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0490 - Höllen-See

0490 - Höllen-See

Titel: 0490 - Höllen-See
Autoren: Jason Dark
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schien hier nicht so hell, und die Themse stank oft erbärmlich.
    Hier liefen die billigen Mädchen vom Straßenstrich. Eine Kreuzung, ein Stück weiter entfernt, wirkte auf sie wie ein Magnet. Vielleicht lag es an dem grünen, ovalen Flecken, mehr ein kleiner Garten, der den Mittelpunkt der Kreuzung bildete und von den Kunden in ihren Fahrzeugen umrundet wurde.
    Selbst der Himmel hatte kein Einsehen mit dieser Gegend. Er zeigte ein schmutziges Grau. Nach den warmen Frühlingstagen blies zudem ein kühler Wind. Man wollte sich kaum an das Wetter gewöhnen.
    Dennoch trug die Kleine nur einen rosafarbenen Latexanzug, als sie aus Betty's Bude kam. Sie schaute sich um, holte eine Winzigkeit von imitierter Pelzjacke hervor und hängte sich das gute Stück über den Rücken, bevor sie mir zuzwinkerte und auf mich zuschlenderte.
    Kein Wunder, ich sah aus wie jemand, der auf einen schnellen Schuß wartete.
    Unter der billigen Schminke lächelte sie. Das Gesicht war eine einzige Fassade.
    Dicht vor mir blieb sie stehen. »So gut wie ich ist keine«, behauptete sie.
    Ich schaute sie an. Die bleiche Löwenmähne war künstlich, in den Augen stand Hoffnung und Gier auf Geld. An den Oberarmen sah ich Nadelstiche. Klar, die Kleine fixte. Zudem fror sie noch, über ihre nackten Körperteile rann eine Gänsehaut. Sie schob das Becken etwas vor und wieder zurück, eine eindeutige Unruhe.
    »Bist du Chrysantheme?« wollte ich wissen.
    Diese Frage haute sie fast von ihren schwarzen Stöckelschuhen. Sicherheitshalber ging sie einen kleinen Schritt zurück. »Hast du einen Knall, du Arschloch?«
    In dieser Gegend herrschten nun mal rauhe Sitten, auch in der Sprache. »Ich will nur wissen, ob du Chrysantheme bist?«
    »Was ist das denn? Ne neue Art, eine Nummer zu schieben. He, die kannst du mir beibringen. Ich bin scharf auf was Neues. Ich erlasse dir auch die Hälfte.«
    »Eine Chrysantheme ist eine Blume«, erklärte ich.
    Ihre Lippen spitzen sich, als wollte sie mich küssen. »Ach so ist das. Blumenhändler, wie?«
    »Fast.«
    Sie zog den Mund jetzt in die Breite. Der Lippenstift war verwischt. Zudem roch sie nach Fish & Chips. »Bist du ein Mistkerl. Weißt du was, Stinker? Nimm dir eine Blume, wickle sie dir um…«
    Was dann folgte, ist nicht druckreif. Wie eine beleidigte Diva zog sie davon, wackelte mit dem Hinterteil, drehte sich nach wenigen Schritten noch einmal um und bedachte mich mit einer eindeutigen Geste, die mir aber nur ein müdes Grinsen entlockte.
    Ich zündete mir eine Zigarette an. Lange wollte ich nicht mehr warten. Wahrscheinlich war die Sache schiefgelaufen. Irgend jemand hatte Lunte gerochen.
    Wenn es stimmte, hatte er Sir James und mich reingelegt. Vielleicht auch Betty.
    Sie hatte ihren Laden verlassen. Betty war eine Bombe. In dieser Gegend traute sich keiner an die Institution mit der ewig blanken Kittelschürze aus braunem Leder heran. Offiziell stammte Betty aus der Karibik. Sie war fast so breit wie lang, auf ihrem Hinterteil konnte man Poker spielen, und wen sie einmal mit ihren mächtigen Armen in den Schwitzkasten nahm, der war verloren. Sie hatte schon mal zwei Rocker gleichzeitig fast zu Mus gequetscht. Seitdem verkehrten bei ihr die harten Jungs, aßen und waren lammfromm.
    Betty war eine Seele von Mensch. Sie war von ganz unten gekommen, war dann zu etwas Geld gekommen und hatte hier ihre Freßbude aufgemacht. Als Verkäufer war ihr Mann angestellt, ein teiggesichtiger Lulatsch, der nichts zu sagen hatte.
    Betty rauchte eine Zigarre. Als sich die Wolken vor ihrem Gesicht verzogen hatten, erkannte ich über der Oberlippe den Damenbart. Auch ein Markenzeichen bei ihr. - Die Lederschürze stank nach Fisch, das grüne Hängekleid nach Chips. So war alles gleichmäßig verteilt.
    »Nichts, wie?«
    Ich hob die Schultern. »Lange warte ich nicht mehr, Betty.«
    Sie konnte Gedanken lesen.
    »Glaubst du, daß ich dich reingelegt habe?«
    »Nicht bewußt.«
    »Aber irgendwie schon.«
    »Polizisten sind mißtrauisch, Betty.«
    Aus ihrem runden, fast schwarzen Gesicht wurde eine Essig-Grimasse. »Ich weiß, daß Bullen beschissen sind.«
    »Das habe ich nicht gesagt.«
    »Aber ich meine es so.«
    Ich kannte sie besser. »Und trotzdem hilfst du uns?«
    »Klar, Junge, klar. Weil ich eine gute Seele bin und einer meiner besten Freunde ein Bulle war, bevor sie ihn umnieteten. Einfach so.« Sie winkte ab. Ihre Stimme klang erstickt. »Aber das weißt du ja.«
    »Sicher.«
    »Sitzt der Killer noch?«
    Ich nickte.
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