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0470 - Die blutrote Nacht

0470 - Die blutrote Nacht

Titel: 0470 - Die blutrote Nacht
Autoren: Werner Kurt Giesa
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verrückt sein müssen, jetzt splitternackt durch die halbe Stadt nach Hause zu gehen.
    Wo also steckte sie?
    Eine seltsame Unruhe erfaßte Cartagena, ohne daß er sie sich erklären konnte. Etwas stimmte nicht. Er begann nach Belice zu suchen.
    Er fand sie.
    Sie lag einfach da - blaß und reglos und tot.
    ***
    Auch in dieser Nacht hatte der Blutsauger wieder getrunken. Sein Versteck war hervorragend. Er wußte, daß niemand ihn dort aufspüren würde.
    Es würde ja auch niemand auf den Gedanken kommen, daß ein Vampir sein Unwesen trieb. Vampire gab es nur in Romanen und Filmen, das jedenfalls war die gängige Meinung. Wer die Wahrheit kannte, schwieg, weil er sich nicht lächerlich machen wollte.
    Doch selbst wenn jemand auf den richtigen Gedanken käme, würde niemand den Vampir in seinem Versteck suchen. Denn handelte es sich nicht um Heiligen Boden?
    Die Menschen glaubten es.
    Der Vampir wußte es besser.
    Und in dieser Nacht war er wieder einmal unerkannt satt geworden.
    ***
    »Todesursache: Blutverlust«, sagte Marin Careio schulterzuckend. Natürlich hatte Cartagena über sein Autotelefon sofort die Polizei alarmiert, und er hatte gefordert, seinen Freund Careio einzuschalten. Das gab ihm die Sicherheit, daß sich jemand wirklich um diesen Fall kümmerte. Gut, es war nur irgendein Mädchen, eines unter hunderttausenden. Es hatte da gelegen, als sei es einfach so gestorben, ohne jegliche Gewaltanwendung. Und es konnte auch keine Gewalt stattgefunden haben, denn weder Cartagena noch Federica hatten etwas wahrgenommen. Belice war einfach erwacht, davongegangen und gestorben.
    Federica stand unter Schockwirkung, und der plötzliche Tod Belices war auch an Cartagena nicht spurlos vorübergegangen. Deshalb wollte er, daß sein Freund sich mit all seiner Autorität und Nachdruck hinter die Ermittlungen klemmte. Ein gesundes, junges Mädchen starb doch nicht einfach so von einer Minute zur anderen!
    Und jetzt - das seltsame Autopsie-Ergebnis…
    »Blutverlust? Was soll das heißen?«
    »Daß nur noch vielleicht ein halber Liter Blut in ihren Adern war. Seltsamerweise zeigt ihr Körper keine äußeren Verletzungen. - Nicht einmal Bißmale am Hals«, fügte Careio etwas spöttisch hinzu. »Also keine Chance, Maneiras Fledermäuse zu blutrünstigen Horrorfilm-Vampiren zu ernennen und ihnen Doktor van Helsing auf den Hals zu schicken.«
    »Du weißt, daß ich das gestern nur ironisch meinte, Marin«, protestierte Cartagena, dem Careios Anspielung nicht gefiel. »Oder hältst du mich wirklich für so blöd, an blutsaugende Vampire zu glauben?«
    »Es gibt sie. Eine Unterart drüben in Argentinien. Die hazienderos können ein Trauerlied darüber singen. Die Viecher überfallen nachts die Rinderherden und trinken deren Blut. Kommt häufig vor, daß die Rinder darüber zugrunde gehen.«
    »Aber das geht uns hier in Rio doch nichts an«, sagte Cartagena. »Was ist deine persönliche Meinung, Marin? Du hast das Mädchen lebend und tot gesehen. Was hältst du von der Sache?«
    Careio zuckte mit den Schultern.
    »Es wäre mir lieber, wenn du irgend etwas gesehen oder gehört hättest. Dann gäbe es einen konkreten Anhaltspunkt. Aber so haben wir nicht einen einzigen Hinweis. Nur das Rätsel, daß dem Körper der Toten fast alles Blut fehlt.«
    »Aber es muß doch eine Erklärung für den Blutverlust geben…«
    »Vielleicht gibt es eine. Aber das ist Sache der Mediziner, nichts für die Mordkommission. Das einzige, was ich tun kann, ist, auf die Weißkittel etwas Druck auszuüben. Aber ich weiß nicht, ob es sich lohnt, und ich weiß noch weniger, ob es etwas bringt. Die Mordkommission wird den Aktendeckel jedenfalls schließen müssen, weil es kein Mord ist. Es gibt keine Verletzung, es gibt keine Waffe, es gibt kein Indiz und kein Motiv. Was soll ich machen, Manuel? Unsere Mordkommissionen haben genug wirklich wichtige Fälle am Hals. Ich kann nicht ein paar Leute mit sinnlosen Ermittlungen blockieren, die in eine Sackgasse führen, nur um dir einen Gefallen zu tun!«
    »Ja«, sagte Cartagena dumpf. »Ja… ich weiß. Ich hatte nur gehofft. Aber kommt dir dieser seltsame Tod denn nicht auch komisch vor?«
    »Sicher.« Careio hob die Schultern. »Von so etwas habe ich noch nie in meinem Leben gehört.«
    »Ich werde herausfinden, woran und wie dieses Mädchen gestorben ist«, sagte Cartagena.
    In der folgenden Nacht holte der Blutsauger sich das dritte Opfer. Er wurde immer mutiger. Diesmal begnügte er sich nicht damit, in den
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