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0454 - Der blutrote Zauberteppich

0454 - Der blutrote Zauberteppich

Titel: 0454 - Der blutrote Zauberteppich
Autoren: Jason Dark
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Er war ein hagerer Mann, der einen dunkelgrauen Kaftan trug. Der Saum des Kleidungsstücks scheuerte über die Riemen seiner Sandalen.
    »Ja, breite ihn aus!«
    »Sehr wohl, Efendi!« Der Vertraute beugte sich nieder und rollte den Teppich vorsichtig aus, so daß dieser mit keiner Seite die Fußspitze des Kalifen berührte.
    Er war länger als breit. Dennoch würden die drei Zauberer hineinpassen, das wußte der Kalif genau.
    Als sein Vertrauter die Arbeit beendet hatte und zurückgetreten war, fragte er: »Wo sind sie?«
    Der Vertraute drehte sich um und wies den Weg zurück. »Ich sehe bereits die Fackelträger. Sie schaffen die Zauberer heran. Dem Schicksal können sie nicht mehr entgehen.«
    »Das hoffe ich auch.«
    »Sehr wohl, Efendi!«
    Der Kalif wartete ab, bis sich die Leibwächter genähert hatten. Sie trugen nicht nur Fackeln, sondern auch große Eisenzangen, deren Backen eng um die Hälse der Zauberer lagen.
    Es glich schon einem Wunder, daß sich die Zauberer überhaupt noch auf den Beinen halten konnten.
    Sie stolperten mehr, als daß sie gingen, der Staub umwallte ihre Füße in kleinen Wolken. Ihre Kleidung bestand nur mehr aus alten Lumpen. Auf der Haut waren die Wunden zu sehen, oft bedeckt von eitrigen Schichten oder umgeben von Blutkrusten.
    Die Folterknechte hatten kein Pardon gekannt.
    Vor dem Teppich mußten sie stoppen. Nur er lag jetzt noch zwischen ihnen und dem Kalifen.
    Der Herrscher reckte sich. Er war etwas klein geraten. Immer wenn er sprach, stellte er sich auf die Zehenspitzen. »Ich habe mein Urteil gesprochen«, erklärte er, »und ich werde kein Wort von dem zurücknehmen, was ich gesagt habe. Euer Schicksal ist besiegelt. Ihr werdet bei lebendigem Leibe eingemauert.«
    Die Zauberer waren nicht in der Lage, eine Antwort zu geben. Vor Schwäche, vor Durst, vor Erschöpfung. Als die drei Aufpasser auf einen Wink des Kalifen, hin die Zangen öffneten, sackten die Verurteilten in die Knie und fielen nach vorn.
    Auf dem Teppich blieben sie liegen.
    Sie begruben ihre Gesichter, hielten die Arme ausgestreckt und die Finger gekrümmt, als suchten sie Halt.
    Der Kalif hatte trotzdem so gut wie keine Ruhe. Er schüttelte sich einige Male. Mit wirren Bewegungen gab er seinen Helfern zu verstehen, endlich zur Sache zu kommen.
    Die Kräftigsten unter ihnen stellten ihre Fackeln zur Seite und machten sich an die Arbeit. Sie wickelten die drei völlig erschöpften Zauberer in den Teppich.
    Zuschauer gab es genug. Selbst die Frauen und Kindern hatten die Stadt verlassen. Sie standen neben den Männern im Steinbruch und blickten in das von Fackelschein beleuchtete Gelände, wo die Tat ausgeführt werden sollte.
    Die Männer brauchten sich nicht allzu sehr anzustrengen, um ihre Aufgabe zu lösen. Kaum hatten sie die Zauberer in- den großen Teppich gewickelt, hoben sie ihn an und schoben ihn mit der menschlichen Last in das flache Grab hinein.
    Der Kalif schaute zu. In seinen Augen lag ein zufriedener Ausdruck. Vor ihnen brauchte er sich nicht mehr zu fürchten. Den Schweiß seiner Hände wischte er an seiner Kleidung ab. Seine Lippen zuckten, als er lächelte und andere herbeiwinkte, die in seinem Palast als Steinmetze arbeiteten.
    Sie sollten das Grab schließen, zumauern…
    Die Steinmetze hatten bereits vorgearbeitet und die entsprechenden Steine angefertigt. Nur an wenigen Kanten mußten sie noch zugepaßt werden.
    Das helle Hämmern klang durch den Steinbruch und erreichte auch die Ohren der Zuschauer.
    Niemand ging. Jeder wollte sehen, wie auch der letzte Stein eingesetzt wurde. Nach wenigen Schlägen war das Grab dicht.
    Die Steinmetze waren mit ihrer Arbeit zufrieden und traten zurück. Sie hatten kaum den ersten Schritt hinter sich gebracht, als sie alle das harte und gleichzeitig dumpfe Lachen hörten, das aus dem verschlossenen Grab klang.
    Entsetzen packte die Zuschauer. Selbst der Kalif wurde bleich und duckte sich, als hätte er einen Schlag mit der Peitsche bekommen. Er starrte auf das Grab, aus dem noch immer das Lachen klang.
    Und er wußte in diesem Augenblick, daß er nicht gesiegt hatte.
    Was sollte er tun?
    Er wußte, daß man von ihm eine Reaktion erwartete. Vielleicht hätte er das Grab noch einmal öffnen sollen, um die Zauberer zu töten, darauf verzichtete er jedoch.
    Statt dessen gab er seinen Leibwächtern ein Zeichen und stieg in die Sänfte.
    Als erster ließ er sich von der unheimlichen Stätte forttragen, noch immer begleitet vom Lachen der Menschen, die den Tod wohl
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