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0459 - Die Herrin der Drachen

0459 - Die Herrin der Drachen

Titel: 0459 - Die Herrin der Drachen
Autoren: Werner Kurt Giesa
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wohl noch eine Weile brauchen, bis sie ihr Bewußtsein zurückerlangten. In der Zwischenzeit flog Nicole die Flugscheibe den Sauriern nach.
    Einer der Bildschirme flimmerte und signalisierte einen Anruf. Das Symbol der Dynastie blinkte.
    Aber Nicole nahm den Anruf nicht entgegen.
    ***
    Shi Khituu hatte ihren Palast erreicht. Das Saurierweibchen senkte den Kopf, und Shi Khituu kletterte aus dem Maul und betrat wieder festen Boden. Sie berührte den riesigen Schädel sanft. Der Jungdrache tappte heran und stieß Shi Khituu ungeschickt an. Sie taumelte, fing sich aber wieder. »He, mein Freund! Mach das nicht wieder ohne Vorwarnung«, verwies sie ihn und legte die entsprechende Überzeugungskraft in ihre Stimme, mit der sie sich bislang noch jeden dieser Saurier untertan gemacht hatte.
    Ihre kleine Herde, ihr privater Zoo, hatte sich wieder einmal vergrößert.
    »Geht«, sagte Shi Khituu leise. »Geht und gesellt euch zu den anderen. Ihr werdet Freunde finden. Euresgleichen aus eurer Welt.«
    Die Drachenmutter wandte sich schwerfällig ab, aber die Schwerfälligkeit dieser Bewegungen täuschte; das Reptil vermochte sich äußerst schnell zu bewegen, wenn es sein mußte. Langsam stampfte die Schreckechse davon, witterte ihre Artgenossen hinter dem Palast.
    Der Jungdrache folgte ihr tolpatschig.
    Shi Khituu lächelte.
    Sie mochte diese großen Lebewesen, und sie war froh, daß es ihr möglich war, einige von ihnen zu retten, indem sie sie zu sich holte, ehe ihre Welt unterging.
    Einerseits fühlte sie sich gut dabei, diesen Echsen ein Überleben zu sichern. Andererseits sorgten die Tiere dafür, daß Shi Khituu nicht einsam blieb.
    Sie bewohnte den Palast allein.
    Es gab niemanden, der sein Leben mit ihr teilen wollte. Mit ihrer Fähigkeit, in die Vergangenheit zu greifen und Dinge herbeizuholen, und mit ihrer Fähigkeit, Tiere unter ihren Einfluß zu bringen, war sie den meisten anderen Menschen unheimlich, und selbst in einer modernen Zeit wie dieser galt sie hinter vorgehaltener Hand noch immer als Hexe. Nur wurden Hexen nicht mehr auf dem Scheiterhaufen verbrannt, seit es grundlegende Umwälzungen gegeben hatte und die Inquisitoren ihre Macht verloren, abgeben mußten an die Großen der Sekte, die angeblich unsterblich sein sollten. DYNASTIE DER EWIGEN nannten sie sich, diese Mächtigen, die alles geändert hatten.
    Aber das nützte Shi Khituu nichts. Sie lebte allein, sie war von den Menschen geächtet, und nur, weil sie für niemanden eine Bedrohung war, ließ man sie in Ruhe. Anders wäre es gewesen, wenn sie in der Nähe einer der großen Städte gelebt hätte. Dann hätte man in ihrem Hobby vielleicht eine Gefahr gesehen.
    Nicht nur vielleicht - ganz sicher.
    Shi Khituu stieg in die Tiefen ihres Palastes hinab.
    Daß jemand sie verfolgte, ahnte sie nicht einmal.
    ***
    »Wir kommen der Sache näher«, sagte Nicole, die sich im Pilotensitz der Flugscheibe wohl fühlte. Immer noch flackerte der Anruf; mittlerweile schienen sich gleich ein halbes Dutzend Anrufer für die Scheibe zu interessieren. Zamorra befürchtete, daß die Überwachung über kurz oder lang die Geduld verlieren würde. Danach war damit zu rechnen, daß ein mißtrauisch gewordener Großer den Befehl gab, die Scheibe von anderen Einheiten angreifen und aufbringen oder gar vernichten zu lassen. Die Machthaber totalitärer Systeme ließen sich nicht auf Diskussionen und Verhandlungen ein, und sie nahmen keine Rücksicht. So, wie Zamorra die Entwicklung in dieser Welt einschätzte, stand ein totalitäres System an der Spitze; alles deutete darauf hin. Für ihn stellte die Sekte der Jenseitsmörder mit ihren Großen an der Führungsspitze das Instrument der Macht dar, vergleichbar der Gestapo im Nazi-Regime, nur eben nicht auf Uniform- und Stiefel-Basis, sondern verborgen unter der Kutte einer pseudoreligiösen Sekte und damit vielleicht noch mächtiger. Diese Sekte mußte in den letzten fast vier Jahrhunderten einen enormen Aufschwung und Machtzuwachs bekommen haben.
    Ganz oben in der Hierarchie schienen aber die Ewigen zu stehen.
    Zamorra wußte nicht, wie stark die Dynastie in dieser Dimension vertreten war, aber viele Ewige konnten es nicht sein. In seiner eigenen Welt waren sie auch nicht besonders zahlreich. Sie herrschten durch die Macht ihrer Technik und ihrer Magie, nicht durch ihre Anzahl. Das würde hier nicht viel anders sein. Es war immer und zu allen Zeiten so gewesen, daß große Massen von relativ wenigen Denkern beherrscht
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