend wie eine Keule. »Wo ist der Gnom?«
    Cristofero schob den Degen in die Scheide zurück. Trägt er das verflixte Ding eigentlich auch im Bett? fragte sich Saris, der den Spanier kaum jemals ohne seine Waffe gesehen hatte. Und obwohl die meisten Adligen seiner Zeit ihre Degen eher als Zierwaffe und Statussymbol getragen hatten, wußte Don Cristofero unverschämt gut damit umzugehen; er hieb einer Mücke im Vorbeiflug den Stachel ab, wenn es sein mußte.
    »Ihr meint sicher meinen unwürdigen und nichtsnutzigen Diener, wenn ich Eure Frage recht interpretiere, Sir«, sagte Cristofero. »Doch wie ich Euch soeben verriet, befaßte ich mich bis zum Moment der Störung durch Euch mit den Gedichten des Meisters Ovid. Wenn ich Euch vielleicht einen Textauszug vortragen darf?« Er wandte sich halb zu dem großen Schreibtisch um, an dem er gesessen und tatsächlich gelesen hatte. Saris trat auf ihn zu und hielt ihn an der wattierten Schulter zurück. »Wo ist der Gnom?«
    Cristofero drehte den Kopf und sah Saris indigniert an. Mit der linken Hand faßte er bedächtig nach Saris’ Hand auf seiner rechten Schulter, entfernte sie und schnipste dann ein imaginäres Staubkörnchen fort.
    »Welch garstiges Unbenehmen«, rügte er. »Nur die Tatsache, daß Ihr mein Gastgeber seid, hindert mich daran, Euch ob dieser Unmanier vor die Klinge zu fordern. Doch als Gast in Eurem Hause ist es mir wohl nicht angeraten, Ansprüche zu vermelden.« Er wandte sich William zu und winkte ihn mit gekrümmtem Zeigefinger zu sich. Der Butler hob erstaunt die Brauen und folgte dem Wink zögernd.
    Der untersetzte, wohlbeleibte Mann mit dem wilden Rasputinbart und den beweglichen braunen Schweinsäuglein im pfiffig-runden Gesicht lächelte. »Ich bin mir bewußt, William, daß ich Ihn in Verlegenheit bringe, aber Er mag doch Seinem Herrn sagen, daß ich mich ob dessen flegelhaften Betragens verletzt fühle. Ich mag’s Seiner Lordschaft nicht so direkt respondieren, alldieweil mir scheint, Sir Bryont wolle mich heute nicht verstehen, aber Er wird schon geeignete Worte finden, es Seiner Lordschaft klarzumachen, ohne gleich ausgepeitscht zu werden. Sag Er ihm auch, daß ich nunmehr gedenke, mich wieder meiner Lektüre zu widmen, welche doch wesentlich erbaulicher ist als das unwürdige Geschrei Seiner Lordschaft.«
    William sah hilflos zwischen den beiden Männern hin und her.
    »Himmel, diese geschraubte Redeweise geht mir täglich mehr auf die Nerven!« fauchte Sir Bryont. »Und jetzt habe ich garantiert nicht mal mehr einen einzigen Tropfen Beruhigungswhisky im Haus, weil dieser Gnom… - Cristofero, WO IST DER GNOM?!«
    »Soll ich
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