Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0489 - Die Spinnenhöhle

0489 - Die Spinnenhöhle

Titel: 0489 - Die Spinnenhöhle
Autoren: Werner Kurt Giesa
Vom Netzwerk:
Unverschämtheit in Person, aber so dummdreist dürfte auch er nicht sein, unangemeldet irgendwo herumzugeistern. Vielleicht hat die Skulptur sich ja von selbst entfernt.«
    »Aber du hast gestern abend nichts Magisches an ihr entdeckt, und normale Steine pflegen nicht von selbst davonzulaufen.«
    Nicole zuckte mit den Schultern. »Daß ich nichts Magisches bemerkte, hat nichts zu sagen. Immerhin hast du mir erzählt, daß diese Spinne bei Vollmond blüht. Ist das keine Magie? Nun, vielleicht hat es dem lieben Tierchen bei dir nicht gefallen, und es hat seine acht Wanderstiefel geschnürt und ist auf und davon.«
    Ted grinste; unwillkürlich versuchte er, sich eine gestiefelte Spinne vorzustellen. »Ziemlich unmöglich, weil sich selbst die Märchenwelt allenfalls auf die Gattung felis domestica masculinus caligalensis beschränkt; von Spinnen ist da keine Rede.«
    »Wie bitte? Wie heißt der Zungenbrecher? Ist das was, was man essen kann?«
    »Wird sich dagegen sträuben«, brummte Ted. »Aus dem Lateinischen übersetzt: der gestiefelte Kater. Ich bin auch nicht sicher, ob’s korrektes Latein ist, aber von dem gestiefelten Viehzeugs hast du angefangen, nicht ich. Bloß löst das dieses Rätsel nicht. Wo, bei Merlins Bart, ist die Spinne abgeblieben?«
    Nicole lehnte sich an die Wand und verschränkte die Arme. »Könnte es sein, daß jemand sie dir abgenommen hat, wie du sie jemandem abgenommen hast? Vielleicht hat dieser Holländer sie lediglich per Einbruch zurückgeholt.«
    »Jobst Burendijk? Der hat jetzt andere Sorgen, so schnell, wie er untergetaucht ist. Außerdem hat er mir erlaubt, die Figur mitzunehmen, wenn ich es wollte. Er hat wahrlich Besseres zu tun, als sie zurückzustehlen oder stehlen zu lassen. Die lieben Geschäftsfreunde, die er im Interview angeschwärzt hat, lechzen nach seinem Blut.«
    »Du hast die Reportage mittlerweile verkauft?«
    Ted nickte. »Weltweit an 49 TV-Sender, Zeitungen und Medienagenturen. Die Verwertung bringt mir der Themenbrisanz wegen fast zwei Millionen Mark. Wieviel das in eurer Währung ist, darfst du dir selbst ausrechnen, in Lire paßt die Zahl kaum noch auf einen Scheck. Traumhaft, nicht?«
    »Aber alptraumhaft für Burendijk. Macht es dir nichts aus, daß er jetzt vielleicht gejagt wird, während du dein Geld zählst?«
    »Er wußte sehr genau, was auf ihn zukommen würde. Er wollte reinen Tisch machen. Er ist während meiner Recherchen auf mich zugekommen. Also ist es sein Risiko, das er vorher sehr genau kalkuliert hat. Und du darfst mir glauben, daß er auch nicht gerade arm dabei wird. Von seinem Interview-Honorar kann er sich in Südamerika eine Hazienda kaufen und unter anderem Namen steinalt werden.«
    Nicole schürzte die Lippen. Sie wußte natürlich, über welche internationalen Beziehungen zu den Medien Ted verfügte, und sie wußte auch, daß er sich alles einst knochenhart erarbeitet hatte. Er war immer das größte Risiko eingegangen, und als er 25 war, hatte er die erste Million auf dem Konto. Seine Reportagen wurden schon damals namentlich gezeichnet; »Ted-Ewigk-Meldungen« war ein Gütesiegel. Schon längst arbeitete er nur noch, wenn ihn eine Sache wirklich packte, so wie diese Südafrika-Geschichte, über die Nicole weder Details wußte noch wissen wollte. »Ich tue mich immer wieder schwer damit, mir vorzustellen, daß für Reportagen dermaßen viel Geld bezahlt wird.«
    »Wenn man’s an die richtigen Leute und möglichst oft verkauft, kommt schon was zusammen«, sagte Ted. »Wenn du die Summe durch die Anzahl der Verkäufe teilst, kommen im Schnitt kaum mehr als 40 000 Mark heraus, wobei es Unternehmen gibt, die kaum etwas zahlen, und andere, die sechsstellige Beträge herausrücken. Wochenillustrierte zum Beispiel, oder die Regenbogenpresse.«
    »Wieso zahlen die dermaßen gut? Schließlich sind ihre Gazetten doch nicht so teuer, daß eine verkaufte Wochenauflage dein Honorar hereinbringt.«
    Ted zuckte mit den Schultern. »Der Verkauf bringt die geringsten Einnahmen. Das große Geld kommt durch die Anzeigenkunden herein. Je sensationeller die News, desto mehr Kaufinteressenten für die Zeitung. Höhere Verbreitung lockt mehr Inserenten, also fließen die Dollars. Du kannst mir glauben, daß die Verleger und Intendanten trotz meiner Honorare noch genug verdienen, obgleich sie ihren Mitarbeiterstab auch noch auf der Gehaltsliste haben. Mir hat mal in meiner Anfangszeit ein Redakteur auf die Schulter geklopft, herzlich geschmunzelt und gesagt:
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher