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048 - Cinemania

048 - Cinemania

Titel: 048 - Cinemania
Autoren: Bernd Frenz
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wahnsinnig geworden? Seht ihr nicht, dass das der Gast ist, auf den Thornton- San wartet?«
    Eine klobige Gestalt trat hinter den Stahlpfeilern des Wasserturms hervor. Sie walzte mit energischen Schritten heran. Die Bewegungen des Mannes wirkten zwar plump, doch angesichts der massiven Rüstung, die er trug, bewegte er sich erstaunlich behände. Leibpanzer, Rockklappen und die metallbeschlagenen Kettenärmel bestanden aus brünierten Stahl, während die gewaltigen Epauletten, die über der Schultern hinaus hingen, karminrot gefärbt waren.
    Das Gesicht bedeckte eine grimmige Maske aus lackiertem Eisen, fest genug, um eine Lanzenspitze zu verbiegen. Ein Helm mit Schirm und gepanzertem Nackenschutz vervollständigten den Harnisch.
    Es war die Kleidung eines Samurai, das wusste Aiko aus den Studien der Datenbanken von Amarillo.
    Die Kettenglieder knirschten unheilvoll bei jedem Schritt, während der Samurai näher trat. Die Stimme unter der Maske klang verzerrt, ließ aber keinen Zweifel, dass der fernöstliche Ritter äußerst ungehalten war. Er bedeckte die Ninjas mit einem Schwall abgehackter Sätze, von denen Aiko nur erahnen konnte, das sie in Japanisch gesprochen wurden. Seine diesbezüglichen Kenntnisse hatte er nie gelernt, sondern sich einfach in einen Speicher geladen - der nun leergefegt war. Man brauchte aber kein Sprachgenie sein, um zu begreifen, dass die Ninjas ordentlich zusammengestaucht wurden.
    Einer von ihnen wagte leisen Widerspruch, versuchte zu erklären, was vorgefallen war. Er beendete fast jeden Satz mit den Worten Fudoh- San. Offensichtlich der Name des Samurais.
    Das Wortgeplänkel währte nicht lange, denn Fudoh-San ließ sich auf keine langen Diskussionen ein. Er stieß einen Befehl aus, und der Ninja, der sich gerechtfertigt hatte, kniete sich nieder und presste seine linke Hand fest auf den Boden. Mit der anderen zog ein scharfes Messer aus einer verborgenen Tasche und setzte die Schneide über den kleinen Finger.
    Es wurde still. Niemand wollte die Konzentration stören, die er für seine geplante Selbstverstümmelung aufbringen musste. Niemand - außer Aiko.
    »Das ist doch vollkommen falsch!«, platzte der Cyborg heraus. »Yakuza müssen sich bei Versagen einen Finger abschneiden, aber keine Ninja.«
    Plötzlich richteten sich alle Blick auf ihn. In den vermummten Gesichtern ließ sich nicht ablesen, ob ihm die Schattenkrieger den Vergleich mit der japanischen Mafia übel nahmen. Wahrscheinlich konnten sie sowieso nichts mit dem alten Begriff Yakuza anfangen.
    Die Sekunden des Schweigens zogen sich zäh wie Ahornsirup dahin, bis Fudoh dem knienden Ninja einen gnädigen Wink gab.
    »Wenn Ihr keine Bestrafung wünscht, Tsuyoshi-San«, wandte er sich an Aiko, »dann soll es so geschehen.«
    Die Vermummten zerstreuten sich, um ihre Verletzten und den Toten zu bergen. In Windeseile rafften sie alles zusammen und verschwanden wie ein Schatten, der sich bei Bewölkung verflüchtigte. Nur die Blutspuren auf dem Dach zeugten noch von dem Kampf, der hier getobt hatte.
    Mit majestätischem Schritt marschierte Fudoh auf den Gleiter zu. Andächtig strich über das stumpfe Metall des Frontspoilers. »Ein schönes Gefährt«, drang es unter seiner Maske hervor.
    »Ich hoffe, Ihr nehmt mich ein Stück mit, wenn Ihr zum Turm fliegt.«
    Die Aufforderung klang eher nach einem Befehl als nach einer Bitte, doch davon ließ sich Aiko nicht beeindrucken. »Warum sollte ich Ihnen trauen?«, schnaufte er verächtlich. »Ihre Schergen sind ohne jeden Grund auf mich losgegangen. Sie wollten mich umbringen!«
    »Die Schatten haben nur Befehle ausgeführt«, stellte der Samurai klar. »In dieser Stadt gibt es viele Neider, die unserem Herren nach dem Leben trachten. Wir haben geschworen, es mit allen Mitteln zu schützen.«
    »Wie nobel«, sagte Aiko ätzend. »Und wenn dabei ein paar Unschuldige über die Klinge springen, gilt das wohl als Betriebsunfall, oder was?«
    Wegen der klobigen Rüstung ließ nicht einmal die Körperhaltung erkennen, wie Fudoh auf diesen Vorwurf reagierte. Eine Weile hüllte er sich in tiefes Schweigen, dann richtete er sich mit einem Ruck auf und sah Aiko direkt ins Gesicht. Seine Augen besaßen einen bernsteinfarbenen Ton, trotzdem wirkten sie kalt und berechnend.
    »Ihr seid hier herum geschlichen und habt unseren Turm beobachtet, Tsuyoshi-San«, gab er die Sichtweise der Ninjas wieder. »Als man euch zur Rede stellen wollte, seid ihr mit Gewalt gegen meine Männer
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