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0460 - In der toten Stadt

0460 - In der toten Stadt

Titel: 0460 - In der toten Stadt
Autoren: Werner Kurt Giesa
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Fenrir. Er ist nur ein Tier, aber in seinen Adern kreist Blut. Warmes, verlockendes Blut.
    Nein, es geht nicht so weiter.
    Ich spiele mit dem Gedanken, mich selbst zu töten. Ich will kein Vampir sein, ich will es nicht für alle Zeiten bleiben. Aber wenn ich mich selbst töte, dann überlasse ich dem anderen das Feld. Dem Wesen mit dem Vampirkörper und meinem Kopf, in welchem das Vampirische viel stärker ist als in mir, und der viel öfter als sich selbst die Kontrolle über sich verliert.
    Ich müßte zuerst ihn töten.
    Aber das kann ich nicht! Ich würde mich gleich zweimal selbst töten. Das jedoch geht über meine Kräfte. Ich kann es nicht, ich bringe es nicht fertig. Einmal stehe ich bereits vor seiner »Zelle«, bin bereit, ihn niederzumachen. Ich öffnete die Tür, stehe vor ihm — und ich sehe in mein eigenes Gesicht, das mich aus meinen eigenen Augen ansieht - und ich kann es nicht.
    Ich verschließe die Tür wieder sorgfältig, ehe er die Chance nutzen kann, sich zu befreien.
    Was soll ich tun?
    Selbstmord als Lösung scheidet aus. Zudem habe ich nicht über achttausend Jahre gelebt und alle Gefahren und Anfeindungen überstanden, habe jeden Mordanschlag auf mich überlebt, um mir jetzt selbst den Tod zu geben. So geht es nicht.
    Wie aber zu einer befriedigenden Lösung gelangen?
    Zamorra und Nicole sind längst wieder unterwegs. Angeblich suchen sie nach Robert Tendyke und seinem Sohn Julian. Aber sind die nicht schon vor längerer Zeit für tot erklärt worden? Im Feuerblitz einer magischen Bombe vergangen, die der Fürst der Finsternis gezündet hat?
    Wie dem auch sei, ich kann sie nicht um Rat fragen. Meine einzigen Ansprechpartner sind Teri, Fenrir und Ted. Aber alle Gedankenspiele, die wir durchführen, kommen zu keinem Ergebnis. Eine Rückverwandlung scheint unmöglich.
    Immer wieder werden die Gespräche auch unterbrochen, weil ich mich zurückziehen muß. Jedesmal dann, wenn ein Anfall kommt, der mich zum Blutsauger werden lassen will.
    Ich muß von hier fort.
    Ich muß irgendwohin, wo es keine Menschen gibt. Dort unterliege ich keiner Versuchung. Mit mir muß aber auch mein anderes Ich, der Vampir, der meinen Kopf trägt und meine Hände besitzt. Dort, wo wir beide uns auf uns selbt und unsere eigenen Probleme konzentrieren können, ohne von der Witterung warmen Menschenblutes abgelenkt zu werden, können wir vielleicht beide zu einem Konsens gelangen. Vielleicht, wenn wir die Ruhe dafür haben, wenn wir uns in der Einsamkeit befinden, die außer uns kein Leben kennt, werden wir gemeinsam einen Weg finden, nicht mehr zwei Mischwesen zu bleiben, sondern Vampir und Druide zu werden wie vor dem Tansmitter-Unfall.
    Ich spreche mit Yared darüber.
    Der Ewige, der mir ganz nebenbei klarmacht, daß er selbst nicht mein Opfer werden kann, weil Vampire stets im letzten Moment vor dem Blut eines Ewigen zurückschrecken, kennt eine Gegend, in der es keine Menschen gibt. Eine tote Stadt, seit langer Zeit verlassen und verfallen. Was es mit dieser Stadt auf sich hat und wo sie sich befindet, verrät er mir nicht, aber über die Transmitter-Verbindung der Ewigen ist sie zu erreichen.
    Ich will von ihm wissen, weshalb Vampire vor dem Blut der Ewigen zurückschrecken, aber er kann mir dafür keine Erklärung geben. Ich soll es an ihm ausprobieren, bietet er an. Doch das will ich nicht.
    »Dann schauen Sie zu, wie Ihre andere Hälfte es versucht«, schlägt er vor. Ich protestiere, aber da betritt er bereits die Zelle, in der das Vampirwesen eingesperrt ist.
    Es greift ihn fast sofort an.
    Yared rührt sich nicht. Keine Hand hebt er zur Abwehr, weicht nicht aus. Zum ersten Mal erlebe ich »mich« in grausamster Aktion. Ich schreie auf und will dazwischengehen, um mein anderes Ich an seinem furchtbaren Tun zu hindern.
    Aber ich komme zu spät.
    Es ist bereits passiert. Der Vampirkörper hat Yared angesprungen, ihn mit seinem Angriffs-Schwung zu Boden geschleudert und schwebt schwingenschlagend über ihm, um ihm die Zähne in den Hals zu schlagen.
    Aber dann geschieht das Unglaubliche.
    Er zuckt zurück!
    Er beißt nicht zu, ritzt dem Ewigen nicht einmal die Haut, aber mit einem schrillen Pfeiflaut, der allen Abscheu ausdrückt, dessen dieses Wesen fähig ist, springt der Vampirhafte zurück bis an die gegenüberliegende Wand mit dem vergitterten Fenster.
    Ungerührt erhebt sich Yared. Er sieht mich an. »Glauben Sie jetzt, Llandrysgryf, daß das Blut der Ewigen für Vampire unverträglich ist?«
    Ich glaube
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