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0483 - Die Seelen-Piraten

0483 - Die Seelen-Piraten

Titel: 0483 - Die Seelen-Piraten
Autoren: Werner Kurt Giesa
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Geisterschiff des Piraten Esteban Ramirez, genannt »der Blutsauger«. Niemand bekam ihn je zu fassen, nachdem sein Schiff vor fünfzehn Jahrzehnten versenkt worden war. Niemand von der Besatzung hatte das überlebt.
    Sie waren ja auch alle schon lange vorher tot gewesen.
    Ramirez trug seinen Beinamen nicht zu Unrecht. Der Piratenkapitän war ein Vampir. Seine Besatzung bestand aus Untoten, deren Blut er getrunken hatte, um sie ebenfalls zu vampirischen Ungeheuern zu machen, die ihm bedingungslos gehorchten. Mit seiner Existenz strafte Ramirez die alten Geschichten Lügen, in welchen behauptet wurde, Vampire könnten fließendes Wasser weder betreten noch überschreiten. Der Golf bestand nur aus fließendem Wasser, und wenn an den alten Geschichten etwas dran war, mit denen die Menschen sich den Vampiren gegenüber selbst Mut zu machen versuchten, dann waren Ramirez und seine untote Mannschaft zumindest die ganz große Ausnahme. Vielleicht hatte auch gerade deshalb nie jemand ernsthaft daran geglaubt, es mit Vampiren zu tun zu haben, obgleich man ihn den »Blutsauger« nannte; möglicherweise erhielt er seinen Spitznamen wegen seiner erpresserischen und mörderischen Skrupellosigkeit. Er selbst hatte nie den Ehrgeiz entwickelt, den wahren Grund zu erfahren. Es reichte ihm, daß er gefürchtet wurde - bis zu jenem Moment, in dem man ihn in eine Falle lockte und sein Schiff mit Mann, Maus und Ratten zu den Fischen sandte.
    Seitdem tauchte das Geisterschiff immer wieder auf, wenn dem Vampir der Durst plagte. Denn mit Kanonenkugeln und Kartätschen konnte man zwar ein Schiff versenken und mit langen Enterhaken die um ihr Leben schwimmenden Piraten durchbohren und so lange unter Wasser drücken, bis sie kein Lebenszeichen mehr von sich gaben und versanken - aber Vampire ließen sich auf diese Weise nicht töten! Es gab sie immer noch, und als Spuk geisterten sie über den Golf und holten zuweilen ihre Opfer.
    Jetzt aber war da etwas, das Esteban Ramirez nicht verstand.
    Zeitlebens hatten sie ihn alle zu Hölle gewünscht, hatten ihn lieber aus der Ferne denn aus der Nähe gesehen. Nun aber war da jemand, der nach ihm rief. Nach ihm, Ramirez, dem Piraten!
    Das verstand er nicht. Wer konnte so verrückt sein, seinen Tod herbeizurufen?
    Aber der Ruf war stark und zwingend. Er packte die zu untotem Dasein verdammte Seele des Piraten, umkrallte sie und ließ sie mit stählerner Faust nicht mehr los. Der Zwang war überstark.
    An sich war es noch nicht wieder soweit, daß das Gespensterschiff wieder auf Jagd ging.
    Aber wer konnte diesem mächtigen Ruf Widerstand leisten?
    Ramirez mußte in der Welt der Lebenden erscheinen, ob er wollte oder nicht.
    Wind füllte die Segel des Dreimasters, der Kurs auf den Ort nahm, von dem aus Ramirez gerufen worden war.
    Die Kanonen des Piratenschiffes wurden feuerbereit gemacht.
    ***
    Brad McCormick kam schneller zu seiner Therapie, als er es jemals geglaubt hatte. Eigentlich rief er den ihm empfohlenen Kursleiter nur deshalb noch am gleichen Abend an, um sich nicht später von der Firma vorwerfen lassen zu können, daß er Zeit vergeudet hätte. Wenn die T.I. ihn schon auf diese Weise in eine Behandlung drängte, die er selbst für überflüssig hielt, dann konnte es auch sein, daß sie ihm trotz des Vertrages noch Steine vor oder gar auf die Füße zu werfen versuchten. Und, zum Teufel, er mußte diesen Job haben, wenn er nicht für alle Zeiten mit der Nase im Dreck landen wollte. Im Land der unbegrenzten Möglichkeiten fiel man die Treppe schnell hinauf, noch schneller aber hinab, und wer erst einmal ganz unten war, hatte keine Chance mehr, auf ehrliche Weise wieder nach oben zu gelangen. Die Statistik der Arbeitslosen und Sozialhilfeempfänger zählte nicht einmal ein Drittel der wirklichen Fälle - nach einem Jahr Sozialhilfe fiel der Empfänger automatisch aus dem Netz und damit auch aus dem Computer. Es gab ihn einfach nicht mehr. Und: ohne gültige Sozialversicherungskarte bekam niemand einen regulären Job.
    Deshalb war der Arbeitsplatz für McCormick so wichtig. Er wollte nicht Stammgast bei der Heilsarmee werden. Dafür war er noch zu jung. Er hatte einmal seine Existenz verloren, weil seine Firma in Konkurs ging und sein Ex-Chef, der ihm immerhin noch ein gutes Zeugnis geschrieben hatte, jetzt auf genau der Bahn gestrandet war, die McCormick nicht beschreiten wollte, weil sie eine Einbahnstraße war, aber er konnte sich noch einmal eine Existenz aufbauen - wenn man ihm die Chance
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