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0454 - Der blutrote Zauberteppich

0454 - Der blutrote Zauberteppich

Titel: 0454 - Der blutrote Zauberteppich
Autoren: Jason Dark
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feststellte, daß von oben kalte Luft hereinwehte.
    Ein Fenster oder eine Tür schien oben offen zu sein.
    Ich sah beides nicht und ging weiter. Natürlich achtete ich darauf, möglichst lautlos voranzukommen, und mein Blick war praktisch überall, den ersten heimtückischen Angriff hatte ich nicht vergessen.
    Mein Gegner hielt sich zurück. Ich erreichte die Spitze des Turms und damit eine kleine Galerie, in der einmal Bilder gehangen hatten. Von einem Bild war nur mehr der Rahmen vorhanden. Er leuchtete silbriggold.
    Als ich nach links schaute, spürte ich wieder den Luftzug. Er strich über meine Wangen, als wollte er den Schweiß auf ihnen trocknen. Nachdem ich zwei Schritte auf ihn zugegangen war, erkannte ich die Tür, die nicht geschlossen war, vielleicht armbreit offenstand, vom Wind bewegt wurde, so daß die kühlere Nachtluft in das Turminnere fächern konnte. Der Abbé hatte etwas von einem märchenhaften Gegenstand erzählt, aber in diesem leeren Museum hatte ich nichts entdecken können, bis auf diesen leeren Bilderrahmen.
    Er konnte meiner Ansicht nach nicht von dem Abbé gemeint worden sein. Sicherlich stand die Tür nicht umsonst offen. Die mußte jemand aufgezogen haben, um mir den Weg zu weisen.
    Ich nahm die Herausforderung an und ging auf die Tür zu. Was dahinter lag, darüber konnte ich nur spekulieren. Vielleicht war sie eine Falle. Man trat hindurch und direkt ins Leere. Rechnen mußte ich mit allem, besonders bei einem Turm.
    Die Tür bestand aus Holz. Ich umklammerte mit der Rechten die Kante und zog sie vorsichtig auf.
    Der Turm war hoch, er stand ziemlich frei, der Wind blies nicht nur gegen das Gemäuer, sondern auch gegen die Tür, so daß ich Mühe hatte, sie zu halten. Auch meine Haare wehten hoch, als ich den Kopf ins Freie streckte.
    Zu sehen war nicht viel. Ein dunkler Himmel, in der Ferne nur erhellt vom Lichterglanz der Millionenstadt an der Seine. Der Widerschein zeigte zahlreiche Farben, die sich auf dem Himmel verteilten, ineinander eintauchten und einen bunten Mischmasch bildeten.
    Eine Stadt wie Paris kommt nie zur Ruhe. Auch jetzt noch vernahm ich das ferne Brummen des Verkehrslärms, der als ewiger Pegel über den Dächern der Häuser lag.
    Ins Leere trat ich nicht. Um den Turm herum verlief ein schmaler Rand, der von einem Menschen durchaus begehbar war. Ich trat vorsichtig hinaus, wieder peitschte Wind gegen mich, und fast zum Greifen nah, wenn auch unter mir, sah ich die Dächer der anderen Häuser.
    Bei Tageslicht hätte ein Maler herrliche Studien treiben können. Das Bild mußte wunderbar sein.
    Die alten Pariser Häuser, zusammengewachsen, hin und wieder versetzt, trotzdem miteinander verbunden. Unter mir ein schattenhaftes Gemälde aus Dächern. Manche sehr schräg, andere flach, wiederum welche, die aussahen wie schräg laufende Plattformen. Alte Dachrinnen, Kamine, die in den Himmel glotzten, mal ein Lichtschimmer oder ein Streifen, der über die Dächer huschte, als wollte er sich nicht trauen, gegen das Dunkel anzukämpfen.
    Hinzu kam der Geruch, der aus den Straßenschluchten emporstieg. Der Tag war warm gewesen, ein Herbsttag im September, Paris hatte gelebt und gekocht und atmete nun aus. Selbst den Benzingeruch empfand ich als nicht so arg. Er paßte irgendwie dazu.
    Wo war das Märchenhafte, von dem der Abbé am Telefon gesprochen hatte? War es mir bereits begegnet, als man mich angegriffen hatte? So recht konnte ich daran nicht glauben.
    Da es mir hier oben zu dunkel war, holte ich die Lampe hervor und leuchtete.
    Ich befand mich auf einem Wehrgang, der den Turm umkreiste. Gemauert aus ebenfalls dicken Steinen und versehen mit einer Brüstung. Die allerdings war ziemlich niedrig gehalten, so daß die Gefahr, in die Tiefe zu fallen, nicht einmal so gering war.
    Nacht in Paris. Ich stand über den Dächern, sah dieses Spiel aus Dunkelheit und wanderndem Licht unter mir, wenn die Wagen mit eingeschalteten Scheinwerfern durch die Straßen und Avenues fuhren, war fasziniert und vergaß die erste Warnung.
    Bis ich das Brausen hörte.
    Wie beim erstenmal, nur stand ich jetzt im Freien und bekam auch nicht genau mit, aus welch einer Richtung es an meine Ohren drang. Auf der Stelle drehte ich mich, berührte noch mit dem Beckenknochen die Steinbrüstung und sah den Schatten auf mich zufallen.
    Ich riß den Arm mit der Leuchte hoch, der Strahl traf, und ich hatte das Gefühl, in einem Märchen zu stehen.
    Der Abbé hatte nicht gelogen. Etwas tatsächlich
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