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0455 - Der Zeit-Zauberer

0455 - Der Zeit-Zauberer

Titel: 0455 - Der Zeit-Zauberer
Autoren: Werner Kurt Giesa
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hier beim Gnom? Der Namenlose kratzte sich den Kopf und zerwühlte sein Anthrazithaar. Sie waren beide im selben Raum gewesen. Es war unmöglich, daß man sie voneinander getrennt hatte.
    Dann fiel ihm die Wand ein, die den Raum halbierte und die es früher nicht gegeben hatte.
    Sollte… sollte Don Cristofero sich auf der anderen Seite der Mauer befinden?
    Der Gnom schaute sich um. Aber es gab hier auf dem Gang nichts, was darauf hindeutete, daß es zu dem abgemauerten Bereich einen Zugang gab.
    Wenigstens nicht von hier aus.
    Seufzend machte der Gnom sich auf die Suche nach einer Tür, die ihn zu seinem Herrn führen sollte.
    ***
    Don Cristofero fand den neuen Ausgang recht schnell. Er brauchte sich nur umzudrehen. Die Tür war jetzt an der anderen Seite des Zimmers. Damit konnte man leben. Die Frage war, wer für diesen Umbau verantwortlich war.
    Der namenlose Gnom nicht unbedingt. Don Cristofero konnte sich nicht vorstellen, daß der Gnom es mit seinem manchmal recht faulen Zauber schaffte, Mauern zu bauen, Türen zu versetzen und Einrichtungsgegenstände auszutauschen. Und das innerhalb von wenigen Herzschlägen.
    Nein, da war etwas ganz anderes im Spiel.
    Händereibend und wie ein Honigkuchenpferd grinsend öffnete der Don die Tür und trat auf den Korridor hinaus, um abermals zu stutzen. Wie auf der anderen Seite, im anderen Gang, der Gnom, wunderte auch er sich über die Veränderungen, die vor genommen worden waren. Aber er kam noch nicht auf den richtigen Gedanken. Er hielt es alles noch für einen Trick, nur konnte er sich nicht vorstellen, wie der Gnom diesen Trick zustandegebracht hatte. Möglicherweise träumte der Don? Das ließ sich feststellen. Er kniff sich in den Handrücken, schrie auf und begriff, daß er hellwach war.
    Also kein Traum.
    Was war's dann?
    An gewissen Merkmalen erkannte er, daß er sich immer noch im Château Montagne aufhielt. Aber viele Veränderungen waren doch recht kraß. Ungemein störend waren die papierenen Tapeten anstelle der Wandteppiche oder der Samtbespannung. Es gab auch weniger Gold, als Don Cristofero es gewohnt war.
    Er klatschte in die Hände. »Na warte«, knurrte er wie eine Bulldogge. »Gold zu machen hast du mir versprochen, Gnömchen. Und jetzt ist weniger da als zuvor? Daß du es wegzaubern sollst, davon war nie die Rede!«
    Er ging über Treppen und durch Korridore, schaute in dieses und jenes Zimmer und fand alles, aber auch wirklich alles verändert vor. Da waren auch Dinge, die recht seltsam aussahen und von denen er nicht wußte, was sie bedeuten sollten. Was waren das für Gegenstände? Möbel? Technik? Wenn ja, war es eine Technik, die nicht aus dieser Welt stammte. Don Cristofero gehörte nicht zu den Leuten, die alles Unbekannte und Fremde sofort als Teufelswerk verdammten. Er hatte die Schriften des René Descartes gelesen und bewunderte diesen großen Denker, dessen Überlegungen und Philosophien er für durchaus richtig hielt; er bedauerte heute noch den vor immerhin 40 Jahren erfolgten Widerruf des Galileo Galilei, der seiner Ansicht nach der Wissenschaft damals einen äußerst bösen Rückschlag zugefügt hatte. Überhaupt, die Wissenschaft machte Riesenschritte vorwärts, und es gab inzwischen Dinge, die vor ein paar Jahren noch für völlig unmöglich gehalten worden waren. Don Cristofero sah sich als durchaus aufgeklärt. Daß er sich mit einem Zauberer einließ, war dabei eine ganz andere Sache, war sein privates Hobby. Aber gerade dadurch wurde ihm immer wieder klar, daß es auch Dinge gab, die nicht immer von der Wissenschaft erklärt oder von der Philosophie untermauert werden konnten.
    Aber was Cristofero hier sah, das paßte auch nicht in sein wissenschaftlich orientiertes Weltbild.
    Ein anderes Problem, mit dem er erst einmal fertig werden mußte, war das Verschwinden aller Menschen, die er hier kannte. Er hatte doch immerhin eine ganze Menge Personal beschäftigt. Gezählt hatte er sie nie, aber ein halbes Hundert mochte es sein. Lakaien, Dienstboten, Mädchen, Köche, Burschen. Platz genug war für alle, und die konnten doch nicht alle innerhalb weniger Minuten verschwunden sein!
    Einer lief ihm endlich über den Weg. Ein hochgewachsener, schlanker Mann von greisenhaftem Aussehen, so alt, wie keiner von Cristoferos Bediensteten eigentlich sein durfte. Außerdem war er recht seltsam gekleidet. Schlichte Schuhe, wie Cristofero sie in dieser Form nie gesehen hatte, schlotternde dunkle Beinkleider, ein weißes Hemd und eine
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