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0460 - In der toten Stadt

0460 - In der toten Stadt

Titel: 0460 - In der toten Stadt
Autoren: Werner Kurt Giesa
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es.
    Ich muß es glauben, kenne ich doch den Blutdurst des kleinen Ungeheuers wie meinen eigenen. Dieses Wesen hätte niemals freiwillig darauf verzichtet, seine Zähne in die Ader des Opfers zu schlagen.
    Einmal mehr wundere ich mich über diese Zähne. Als mein Kopf noch auf meinen Schultern saß, hatten die Eckzähne normale Länge. Jetzt sind sie langgezogen und spitz. Desgleichen ist mir unbegreiflich, wieso ich selbst in der Lage bin, zu sprechen und mich deutlich zu artikulieren, obgleich ich über den Stimmbildungsapparat der Vampirfledermaus verfüge, welcher dafür überhaupt nicht geschaffen ist.
    Wir sperren mein anderes Ich wieder ein. Yared bietet an, mich und mich zu der toten Stadt zu transportieren und auch selbst mitzukommen, um notfalls helfen zu können. Er ist sicher, daß wir seine Hilfe brauchen werden, wenngleich keiner von uns eine Vorstellung davon hat, wie diese Hilfe aussehen sollte.
    Da ich jetzt weiß, daß er gegen Vampir-Angriffe immun ist, stimme ich zu.
    Den anderen verraten wir nichts davon. Ich will einen sang- und klanglosen Abschied, und meinem anderen Ich ist auch nicht daran gelegen, jetzt noch einen endlosen Disput mit den Freunden zu führen, die möglicherweise darauf bestehen würden, mitzukommen oder unser Ziel wenigstens zu kennen.
    Ich will es nicht.
    Es gibt für uns nur zwei Möglichkeiten. Entweder ich bin irgendwann wieder ich selbst und habe nach der Zurückverwandlung den Vampir gepfählt, oder die beiden Mischwesen, er und ich, sind beide tot. Aber Tote gehen ihren Weg allein, und darum will ich nicht, daß jemand uns auf diesem Weg begleitet oder nachfolgt.
    Als Teri und Fenrir schlafen, Ted und seine Freundin unterwegs sind, holen wir mein anderes Ich aus der Zelle, verschwinden im Keller und benutzten den Transmitter. Welche Kodezahl Yared eingibt, kann ich nicht erkennen, weil ich zu sehr damit beschäftigt bin, den Vampir unter Kontrolle zu halten. Wir wechseln hinüber in eine andere Welt oder an einen anderen Ort. Ich weiß es nicht, wo wir landen. Ich weiß nur, daß Yared anschließend die Transmitter-Straße blockiert, so daß niemand hinter uns her kann. Wer immer durch Zufall dieses Ziel eingibt, wird auf den Sperr-Vermerk stoßen. Ganz gleich, von welcher anderen Station aus er diesen Ort erreichen will.
    Nur von hier aus kann die Sperre wieder aufgehoben werden, und ich habe Yareds Versprechen, daß er sie nicht eher wieder aufhebt, bis ich mein Problem so oder so gelöst habe.
    Kaum sind wir hier, als der Vampir mit meinem Kopf sich meiner Kontrolle entzieht und flüchtet.
    Ahnt er, daß es sein Tod ist, wenn ich wieder zurückverwandelt werde?
    Er muß es wissen, denn er ist doch ein Teil von mir, eine Abspaltung nicht nur meines Körpers, sondern auch meiner Persönlichkeit! Und das Vampirische in ihm fürchtet die Vernichtung. Ihm kann also nicht daran gelegen sein, daß die Rückverwandlung stattfindet, weil ihn das als Fledermaus-Vampir schließlich seine Existenz kosten wird.
    Denn ich werde den rückverwandelten Blutsauger, der mir soviel Kummer und Leid bereitet hatte, keinen Sekundenbruchteil länger als eben nötig am Leben lassen!
    »Aber er hält sich von mir fern, und bis jetzt habe ich ihn in all den Tagen noch nicht ein einziges Mal wieder zu Gesicht bekommen.«
    ***
    Sie schwebten durch die Luft näher heran, und sie näherten sich zu Fuß durch die Straßen. Aber diesmal gingen sie nicht so ungestüm vor wie bei ihrem ersten Überfall. Der Befehl ihres Beherrschers zwang sie zur Disziplin.
    Der Blutdurst tobte in ihnen unverändert stark, aber sie mußten ihn überwinden und abwarten. Beim ersten Mal war der Überfall mißlungen, und trotz der gewaltigen Überzahl waren die Opfer nicht nur entkommen, sondern es waren auch etliche Vampire in den Flammen des ausbrennenden Hauses vergangen.
    Die Überlebenden empfanden darüber keinen Groll.
    Sie empfanden nicht einmal Genugtuung, die wenigen Opfer jetzt durch weniger Vampire teilen zu müssen. Der Tod ihrer Artgenossen ließ sie kalt. Gefühle besaßen sie nicht. Gefühle konnten sie lediglich in anderen erzeugen, und dann immer nur als Mittel zum Zweck.
    Jetzt aber fiel es ihnen schwer, sich zu beherrschen. Aber sie erkannten den überlegenen Intellekt ihres Anführers, der nicht einmal einer von ihnen war. Doch letzteres spielte für sie keine Rolle. Wichtig war, was sie an ihr Ziel brachte, nachdem sie erst einmal aus dem langen Schlaf erwacht waren.
    Und wenn er dafür sorgte,
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