Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0450 - Der Fürst der Finsternis

0450 - Der Fürst der Finsternis

Titel: 0450 - Der Fürst der Finsternis
Autoren: Werner Kurt Giesa
Vom Netzwerk:
ausgeschaltet?« stieß er hervor. Er haßte seinen Nachfolger. Er hatte ihn immer gehaßt. Aber Leonardo deMontagne war zu stark gewesen. Asmodis hatte immer versucht, ihn zu blockieren und ihm Steine in den Weg zu legen, doch Leonardo war seinen Weg gegangen. Und er hatte die Machtposition erreicht, die er sich von Anfang an erträumt hatte, schon in seinem ersten Leben, als er als Ritter am Kreuzzug zur Befreiung Jerusalems teilnahm.
    »Weißt du… ahnst du, wer sein Nachfolger wird?« keuchte Sid Amos erregt. »Sag es mir.«
    »Ich… ich kann es nicht sehen, dunkler Bruder«, murmelte Merlin. »Geh in den Saal des Wissens ! Vertrau dich seiner Magie an. Du verträgst sie, ich weiß es besser als du. Doch ich selbst… kann dir nicht mehr sagen. Meine Kräfte… werden für etwas anderes gebraucht…«
    Sid Amos preßte die dünnen Lippen zusammen. Dann fuhr er herum und verließ das Zimmer, um Merlins Rat zu befolgen. Der Zauberer von Avalon blieb allein zurück.
    Er wurde von Ahnungen geplagt, aber die konnte er seinem dunklen Bruder nicht mitteilen.
    Vielleicht wäre Sid Amos durchgedreht und zum Amokläufer geworden, wenn er von diesen Ahnungen erfuhr, die den neuen Fürsten der Finsternis betrafen…
    Merlin, der Uralte, fühlte sich unendlich einsam.
    ***
    Baton Rouge, US-Bundesstaat Louisiana
    Ein junger Mann, mittelgroß, feingliedrig, mit halblangem, mittelblondem Haar schlenderte durch die Straßen des Hafenviertels der Hauptstadt. Er wußte nicht genau, was ihn hierher gezogen hatte. Er folgte einfach nur seinem Gefühl. Zwischenzeitlich hatte er sich den Hafen angesehen und die hektische Betriebsamkeit entlang des Mississippi, er hatte unzählige Stechinsekten erschlagen, die sein Blut auszusaugen versuchten, bis ihm das lästig wurde und er sich eine Aura gab, die die Insekten vertrieb. Von da an hatte er seine Ruhe.
    Die Lärmbelästigung war eine andere Sache.
    Er war in der Einsamkeit aufgewachsen, in unberührter Natur. Diese pulsierende Stadt mit ihren rund 220.000 Einwohnern war eine völlig neue Erfahrung für ihn. Nie zuvor hatte er so viele Menschen an einem Ort gesehen. So viele Autos, die sich in den Straßen stauten, die Abgase in die Luft schleuderten und das Atmen erschwerten, deren Fahrer sich gegenseitig anhupten und beschimpften. Riesige Häuser, Lokale mit bunten Reklamen, aus deren Türen schon zur Vormittagsstunde Jazzmusik auf die Straße hinaus tönte. Buntgekleidete Menschen, von denen viele Neger oder Mischlinge waren, Baton Rouge war schon immer ein Schmelztiegel gewesen, und für einen jungen Mann wie Julian Peters die Möglichkeit, so viele Facetten menschlichen Daseins wie möglich vorzufinden.
    Aus der Theorie kannte er alles. Aber die Praxis sah doch anders aus. Nach dem siebten Taschendieb hatte er aufgehört zu zählen, wie oft jemand versuchte, ihn zu berauben. Jedesmal war der Dieb gescheitert, weil Julian diese Versuche schon im Ansatz bemerkte und den jeweiligen Dieb mental beeinflußte, so daß er von seinem Vorhaben abließ. Anfangs war es amüsant gewesen, inzwischen nur noch ermüdend langweilig.
    Der Fluß hatte Julian kaum weniger beeindruckt als die Stadt, die sich in eine Flußschleife hineinbog. Julian wußte mittlerweile, daß das Versteck, in dem er aufgewachsen war, in eben diesem Bundesstaat gelegen hatte, in den Mangrovenwäldern zwischen den Bayous, in der Wildnis unbesiedelten Landes. Vielleicht hatte es ihn unterbewußt deshalb nach der Auflösung seiner Traumwelt hierher verschlagen; er wußte es nicht sicher und wollte es auch nicht ergründen. Aber daß nur ein paar hundert Meilen von seinem Jugendversteck entfernt eine solche Riesenstadt existierte, überraschte ihn schon sehr.
    Der Mississippi-Strom war annähernd so breit wie Julians Jugend-Revier im Dschungel…
    ... und die Stadt war gigantisch!
    Was will ich hier eigentlich? fragte er sich immer wieder und setzte trotzdem weiter einen Fuß vor den anderen. Er blieb im Hafenviertel und bog in eine Seitenstraße ab. Mietshäuser reckten hier ihre Fassaden in den blauen Himmel. An den Straßen parkten Autos, die anderswo wahrscheinlich verschrottet worden wären. Manche waren beschädigt, viele nicht einmal mehr fahrbereit und standen hier wohl nur noch zum Ausschlachten. Hier fehlte eine Tür, dort Fenstergläser, beim nächsten Scheinwerfer oder Räder… dazwischen standen Mülltonnen, andere waren umgekippt worden, und der Unrat verteilte sich über den Gehweg. Dazwischen spielten Kinder
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher