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0490 - Höllen-See

0490 - Höllen-See

Titel: 0490 - Höllen-See
Autoren: Jason Dark
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»Bisher habe ich nichts anderes gehört.«
    »Wenn er rauskommt, Sinclair, hole ich ihn mir und wenn ich Neunzig bin.«
    »Soweit wird es kaum kommen.«
    »Wer weiß, John, wer weiß.« Sie zog wieder an der Zigarre. »Mich wundert es auch, daß sie noch nicht da ist, aber da kann man nichts machen. Ansonsten habe ich mich auf Chrysantheme immer verlassen.«
    »Vielleicht hat sie kalte Füße bekommen.«
    »Glaube ich nicht. Sie wollte weg, sie hatte Angst vordem Propheten.«
    »Du weißt also nicht, wer sich dahinter verbirgt?«
    »Nein. Wenn ich es wüßte, würde ich verschwinden. Die sind grausam. Die lassen jeden zur Ader, und das endet leider oft genug tödlich. Viele sind nicht mehr aufgetaucht.«
    »Und immer Mädchen.«
    »Klar, die Angels of Love.«
    »Starker Name, Engel der Liebe.«
    Ich trat die Kippe aus. »Und sie sind noch motorisiert.«
    »Das ist es eben. Sex auf Rädern. Der Prophet ist für Neuigkeiten und gute Ideen bekannt.«
    »Was sagt die Sitte?«
    »Das müßtest du doch wissen.«
    »Nein, Betty, keine Ahnung. Ich habe auch nicht nachgefragt, wollte die Kollegen nicht mißtrauisch machen. Schließlich geht es um andere Dinge, die Vorrang haben.«
    »Wo holt er sich die Mädchen her?« fragte ich.
    »Von überall. Du glaubst nicht, wie naiv manche Achtzehnjährigen heute noch sind, wenn sie vom Land in die Stadt kommen. Die kriegt man mit der pseudoreligiösen Welle immer da hin, wo man sie hinhaben will. Später sind sie nicht mehr naiv.« Ihr Ton wurde bitter. »Dann sind sie kaputt, aber anders als die Flittchen von der Straße.«
    »Wie anders?«
    Betty schüttelte den Kopf. Ihr fetter Daumen wies nach links, wo auch ihre Bude lag. »Da ist der Wagen. Erzähl mir mal, wie es gewesen ist, wenn die Sache…«
    »Schon gut, Betty.« Ich löste mich von ihr und trat an den Straßenrand, wobei ich noch über Müll steigen mußte. Ich hob kurz die Hand. Die Fahrerin in dem hellblau angestrichenen Wohnmobil verringerte die Geschwindigkeit und fuhr links ran. Mit quietschenden Reifen stoppte sie.
    An der Wagenseite war eine weiße Wolke aufgemalt. Über ihr schwebte ein kitschiger Engelskopf, wie bei diesen Puttenfiguren, die es in den Trödlerläden gab.
    Aus dem offenen Fenster der Fahrerkabine hörte ich eine nicht unsympathische Stimme. »Zieh die Mitteltür auf, steig ein und verriegele sie von innen. Beeil dich!«
    »Klar doch.« Ich hatte den Griff gesehen, zog die Tür nach rechts und teilte damit die Wolke sowie das Gesicht des Engels in zwei Hälften. Im Fahrzeug roch es nach Parfüm. Aus einer Anlage dudelte leise Musik. Ein Oldie von Simon and Garfunkel.
    Ich hatte mein linkes Bein kaum angehoben, als Chrysantheme schon anfuhr. Hastig zog ich die Tür zu und verriegelte sie auch, wobei ich das Fallengefühl hatte.
    »Du bist Chrysantheme?« rief ich nach vorn.
    »Wer sonst?«
    »Gut. Und wie geht es weiter?«
    »Für dich ist es bequem. Setz dich in einen der Sessel. Sie sind gut.«
    Die Sitzgelegenheiten bestanden aus Gummi oder Kunststoff und waren abwaschbar. Mein Blick fiel auf eine Couch aus dem gleichen Material, auf einen Tisch und auf eine Glotzkiste. Ein entsprechender Anheizfilm kam vom Videorecorder und war auf dem Bildschirm zu sehen.
    Licht gaben zwei rote Lampen. Zur Fahrerkabine hin bestand eine Trennwand mit Tür. Sie besaß in der oberen Hälfte eine viereckige Luke, so daß sich die Fahrerin mit dem Kunden unterhalten konnte.
    »Wohin geht denn die Reise?« wollte ich wissen.
    »Laß dich überraschen.«
    »Ja, sicher. Nur können Überraschungen manchmal tödlich enden.«
    »Dein Risiko.«
    Da hatte sie recht. Chrysantheme besaß zwar den Namen einer Blume, aber sie schien mir eher widerstandsfähig zu sein wie ein Kaktus. Dennoch hatte sie Angst, sonst hätte ich hier nicht gesessen.
    Sie fuhr sehr schnell. Der Wagen besaß an den Seiten keine Fenster. Das Mädchen hatte sie durch Metallklappen verschlossen.
    »Du kannst dir gern etwas zu trinken nehmen, wenn du willst. Die kleine Box ist ein Kühlschrank. Da findest du auch einen Whisky. Ich berechne ihn nicht.«
    »Danke für die Großzügigkeit«, gab ich zurück, »aber ich brauche keinen Durstlöscher.«
    »Vielleicht später.«
    »Möglich.«
    Wenn mich nicht alles täuscht, rollten wir in südliche Richtung, allerdings nicht lange. Irgendwann bog Chrysantheme nach Westen ab.
    Luft drang durch die Lüftungsschlitze. Sie roch irgendwie nach Wasser. Manchmal auch brackig oder faulig, als hätte ein uraltes
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