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0484 - Die Rächerin aus Aibon

0484 - Die Rächerin aus Aibon

Titel: 0484 - Die Rächerin aus Aibon
Autoren: Jason Dark
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nur das war wichtig.
    Man kannte uns, und wir wurden ohne Aufenthalt zu dem Blinden durchgelassen.
    Soeben verließ eine Schwester sein Zimmer. »Ja, Monsieur«, rief sie über die Schulter zurück, »ich werde es dem Doktor sagen.« Dabei schüttelte sie den Kopf.
    »Was wollen Sie ihm sagen?« fragte ich.
    Sie winkte ab. »Nichts Besonderes, auch das kennen Sie ja.« Die Schwester hielt uns die Tür auf, so daß wir eintreten konnten. Suko ging vor mir, ich schaute über seine Schulter hinweg und sah, daß sich der Abbé im Bett aufrichtete.
    »Zwei Personen kommen«, begrüßte er uns. »Suko erkenne ich am Schritt. Der andere müßte demnach…«
    »Ja, ich bin es.«
    »John!« Er verzog die Lippen zu einem freudigen Lächeln. »Du bist also wieder aus den Staaten zurück.«
    »Ja, das bin ich.«
    »Und hast du es ohne Verletzung überstanden?«
    »Auch das.« Ich ließ mich auf der Bettkante nieder und umfaßte seine beiden Hände zur Begrüßung.
    Der Abbé trug keinen Verband mehr. Man hatte ihm eine dunkle Brille gegeben. Neben dem Bett sah ich einen Blindenstock. Er würde jetzt sein Begleiter sein.
    Auch Suko begrüßte den französischen Freund, der sich anschließend an mich wandte. »Du schaust dich um, John, nicht wahr?«
    »So ist es.«
    »Tja, das ist alles neu. Sowohl für mich als auch für dich. Ich habe meinen Stock schon bekommen. Fehlt mir nur noch der Hund. Vielleicht lege ich mir einen zu, wenn ich wieder in Frankreich bin.«
    »Womit wir beim Thema wären.«
    »Das ist gut, denn ich halte es allmählich hier im Bett nicht mehr aus. Das Personal ist ja ganz nett, aber die Wochen hier zu verbringen, macht keinen Spaß. Wann kann ich fahren?«
    »Moment mal, so schnell geht es nicht.«
    »Suko«, beschwerte sich der Blinde über mich. »Was sagst du dazu? Kann ich das hinnehmen?«
    »Das mußt du wohl.«
    »Ihr macht mich noch fertig, wißt ihr das? Aber ich sehe ja ein, daß ihr keine Zeit für mich habt. Ich habe bereits mit Freunden telefoniert und warte nur auf Antwort.«
    »Was wolltest du von ihnen?« fragte ich.
    »Ganz einfach. Sie sollen kommen und mich abholen. Mehr will ich nicht. Allein zu reisen, wäre doch zu riskant. Eure Zeit möchte ich nicht unbedingt stehlen.«
    »Das hat mit stehlen nichts zu tun, mein Lieber«, wehrte ich ab. »Wir werden dich wohl begleiten, zumindest einer von uns, falls der andere verhindert sein sollte, aber wir haben momentan wieder einen neuen Fall am Hals, den wir erst aufklären möchten.«
    »Kann ich verstehen, John. Du mußt auch mich begreifen. Bei mir drängt es. Ich habe lange genug im Krankenhaus gelegen. Das muß dir doch auch klar sein.«
    »Ist es.«
    »Na bitte.«
    »Wir sind aber nicht nur gekommen, um mit dir über deine Rückreise zu sprechen«, sagte Suko. Er hatte sich auf einen Stuhl gesetzt und die Beine übereinandergeschlagen.
    »Sondern?«
    »Wir haben dir etwas mitgebracht.«
    »Soll ich raten?« fragte der Abbé.
    Suko lachte. »Das wirst du nie erraten.«
    Ich packte den Würfel inzwischen aus. Wir hatten ihn in einen kleinen Karton gelegt. Behutsam hob ich den Deckel ab und schob meine Hände in den Karton. Von zwei Seiten umfaßte ich den Würfel und behielt ihn zwischen meinen Händen.
    Der Abbé war unruhig geworden. Er bewegte seine Handflächen auf der Decke hin und her, und seine Lippen zuckten dabei. »Es ist etwas ganz Besonderes«, flüsterte er. »Ja, ihr habt mir nicht nur ein Geschenk mitgebracht, das muß etwas sein, das ich…«
    »Wir haben…«
    »Nein, John, nicht.« Er hob einen Arm. »Ich werde versuchen, es herauszufinden. Laß mich, das muß ich machen. Du hattest damals recht. Ich bin blind geworden und um meine Augen haben sich Kränze aus Narben gebildet. Aber es gibt andere Dinge, die versucht haben, dies auszugleichen. Fühlen, hören, tasten, erfassen, das ist es, was doch so zählt«, erklärte er uns. »Denkt nur an die schwarze Wolke, die ich sah und die vor einer drohenden Gefahr warnte. Das alles kommt zusammen, weißt du? Ich werde versuchen, eure Gabe einzukatalogisieren.«
    »Bitte.«
    Der Abbé konzentrierte sich. Er hielt den Kopf dabei gesenkt, als würde er den Würfel genau sehen können. Auf seiner hohen Stirn hatten sich Falten gebildet. Das graue Haar lag wohlgescheitelt auf dem Kopf. Die Tage im Krankenhaus hatten ihn älter werden lassen. Ein schweres Schicksal hinterläßt bei jedem Menschen Spuren.
    »Es ist kein normales Geschenk«, flüsterte er, »wie man es sonst zu einem
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