Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0470 - Die blutrote Nacht

0470 - Die blutrote Nacht

Titel: 0470 - Die blutrote Nacht
Autoren: Werner Kurt Giesa
Vom Netzwerk:
sagte er. »Das hat zwar ein paar hundert Cruzeiros gekostet, aber dafür brauchen wir uns nicht unten an der Straße in der Menge zu drängen und bestehlen zu lassen, sondern sehen das ganze Spektakel von einem Balkon einer Privatwohnung aus.«
    Nicole richtete sich halb auf. »He«, stieß sie hervor. »Hast du etwa den halben Tag herumtelefoniert… oder werden diese Balkone von irgendwelchen Veranstaltungsbüros aus vermietet?«
    »Weder - noch«, schmunzelte Zamorra. »Ich habe einfach jemanden angesprochen, der eines der Häuser betrat, und mit ihm verhandelt. Erst war er gar nicht davon begeistert, aber als ich ihm dann das Geld versprach, erklärte er sich einverstanden. Er kann es gut gebrauchen…«
    »Geld kann in dieser Stadt jeder sehr gut gebrauchen«, sagte Nicole. »Für die niedrigen Löhne, die in diesem Land für schwerste Arbeiten gezahlt werden, würde sich bei uns in Europa niemand auch nur aus dem Sessel erheben.«
    »Der Mann braucht das Geld nicht mal für sich selbst. Er kann leben«, sagte Zamorra. »Es sieht sogar so aus, als sei er recht populär. José Meineira heißt der Knabe. Er hat wohl so etwas wie eine Fledermauszucht eröffnet…«
    »Eine - was , bitte?« stieß Nicole hervor.
    »Fledermäuse. Er bemüht sich, sie wieder einzubürgern.«
    »Ausgerechnet in Brasilien«, seufzte Nicole. »Bei uns in Europa kann ich das verstehen, da gehen die Bestände erschreckend zurück. Aber hier und in Argentinien gibt es sie doch noch zu Hunderttausenden…«
    »Jedenfalls begann er sofort, mich dummzuschwätzen. Sein Projekt sei unheimlich wichtig, und er habe es gegen den erklärten Widerstand der Stadtverwaltung durchgekämpft. Da habe ich meine Lauscher dann auf Durchzug geschaltet. Wichtig ist ja nur, daß wir es morgen einigermaßen gemütlich haben.«
    »Du hast ihm das Geld doch hoffentlich nicht schon gegeben?« forschte Nicole mißtrauisch.
    Zamorra schüttelte grinsend den Kopf. »Sehe ich so aus? Dieses Schlitzohr brächte es fertig, Fledermausfutter davon zu kaufen und uns morgen überhaupt nicht zu kennen… Nein, das Geld bekommt er erst, wenn wir da sind.«
    »Verschwendung«, warf Teri ein. »Ich hätte uns preiswerter ein hübsches Plätzchen auf irgendeinem Hausdach besorgt.«
    Zamorra schüttelte den Kopf. »Wir wollen dich ja nicht überstrapazieren. Außerdem dient das Geld ja einem guten Zweck. Die Fledermaus ist das Tier des Jahres.«
    Fenrir kam durch die Verbindungstür getrottet. Er war noch etwas unsicher auf den Beinen, aber er besaß ja immerhin vier davon und konnte so sein Gleichgewicht besser ausbalancieren.
    »He, alter Freund! Wie geht's dir?« fragte Zamorra.
    Prachtvoll. Bloß gefällt mir die Sache mit den Fledermäusen nicht. Ich habe diese Flatterviecher noch nie ausstehen können. Du solltest auf diesen Balkon verzichten. Teri hat recht. Wenn sie euch per zeitlosem Sprung auf ein Hausdach bringt, habt ihr eine weitaus bessere Aussicht über die Umzüge. Und es kostet kein Geld. Ist einem von euch eigentlich schon mal aufgefallen, daß die Tür zum Zimmer gegenüber mit einem Polizeisiegel verschlossen ist?
    »Woher, zum Teufel, weißt du das denn?« fragte Zamorra verblüfft. »Warst du etwa draußen?«
    Der Wolf schüttelte ganz langsam und vorsichtig seinen kantigen Schädel. Ich habe ein bißchen Gedankenspionage betrieben. Jemand, der auf dem Korridor vorbeiging, wunderte sich über die Versiegelung.
    »Gedankenspionage?« Nicole, selbst schwach telepathisch begabt, schüttelte vorwurfsvoll den Kopf. Zum Ehrenkodex jedes Telepathen gehörte, nicht ohne zwingenden Grund in den Gedanken anderer Personen zu schnüffeln.
    Ein bißchen Training , rechtfertigte der Wolf sich. Wenn deine Gedanken nicht so jugendgefährdend gewesen wären, hätte ich dich als Übungs-Objekt genommen.
    »Woher willst du wissen, daß meine Gedanken angeblich jugendgefährdend waren, wenn du mich nicht bespitzelt haben willst?« fauchte Nicole. Dann erst merkte sie, daß Fenrir sie auf den Arm genommen hatte. Er konnte ihre Gedanken nicht lesen. Jeder aus der Zamorra-Crew besaß eine Sperre im Unterbewußtsein, die gegen fremdes Gedankenlesen wirkte. Nur wenn man sich bewußt darauf konzentrierte, die eigenen Gedanken nach außen dringen lassen zu wollen , war es anderen möglich, sie zu erfassen. Es war eine reine Sicherheitsmaßnahme; sehr viele dämonische Wesen waren telepathisch begabt.
    »Dieses Polizeisiegel«, sagte Zamorra, »ist mir schon aufgefallen, als wir die
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher