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0457 - Heiße Sehnsucht nach Sing-Sing

0457 - Heiße Sehnsucht nach Sing-Sing

Titel: 0457 - Heiße Sehnsucht nach Sing-Sing
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wirkte wie einer dieser alten Panzerwagen aus dem Ersten Weltkrieg, nur daß aus seiner Kanone nichts als eiskaltes Wasser kam.
    Ich drückte mich in den nächsten Hauseingang, setzte mich auf die Stufen und lachte. So hatte ich mir das Ende dieser gefährlichen Situation nicht vorgestellt. Als sich meine Heiterkeit gelegt hatte, schob ich vorsichtig den Kopf vor. Ich hatte keine Lust, noch einmal von dem mächtigen Strahl des Wasserwerfers getroffen zu werden.
    Überall auf der Straße hoben durchnäßte Leute mißtrauisch äugend die triefnassen Köpfe. Neben der Rednertribüne stand reglos und dräuend wie ein Ungeheuer der gepanzerte Wasserwerfer. Es sah fast so aus, als hielte das Rohr der Wasserkanone Ausschau nach Zielen, die noch nicht ernüchtert waren.
    Meine Hose war am Knie aufgerissen. Alles andere war zwar in Ordnung, aber pitschnaß. Ein Glück, daß es so ein warmer Tag war. Ich ging zurück zum Juweliergeschäft. Bei jedem Schritt klatschten mir die nassen Hosenbeine gegen die Waden, und in den Schuhen gluckste das Wasser.
    Captain Hensley stand vor seiner Garde und grinste breit, als er mich wie einen aus dem Wasser gezogenen Pudel ankommen sah.
    »Können Sie schwimmen, Cotton?« fragte er anzüglich.
    »Meistens ja«, nickte ich. »Aber auf der Straße habe ich es heute zum erstenmal probiert.«
    Ich stützte mich mit der linken Hand gegen seine Schulter, streifte mir mit der rechten die Schuhe ab und kippte das Wasser aus. Phil stand vor dem vergitterten Eingang zu dem Juweliergeschäft und wrang sich die Ärmel seines Jacketts aus. Sergeant Kenston hüpfte auf einem Bein herum, bohrte sich im linken Ohr und versuchte, das eingedrungene Wasser herauszuschütteln.
    »Nach Harlem komme ich nur noch in Badehose«, knurrte ich.
    »Aber Sie müssen zugeben, daß ich es gut organisiert habe«, meinte Hensley. »Oder nicht? Der Wasserwerfer trat genau im richtigen Augenblick in Aktion.«
    »Da haben Sie wirklich recht«, bestätigte ich. »Fünf Minuten später hätten sich Bund und Stadt um ein gemeinsames Staatsbegräbnis von uns allen den Kopf zerbrechen können. Wo steckt eigentlich der Schreihals, den Sie so rabiat vorgenommen hatten?«
    »Benjamin Ale? Den haben wir laufenlassen. Das ist ein alter Bekannter von uns. Jedesmal, wenn er einen über den Durst getrunken hat, randaliert er genauso. Aber er hat noch keiner Fliege was zuleide getan.« , »Und wo steckt der Pechvogel, der sich seinen Hosenboden im Schaufenster zerschnitt?«
    »Der wird gerade von einem Streifenwagen zum Revier gebracht.«
    »Wohnt der Juwelier denn nicht im Hause? Wenn ihm schon sein Schaufenster eingedrückt wird, könnte er sich wenigstens mal sehen lassen.«
    »Ich habe ihn anrufen lassen. Er wohnt vier Blocks weiter. Wird wohl jeden Augenblick hier eintreffen.«
    »Na ja«, brummte ich fröstelnd. Das Wasser war wirklich eiskalt gewesen. »Es ist ja alles noch einmal gutgegangen. Aber diesen Welshire möchte ich mir noch einmal ansehen, bevor ich das Feld räume.«
    Hensley zuckte mit den Achseln. »Ich frage mich, ob er nur übergeschnappt ist oder ob nicht noch viel mehr dahintersteckt.«
    »Was soll dahinterstecken?« fragte ich.
    Wieder zuckte Hensley mit den Achseln.
    »Was weiß ich. Vielleicht gibt es Leute, die ein Interesse daran haben, daß es bei uns zu Unruhen kommt, aus welchen Gründen 'auch immer. Übrigens müssen Sie sich beeilen, wenn Sie noch mit Welshire reden wollen. Er will gerade abfahren. Da neben der Rednertribüne steht der Wagen.«
    »Der Cadillac? Ja, Menschenskind, Hensley, ich denke, der ist gegen die Autos und gegen jede Technik überhaupt? Und außerdem — wo nimmt eiri Wanderprediger wie Welshire das Geld her für so ein Schlachtschiff?«
    »Der Wagen gehört Mort Chester.«
    »Mort Chester? Wer ist das schon wieder?«
    »Mort Lee Chester, um genau zu sein. Er besitzt sechs Straßen weiter ein Nachtlokal, eine Bar, ein Hotel und eine Imbißstube. Alles in einem einzigen, sehr großen Gebäude. Ich glaube, ich bin nicht der einzige Mann in New York, der Chester für einen Gangsterboß hält.«
    »Steht er auch bei dem Cadillac?«
    »Ja. Der Farbige. Der Riese von über zwei Metern. Übrigens reißt der Kerl das Telefonbuch von Manhattan zwischen seinen Pranken entzwei.«
    Ich gab Phil einen Wink. Wir überquerten die jetzt beinahe menschenleere Straße und gingen auf die vier Männer zu, die neben einem weißen Cadillac Eldorado standen.
    »Hallo«, sagte ich höflich. »Wer von Ihnen
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