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047 - Die letzten Tage von Riverside

047 - Die letzten Tage von Riverside

Titel: 047 - Die letzten Tage von Riverside
Autoren: Jo Zybell
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auf den Mund, nahm ihr die Dose weg und drückte sie dem Jungen wieder in die Hand. »Außerdem hab ich frei. Sei so lieb und hol uns Nachschub, der Kühlschrank ist leer.«
    Eine steile Falte erschien zwischen Ginas Brauen. »Du kannst mich mal.« Sie schnaubte wütend. Mit vor der Brust verschränkten Armen stellte sie sich neben Colin und blickte ebenfalls in die Mattscheibe.
    Dort behauptete der Chef der Astronomie Division, es gäbe keine neuen Informationen, also auch keinen Grund zur Beunruhigung, und die Besatzung der Raumstation plagten wohl die gleichen Ängste wie weite Teile der Bevölkerung…
    Einer der Reporter fiel ihm ins Wort. Er habe gute Beziehungen zu einem renommierten Observatorium, rief er laut. »Dort zweifeln ein paar ernst zu nehmende Leute längst nicht mehr daran, dass ›Christopher-Floyd‹ uns erwischen wird. Und die gleichen Leute nennen als Kollisionsdatum den achten Februar…«
    Simon hielt den Atem an. Pete und sein Enkel saßen plötzlich stocksteif auf ihren Stühlen. Colin erhob sich. Mit nach vorn geschobenem Unterkiefer und vorgerecktem Schädel starrte er in den Fernseher, als wäre der Apparat ein zu allem entschlossener Angreifer. Eve zog die Wagentür auf und setzte sich zu ihm auf die Kante des Beifahrersitzes. Ihre Hand tastete nach seiner. Kalt und feucht fühlten sich ihre Finger an.
    Ein Tumult entstand im Pressezentrum des Pentagon. Plötzlich sah man den Chef der Astronomie Division von zahllosen Reportern und ihren Mikrophonen umringt. Kameras versperrten zeitweise den Blick auf ihn. Blitzlichtgewitter ging auf ihn nieder. Und ein Hagel von Fragen.
    »Ist das wahr?«
    »Haben die Geräte Ihres Observatoriums versagt?«
    »Enthält uns die Regierung Informationen vor?«
    »Hat man Ihnen einen Maulkorb verpasst?«
    Der hagere Mann mit dem knochigen Gesicht, den Glubschaugen und dem blonden Haarzopf blickte nach allen Seiten, als suche er einen Fluchtweg. Aber da gab es kein Entkommen.
    »Was kann ich für die Nachrichtenpolitik des Weißen Hauses?« Er wurde laut. »Die Bahn des Kometen ist unberechenbar! Kann sein, er fällt uns am achten Februar auf die Köpfe, kann auch nicht sein…«
    8. Februar.
    Simon nahm einen kräftigen Schluck aus der Bierdose. Noch zwei Monate. Er dachte an Matt.
    Will er womöglich zurück nach Deutschland? Sehnsucht nach seinem Sohn überkam ihn. Und Angst. Die Angst, ihn nie wieder zu sehen.
    »Siehst du?!«, rief Colin laut, vermutlich mehr an sich selbst als sonst jemanden gewandt. »Man weiß nichts Genaues! Schwachsinn, jetzt sein ganzes Leben auf den Kopf zu stellen! Business as usual, sag ich!«
    Wieder erschien der korrekt frisierte Anchorman auf der Mattscheibe.
    »Seit heute Vormittag beunruhigt außerdem eine Meldung der Nachrichtenagentur TASS die Krisenstäbe der Welt. Nach ihr lägen dem Kreml bereits seit einer Woche gesicherte Daten vor, die sich nicht anders interpretieren ließen, als dass der Komet ›Christopher-Floyd‹ am achten Februar 2012 zwischen sechzehn und siebzehn Uhr mitteleuropäischer Zeit mit der Erde kollidieren wird…«
    Der Anchorman wurde überblendet. CNN schaltete nach Rom. Hunderttausende auf dem Petersplatz. Der Papst hielt eine Ansprache.
    »Das wars dann.« Pete Armagosa brach schier die Stimme. Simon konnte sehen, wie er schluckte.
    »Blödsinn!«, donnerte Colin. Gina war plötzlich sehr still. Aus großen feuchten Augen schien sie durch das Fernsehgerät hindurch zu blicken.
    »Es ist vorbei.« Rudy kicherte. Hysterisch kam er Simon vor. »Es ist tatsächlich vorbei…«
    Er schüttete so viel Bier in sich hinein, dass es ihm durch den Bartflaum rann und auf seinen Trenchcoat tropfte. »Die letzten Tage der Menschheit sind angebrochen…« Er rülpste und wischte sich das Bier mit dem Handrücken aus dem Gesicht. »Lasst uns das Beste daraus machen…«
    »Absoluter Schwachsinn!« Colin knüllte die Dose zusammen und schleuderte sie in den Karton. »Scheißt euch doch nicht in die Hosen!«
    »Wir haben noch zwei Monate Zeit«, sagte Simon.
    »Quatsch nicht.« Colin öffnete eine neue Bierdose. »Tastatursklaven sind das, Sesselfurzer - niemand kann sagen, ob er uns trifft oder vorbeifliegt. Hast du nicht zugehört? Ich glaubs erst, wenn ich ihn am Himmel über Kalifornien sehe.«
    »Wir haben noch zwei Monate Zeit«, wiederholte Simon. »Nicht zwei Tage, nicht zwei Wochen - zwei Monate.« Ein Blick des Armagosa-Jungen traf ihn, ein Blick aus unnatürlich großen und glänzenden Augen. Ein
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