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0455 - Der Lord und die Geister-Lady

0455 - Der Lord und die Geister-Lady

Titel: 0455 - Der Lord und die Geister-Lady
Autoren: Jason Dark
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spürte, daß er jetzt den Mund halten mußte. Der Lord hatte durch seine Handlung etwas in Bewegung gesetzt, das sicherlich erst noch ausreifen mußte.
    Noch geschah nichts.
    Es verging eine Minute, auch eine zweite. Als die dritte anbrach, begann der Lord zu sprechen. Und er redete nicht seinen Diener an, sondern sprach mit der Toten.
    »Hallo Mary, hörst du mich? Hörst du meine Stimme? Wenn ja, gib bitte Antwort.«
    Es blieb still. Nur das Atmen der beiden Männer war zu hören.
    Butler Gilbert hatte Mühe, das Klappern der Zähne zu unterdrücken. Er wäre am liebsten weggelaufen, wußte aber, daß der Lord ihm dies bestimmt übelgenommen hätte.
    So blieb er und schaute auch weiterhin zu, was alles passierte. Der Lord gab nicht auf. Er redete weiterhin auf die Tote ein, um ihr eine Antwort zu entlocken.
    »Mary, melde dich. Komm wieder zu dir. Ich weiß, daß du es schaffen kannst. Ich weiß es. Tauche aus den Tiefen des Vergessens hervor. Zeig mir, daß ich recht hatte.«
    Der ist wahnsinnig, dachte Gilbert. Bei dem muß eine Schraube locker sein, anders ist es nicht zu erklären… Eine Stimme unterbrach seine Gedanken. Es war nicht Lord Danfords Stimme, dafür die einer Frau.
    Fragend, leise und stockend. »Peter, bist du es?«
    Gilbert hätte schreien können, als er die wispernden Worte vernahm. Lady Mary, die Tote, hatte gesprochen…
    ***
    Seit fünf Tagen lag sie unter der Erde. Sie konnte nicht mehr leben, und doch war es ihr möglich, mit ihrem Mann zu sprechen, ihm eine Antwort auf seine Frage zu geben.
    Der Lord schaute seinen Butler an.
    Gilbert schüttelte den Kopf. »Ich… ich habe mich doch nicht getäuscht, Sir, oder? Sie … sie hat gesprochen. Ihre tote Gemahlin hat geredet.« Gilbert hörte sich selbst sprechen, aber er hatte das Gefühl, als würde ein Roboter reden.
    Peter Danford lächelte nur. »Kommen Sie näher, mein Lieber. Treten Sie an den Rand des Grabes und schauen Sie mir zu, was sich hier abspielt. Sie sollen Zeuge eines gewaltigen Vorgangs werden, denn ich habe es geschafft, Tote zu erwecken. Meine jahrelangen Forschungen sind endlich von einem Erfolg gekrönt worden. Los, zögern Sie nicht länger. Kommen Sie und schauen Sie sich Lady Mary Danford an. Sie werden begeistert sein, Gilbert.«
    Der Butler konnte sich nicht daran erinnern, jemals im Leben so weiche Knie gehabt zu haben. Sie zitterten auch noch, als er sich in Bewegung setzte und so dicht am Grab stoppte, daß er direkt hineinblicken konnte.
    Er sah sie.
    Nicht nur ihre Augen waren geöffnet, auch der Mund, und er sah das Schimmern der Zähne. Sah so eine Tote aus, die fünf Tage im Grab gelegen hatte?
    Daran wollte er einfach nicht glauben. Diese Frau glich mehr einem Menschen, der sehr lange geschlafen hatte.
    Jetzt erst wurde ihm bewußt, daß sie nicht einmal ein richtiges Leichenhemd trug. Lady Mary Danford war in einem kostbaren Kleid in den Sarg gelegt worden, alles Dinge, auf die der Butler vor Tagen nicht geachtet hatte.
    »Wir sind wieder zu dritt«, erklärte Lord Danford. »Damit müssen Sie sich vertraut machen, Gilbert.«
    Der Diener schluckte. »Dann… dann lebt sie also wirklich?«
    »Ja. Hörten Sie nicht ihre Stimme.«
    »Schon, aber ich konnte es nicht…«
    »Aber Gilbert«, flüsterte die »Tote« plötzlich. »Seit wann sind Sie so ängstlich? Wollen Sie mir nicht aus dem Sarg helfen? Ich möchte nicht mehr hier liegen. Es ist so kalt…«
    Der Butler bekam das große Zittern. Er schluckte, er öffnete den Mund, er wurde bleich und wäre am liebsten im Erdboden versunken und nie mehr zurückgekehrt.
    »Haben Sie die Worte meiner Gattin nicht gehört, Gilbert?« fragte der Lord.
    »Schon…«
    »Dann tun Sie ihr auch den Gefallen.«
    Die Lady hatte die Unterhaltung zwischen den beiden Männern mitbekommen und reagierte auf ihre Art. Den linken Arm, der bisher dicht an ihrem Körper gelegen hatte, hob sie an, damit der Butler nach ihrer Hand fassen konnte.
    »Bitte, Gilbert!«
    Ich denke an nichts, ich schließe die Augen, dann geht alles vorbei, sagte er sich. Dennoch blinzelte er, da er die Hand der Lady nicht verfehlen wollte.
    Als er Kontakt bekam, zuckte er zusammen, denn er fühlte die Kälte, die von dieser Hand ausging. Sie war schlimm, als hätte er eine Tote angefaßt.
    »Du bebst ja, Gilbert…«
    »Ja, Lady, ja!« Er öffnete jetzt die Augen und schaute in ihr Gesicht mit den großen, dunklen Augen, die einen spöttischen Ausdruck bekommen hatten. Noch einmal riß er sich zusammen
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