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0456 - Der Geisterseher

0456 - Der Geisterseher

Titel: 0456 - Der Geisterseher
Autoren: Werner Kurt Giesa
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zu erstechen sucht, wenn Ihr mal wieder mehr Cognac getrunken habt, als Euch guttut.«
    Don Cristofero strahlte. »Ein edler Tropfen, fürwahr! Aber den Degen lege ich nicht ab. Es möchten Räuber kommen und uns überfallen, und was dann? Ausplündern lasse ich mich von dem Diebesgesindel niemals! Ich werde ihnen zeigen, was es heißt, sich mit Don. Cristofero Fuego de Zamora y Montego anzulegen! Ich…«
    »Schon gut«, seufzte Zamorra und schob den Grande in den BMW. Mühsam faltete der Dicke sich auf den Sitz und begann sofort wieder zu meutern. »Nicht mal richtig aufrecht sitzen kann man hier! Das ist keine Kutsche, das ist eine Zumutung! Ich will…«
    »… abwarten und still sein«, unterbrach Zamorra ihn, beugte sich über den Don und zog ihm den Sicherheitsgurt über die Schulter, Brust und Bauch, um ihn im Gurtschloß einrasten zu lassen. »He!« brüllte der Grande. »Potzblitz, was soll das? Ihr fesselt mich? Bandit, hört auf damit!« Zuerst versuchte er krampfhaft, seinen Degen aus der Scheide zu ziehen, was ihm angesichts der Enge des Wagens nicht gelang, und dann hatte er keinen Erfolg damit, das ihm unbekannte Gurtschloß zu öffnen. Er zeterte und schimpfte so intensiv, daß er zunächst gar nicht merkte, daß sie bereits unterwegs waren. Erst, als er endlich tief Atem holen mußte, zuckte er erschrocken zusammen, denn sie hatten bereits das Château verlassen und befanden sich auf der Serpentinenstraße, die zum kleinen Dorf hinab führte.
    »Das - das muß Zauberei sein!« entfuhr es ihm. »Man sieht keine Pferde, auch sonst nichts, was den Wagen zieht! Wie macht Ihr das, Professor? Verratet's mir!«
    »Zuerst verrate ich Euch mal, wie man den Sicherheitsgurt wieder löst«, sagte Zamorra gelassen. »Zuweilen kommt es vor, daß ein hirnloser Narr die Kontrolle über seinen Wagen verliert und einen anderen während der Fahrt rammt. Dann verhindert der Gurt, daß Ihr von der Fliehkraft gegen die Fensterscheibe geschleudert werdet und Euch am splitternden Glas verletzt. Versteht Ihr, Señor?«
    »Ich bin ja nicht dumm!« Don Cristofero übte tatsächlich aus freien Stücken einige Male Schließen und Öffnen des Gurtschlosses, bis er die Bewegungen durchführen konnte, ohne hinzuschauen. Er lauschte dem leisen Summen. »Was ist das für ein Ton?«
    »Das ist der Motor« sagte Zamorra. »Keine Zauberei, sondern Technik. In unserer Zeit brauchen wir keine Pferde mehr.«
    »Das müßt Ihr mir näher erklären«, begeisterte sich der Grande. Immerhin war er technischen Neuerungen recht aufgeschlossen, lebte er doch in einer Zeit, in welcher der Fortschritt allmählich Sprünge zu machen lernte.
    Die Geschwindigkeit, die der Wagen entwickelte, begeisterte ihn ebenfalls. Zamorra registrierte es nicht ganz ohne Besorgnis. Don Cristofero schien dem Temporausch zu verfallen…
    ***
    Nicole Duval drehte sich auf die andere Seite, zog die leichte Decke ein Stück höher und träumte weiter. Konfuses, wirres Zeug, an das sie sich nicht mehr erinnern würde, sobald sie aufwachte. Aber das hatte sie jetzt eigentlich noch nicht vor. Einmal wieder so richtig schön allein ausschlafen, ohne Zamorra, und vor allem ohne Hektik und Streß, den der Grande und sein Zauber-Gnom täglich zu entfesseln pflegten.
    Jemand zupfte an Nicoles Decke.
    »Nicht«, murmelte sie im Halbschlaf und hielt die Decke mit einer Hand fest. Nicht fest genug; sie wurde ihr mit einem wilden Ruck entrissen.
    Da öffnete sie endlich verärgert die Augen. »Verdammt, was soll der Blödsinn? Laß mich schlafen!« stieß sie hervor, und auch die Tatsache, daß sie den Mann neben ihrem Bett doch so sehr liebte wie nichts anderes auf der Welt, hinderte sie nicht daran, ihm ein paar deftige Schimpfwörter an den Kopf zu werfen, die eigentlich nicht zum Wortschatz einer Dame zählen durften und bei denen selbst Hafenarbeiter errötet wären.
    Aber Zamorra gab ihr die Decke nicht wieder.
    Er rüttelte an der Bettkante.
    »Hast du jetzt völlig den Verstand verloren oder was?« fauchte sie ihn an. »Hör sofort mit dem Mist auf!« Sie richtete sich auf und war drauf und dran, ihm fünf Finger ins Gesicht zu setzen und ihm damit klar zu machen, daß sein Tun unangebracht war. Was war überhaupt in ihn gefahren? Dermaßen verrückt hatte er sich doch noch nie verhalten, und selbst wenn er mal versuchte, ein wenig herumzualbern, hatte sein Feingefühl ihm noch immer signalisiert, wann der Spaß aufhörte und der Ernst begann.
    Für Nicole war es bereits
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