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0455 - Der Zeit-Zauberer

0455 - Der Zeit-Zauberer

Titel: 0455 - Der Zeit-Zauberer
Autoren: Werner Kurt Giesa
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Schnallen, ein samtenes rotbraunes Beinkleid, ein grünes Wams mit breitem Gürtel, an dem eine Ledertasche hing, und einen roten Schulterumhang, sowie einen schwarzen Hut. An seinem Gürtel hing auch noch der Zierdegen - oder das, was andere für einen Zierdegen hielten. In Wirklichkeit war es scharf geschliffener Stahl, mit dem man mühelos selbst Knochen durchtrennen konnte, und Don Cristofero konnte vorzüglich mit dieser Klinge umgehen. Aber kaum einmal ergab sich eine Gelegenheit, die Waffe zu benutzen. Der Adel war dekadent und träge geworden, und so mancher Grünschnabel schluckte brav die schlimmsten Beleidigungen, statt den Frevler unverzüglich zum Duell zu fordern.
    So rundlich wie sein Körper - die Kleidung unterstrich diesen Eindruck noch - war auch das Gesicht des nicht besonders großen Mannes. Das nicht gerade dichte, helle Haar paßte gar nicht dazu und wurde deshalb oft von entsprechendem Kopfputz verdeckt. Eher paßte schon die rote Knollennase und die heiter funkelnden braunen Augen.
    Immerhin holte Don Cristofero bald auf. So mancher unterschätzte ihn. Auch in jener Hinsicht, was seinen Umgang betraf. Wo Don Cristofero war, war auch der schwarzhäutige Gnom nicht fern, den alle für einen Narren hielten, der keine andere Aufgabe hat, als den Adligen mit seinen Späßen zu unterhalten. Was den Begriff Narr anging - nun, Don Cristofero hatte tatsächlich einen Narren an dem kleinen schwarzen Mann gefressen. Bei der ersten Begegnung war der zwergenhaft Verwachsene mit der tiefschwarzen Haut auch ihm unheimlich und fremd gewesen, doch dann hatte Don Cristofero die einsame Seele hinter den hell leuchtenden Augen gesehen. Und er hatte den Gnom in seine Obhut genommen.
    Zu seiner freudigen Überraschung stellte er fest, daß der Gnom zwar keinen Namen zu besitzen schien, aber des Zauberns kundig war. Er hatte versprochen, Gold zu machen. Bislang war das nicht gelungen. Dafür allerlei bizarre andere Dinge. Don Cristofero nahm es leicht. Es störte ihn nicht, den Gnom auszuhalten, ohne daß der eine wirklich akzeptable Gegenleistung erbrachte, und an das Märchen vom Goldmachen glaubte er schon längst nicht mehr - wie sollte ein kleiner Zauberer das schaffen, woran aber Tausende von Alchimisten in den letzten Jahrhunderten verzweifelt waren? Viele waren Scharlatane gewesen.
    Bei dem Gnom war Don Cristofero dessen gar nicht so sicher. Ein Scharlatan? Nein. Sicher konnte er kein Gold machen, wie er's versprach, aber ebenso sicher beherrschte er die Magie tatsächlich - oder beherrschte die Magie ihn? Immerhin hatte er einige Dinge fertiggebracht, bei denen selbst ein mit den modernen Wissenschaften vertrauter und wohlbelesener Mann wie der Don ins Staunen und Grübeln geriet, weil er dafür keine Erklärung fand.
    Auf jeden Fall konnte der namenlose Gnom froh sein, daß er an Don Cristofero geraten war. Noch immer galten Hexen und Zauberer als bösartig, und noch immer loderten hier und dort Scheiterhaufen. Aber der Don war von der Harmlosigkeit des Gnoms überzeugt. Gerade weil er mit seiner tiefschwarzen Haut aussah wie der Leibhaftige, konnte er es nicht sein.
    Wenig später hatten sie das Zauberzimmer des Gnoms erreicht. Don Cristofero ließ sich ächzend in seinem Lehnsessel nieder, von welchem aus er die Experimente seines Schützlings zu beobachten pflegte. Er war gespannt, was diesmal dabei herauskommen würde.
    Honigzauber! Ha! Aus Honig Gold machen! Hatte man so etwas schon einmal gehört? Immerhin, der Gnom war um Ausreden nie verlegen. Andere schwatzten, sie wollten Gold aus Blei oder Ton machen. Aus Honig, das war neu und immerhin als erfindungsreich anzuerkennen, wenngleich der Schwarze damit auch nur seine übertriebene Naschhaftigkeit verstecken wollte.
    Breit grinsend rückte Don Cristofero seine Pfunde im Zuschauersessel zurecht. »Nun, fange Er an«, sagte er huldvoll. »Ich bin gespannt, ob ich es zu Lebzeiten noch sehe, daß der Sonnenkönig mit Ehrfurcht in Richtung von Château Montagne schaut, weil's hier mehr Gold gibt als in Versailles! An die Arbeit, Gnom!«
    ***
    Der Dämon, welcher dem Gnom einst magische Kräfte verliehen hatte, beobachtete das Geschehen. Schon längst wußte er, daß nicht alles so lief, wie es einst geplant war. Damals, als der verwachsene Zwerg zu ihm gekommen war, hatte er ihm die Macht gewährt unter der Voraussetzung, der Namenlose werde niemals einen wirklichen Freund gewinnen. Er hatte den Gnom genau studiert, wußte über seine damals erst kurze
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