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0457 - Heiße Sehnsucht nach Sing-Sing

0457 - Heiße Sehnsucht nach Sing-Sing

Titel: 0457 - Heiße Sehnsucht nach Sing-Sing
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war der Redner?«
    Der mittelgroße Bursche mit den verkniffenen Augen, in denen die hysterische Glut des Fanatikers brannte, warf mir einen Blick zu. Dann wollte er sich abwenden. Ich hielt ihm meinen Ausweis gerade noch schnell genug hin, daß er ihn sehen konnte.
    Einen Augenblick war er verdutzt. Dann legte er hochtrabend los:
    »Wenn etwas gegen mich vorliegt, zeigen Sie mir den Haftbefehl oder laden Sie mich schriftlich zur Vernehmung vor. Ansonsten verzichte ich darauf, mich mit den Bütteln der Regierung in ein Gespräch einzulassen.«
    Er wandte sich brüsk ab und ging zum Wagen. Kopfschüttelnd kehrten wir zu Captain Hensley zurück, um uns von ihm zu verabschieden. Eine Viertelstunde später rollten wir mit dem Jaguar wieder in südliche Richtung.
    Wir hatten die Heizung auf vollen Touren laufen, um unsere Sachen ein wenig zu trocknen. Aber plötzlich ertönte der Summer des Sprechfunkgeräts.
    Es war Captain Hensley. Und er hatte die erste Hiobsbotschaft dieses Tages.
    ***
    Der Farmer hatte vier oder fünf Schritte in den Stall getan. Lionel Batters stand mit dem kleinen Mädchen im Schutz des offenstehenden Türflügels. Als er den breiten, von schwerer Arbeit gebeugten Rücken des Farmers sah, sagte er halblaut:
    »Hier, Cambers, hier ist deine Kleine!«
    Der Bauer warf sich herum. Sein Gesicht verzerrte sich, als er den Sträfling sah, der seine kleine Tochter festhielt. Seine Lippen klafften weit auseinander, und die Augen traten ihm fast aus den Höhlen.
    »Keine Dummheiten, Cambers!« warnte Lynn Batters. »Die Kleine hätte es auszubaden!«
    Der Farmer besann sich. Leise pfeifend wich die Luft aus seinen Lungen. Auf der Stirn bildete sich kalter Angstschweiß. Die herabhängenden Fäuste öffneten sich.
    »Was soll das?« krächzte er heiser. »Laß die Kleine aus dem Spiel. Sie hat dir nichts getan! Im Gegenteil. Sie hat oft genug im Zuchthaus die paar Süßigkeiten Verschenkt, die ich ihr auf dem Wege dahin gekauft hatte. Vielleicht hat sie auch dir welche geschenkt, he? Willst du ein Kind umbringen, das mehr Herz für dich hat, als du je für ein Kind hattest?«
    Lynn Batters runzelte unmutig die Stirn. Auf Ansprachen war er nicht vorbereitet. Er hatte seinen Plan und danach mußten die Dinge laufen. Widerstände, die sich ganz natürlich ergeben würden, waren mit Gewalt zu beseitigen. Es gab keinen Platz für Ansprachen oder moralische Argumentationen in Batters’ Plan.
    »Halts Maul«, knurrte er mißgegestimmt. »Der Kleinen passiert gar nichts, wenn ihr vernünftig seid.«
    »Was heißt vernünftig?«
    »Du rufst jetzt den Kerl des Sheriffs hier herein, verstanden?«
    »Warum? Wenn er dich entdeckt, greift er zum Schießeisen!«
    »Danach greifen kann er. Wird er auf das Mädel schießen? Das ist meine Deckung gegen euch. Also ruf ihn schon!«
    Als der Farmer zögerte, fuhr Batters fort:
    »Mach dir eins klar: Um aus dem Steinbruch herauszukommen, mußte ich den Sergeanten unserer Abteilung totschlagen. Wenn sie mich wieder einfangen, machen sie mir wochenlang die Hölle so heiß, daß ich mir jeden Tag dreimal wünschen werde, ich wäre nie geboren. Und anschließend schicken sie mich auf den heißen Stuhl. Man kann aber nur einmal brennen, Cambers, ob nun für einen Mord oder für zehn. Mir kann es also egal sein, ich habe nichts mehr zu verlieren. Ruf den Burschen hier herein. Und wenn du ihm das leiseste Zeichen gibst, ist es um die Kleine geschehen. So wahr ich Lynn Batters bin.«
    Der Farmer preßte die Lippen aufeinander und atmete schwer. Es war ihm klar, daß Batters irgendeine Teufelei plante, zu der er den Mann aus dem Büro des Sheriffs brauchte, aber welche Wahl hatte er schon? Batters hielt das leise vor sich hin weinende Mädchen mit der linken Hand so gepackt, daß er nicht nur den Mund zuhielt, sondern auch jederzeit mit dem Unterarm den Hals hätte zudrücken können. Und es konnte kaum einen Zweifel darüber geben, daß der entflohene Zuchthäusler zu allem entschlossen war.
    »Also gut«, nickte der Bauer ergeben. »Ich werde Joe rufen. Ich werde tun, was du verlangst, Batters. Aber das eine sage ich dir:; wenn du dem Kind etwas antust, schlage ich dich mit meinen eigenen Fäusten tot.«
    Er kehrte langsamen Schrittes bis an die Schwelle der Stalltür zurück. Die Tür befand sich jetzt zwischen dem Farmer und dem Sträfling, aber Batters konnte durch den Spalt zwischen den Türangeln den Farmer genau beobachten.
    »Joe!« rief Cambers laut über den Hof hinweg. »He,
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