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0450 - Sukos Totenfeier

0450 - Sukos Totenfeier

Titel: 0450 - Sukos Totenfeier
Autoren: Jason Dark
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der andere es nicht sehen konnte. »Sicher!« hauchte sie schließlich. »Sicher, ich habe es mir besorgt, wie du es mir gesagt hast.«
    »Weiß er davon?«
    »Nein, ich habe es ihm nicht gesagt. Er… er weiß nichts. Das hatte ich dir versprochen.«
    »Dann ist es gut, meine Liebe. Er darf nichts wissen. Das geht nur uns beide etwas an. Hörst du?«
    »Natürlich.«
    »Und jetzt wirst du genau das tun, was ich dir sage. Du gehst in dein Zimmer, ziehst dich aus und das neue Leichenhemd über. Es wird dir bestimmt gut gefallen, denn du bist ja die Hauptperson unserer Totenfeier. Streife es über, gewöhne dich an den herrlichen Stoff auf deiner glatten Haut. Danach wirst du ungesehen das Haus verlassen. Fahre mit dem Fahrstuhl bis in die Tiefgarage. Dort werden dich meine Freunde erwarten, hörst du?«
    »Ja…« Dünn hatte die Antwort geklungen. »Woran erkenne ich deine Freunde?«
    »Sie machen sich schon bemerkbar.« Ein leises Klacken in der Leitung zeigte an, dass der unbekannte Anrufer aufgelegt hatte.
    Jetzt hätte Shao die Chance gehabt, alles hinzuwerfen, sich um Grad zu drehen, doch sie tat es nicht. Sie legte zwar ebenfalls auf, aber sie schritt mit steifen Bewegungen der Schlafzimmertür entgegen und drückte sie auf.
    Ihr Blick fiel auf das breite Bett. Es war kein eigentliches Doppelbett, man nannte es ein Französisches Bett. Dort schliefen Suko und sie. Nur flüchtig dachte sie an ihren Partner. Er war plötzlich so unwichtig geworden, für sie zählten andere Dinge.
    Einen kurzen Blick warf sie aus dem Fenster. Über London lag noch nicht die Dunkelheit, aber ein grauer Himmel. Es war schwül geworden, und ein Gewitter braute sich zusammen.
    Shao bückte sich, bis sie den Bettkasten erreichte und ihn aufzog. Sie hatte innerhalb der Öffnung nicht allein die Bettwäsche untergebracht, auch das Leichenhemd lag dort.
    Suko wusste davon nichts. Heimlich hatte sie es besorgt, hob es hoch, faltete es auseinander und legte es vorsichtig auf das Bett, um es sich anzuschauen.
    Es war schneeweiß, bestand aus einem teuren Material und besaß unterhalb des freizügigen Dekolletes eine Knopfleiste, die von Shao aufgeknöpft wurde.
    Dann stieg sie aus ihrer Kleidung. Die gelbe Hose legte sie ebenso ab wie den grünen, locker fallenden Pullover. Einen BH trug und brauchte sie nicht. Den weißen Slip behielt sie an.
    Shao warf ihre dunkle Haarflut zurück. So gut wie unbekleidet wirkte sie wie die Reinkarnation einer exotischen Göttin, was irgendwie auch stimmte, denn die Chinesin war die letzte Frau in der langen Ahnenreihe der Sonnengöttin Amaterasu.
    An den Schultern hob Shao das Leichenhemd an. Sie dachte daran, wie erstaunt der Verkäufer geschaut hatte, als sie es in dem chinesischen Geschäft erworben hatte. Aber sie hatte von einer Verwandten gesprochen, die ums Leben gekommen war.
    Shao streifte es über. Sie bewegte sich dabei grazil und mit einer Natürlichkeit, die angeboren war. Die kühle Seide hinterließ auf ihrer warmen Haut ein prickelndes Gefühl. Es passte eher zu einer erotischen Spannung, als zu dem, was sie vorhatte.
    Es würde der letzte Weg in ihrem Leben werden, denn sie musste dem Schicksal Tribut zollen.
    Das Leichenhemd reichte bis an die Waden. Shao suchte auch weiße Schuhe aus, die auf einem Schuhbrett im Schrank ihren Platz gefunden hatten und schmale Absätze besaßen.
    Dann verließ sie das Schlafzimmer. Als die Tür mit einem entsprechenden Laut ins Schloss fiel, zuckte es um ihre Lippen, denn auch diese Tür würde sie nie mehr öffnen.
    Wie eine Schlafwandlerin schritt sie durch den Raum. Sie sah die Möbelstücke, die sie und ihr Partner Suko gemeinsam erworben hatten, aber sie blickte einfach darüber hinweg. Die Chinesin hatte damit bereits abgeschlossen.
    Dieses Kapitel gehörte der Vergangenheit an.
    Bevor Shao die Tür zum Flur öffnen konnte, schrillte wieder das Telefon.
    Diesmal läutete es anders. Normal, wie sie meinte, trotzdem wollte sie nicht abheben.
    Mit einem heftigen Ruck öffnete Shao die Tür zum Flur. Diese letzte Handlung hatte etwas Entschlossenes gehabt. Sie hatte sich einmal etwas vorgenommen, von dem sie auf keinen Fall abweichen würde. Sie musste den Weg gehen.
    Der Flur war schmal. Eine Garderobe, bestehend aus einem Spiegel, der Ablagebank und Haken, passte soeben an die Wand, und es war auch noch genügend Platz vorhanden, dass sich jemand umziehen konnte.
    Ein sommerlich dünner Mantel hing wie eine matte Fahne nach unten.
    Ihre Hand zuckte
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