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0446 - Höllenfrost

0446 - Höllenfrost

Titel: 0446 - Höllenfrost
Autoren: Werner Kurt Giesa
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jetzt abermals versuchte, die Macht an sich zu reißen. Diesen Erzrivalen aus alter Zeit.
    Aber wie sollte er diese Silberscheibe zerstören?
    Er wußte es nicht.
    Er fühlte sich hilflos und bedroht wie kaum jemals zuvor in seinem langem, seltsamen Leben als Mensch und Dämon.
    Er brauchte Hilfe…
    ***
    »Wo ist Julian?« stieß Uschi hervor. »Hat einer von euch ihn gesehen?«
    »Vielleicht hat er sich in seiner Seitenhöhle verkrochen, um zu schlafen«, vermutete ihre Schwester. Sie hatte zwei ihrer Hemden übereinander gezogen, aber es war dennoch zu kühl für sie. Die Höhle besaß so gut wie keine Möglichkeit, sie zu beheizen. Zwar drang die draußen vorherrschende Winterkälte nicht bis hier herein, aber dennoch merkte man die Jahreszeit. In ihrem vorherigen Versteck schien entweder Sommer und Spätsommer gewesen zu sein, oder es befand sich in einer geografischen Lage, die ständig höhere Temperaturen aufwies. Hinzu kam, daß sowohl Monica als auch Uschi nicht auf niedrige Temperaturen eingerichtet waren. Ihnen fehlte wärmende Winterkleidung - abgesehen davon, daß sie es normalerweise ohnehin vorzogen, so weit wie möglich auf Kleidung zu verzichten.
    Auch in ihrem Versteck hatten sie sich die meiste Zeit über unbekleidet bewegt - und erst wieder damit begonnen, sich anzuziehen, als Julian in seiner rasend schnellen Entwicklungsphase allmählich die Pubertät erreichte.
    Und nun war er in der kühlen Höhle nicht aufzufinden. Mit Taschenlampen suchten die beiden die Seitenhöhlen ab, konnten den Jungen aber nirgendwo entdecken.
    »Er ist wohl draußen«, sagte Rob Tendyke, der überaschend zwischen sie trat. Sie hatten seine Annäherung nicht bemerkt. »Ich sah ihn zuletzt, als er sich in Richtung Höhlenausgang bewegte.«
    »Aber was will er da? Er könnte entdeckt werden…«
    »Nicht in dieser Einsamkeit. Und wenn er so dumm ist, trotz der Warnung Spuren im Schnee zu hinterlassen, wechseln wir das Versteck halt abermals, aber dann wird er die Klamotten schleppen. Und zwar alle, und allein, damit er auch etwas von seinem Leichtsinn hat.«
    »Vielleicht ist er auch wieder dorthin gegangen, wohin er schon einige Male verschwunden ist«, überlegte Monica.
    »Hier? Wir sind mit Sicherheit ein paar tausend Kilometer entfernt…«
    »Wer sagt uns, daß Entfernungen für ihn eine Rolle spielen?« gab Monica zurück.
    »Ich schaue mal vor der Höhle nach«, sagte Tendyke. »Wenn er Spuren macht, wird er zusehen müssen, wie er die Situation wieder ins Lot bringt, okay?« Er setzte sich in Bewegung und verschwand in dem dunklen Gang, der nach draußen führte.
    Uschi schlang die Arme fest um ihren Oberkörper. »Ich hoffe fest, daß wir in ein drittes Versteck wechseln müssen«, sagte sie. »Es ist hier, verflixt noch mal, entschieden zu kalt. Sag mal, Moni, hast du eine Ahnung, wieviele dieser Verstecke Rob damals angelegt hat?«
    »Da wirst du ihn wohl selbst fragen müssen«, erwiderte ihre Schwester. »Ich will’s auch gar nicht wissen. Ich will, daß wir so bald wie möglich wieder unter Menschen kommen. So unheimlich mir Julians schnelles Wachstum auch ist - um so eher können wir wieder in die Zivilisation zurück. Weißt du, was heute im Kino läuft?«
    ***
    Briggs rannte. Er keuchte verzweifelt. Die frostkalte Luft, hastig eingeatmet, stach schmerzhaft in seine Lungen, weil sie nicht gut genug von der Nase vorgewärmt werden konnte. Phil Briggs hechelte und atmete durch den Mund. Er wußte, daß das nicht gut für ihn war, daß er sich auf diese Weise eine schwere Erkältung holen würde. Aber lieber das, als von der Sichel dieses Skelettreiters niedergemäht zu werden.
    Der lautlose Geisterreiter holte immer mehr auf. Er war jetzt schon so nahe hinter Briggs, daß der Trapper die Wärme der Funken zu fühlen glaubte, die aus den Nüstern des schwarzen Pferdes sprühten. Er versuchte zwischen dichten Bäumen mit hängenden Ästen einen Zickzackkurs zu laufen, doch der Unheimliche ließ sich nicht abschütteln. Er glitt aufrecht durch die schneebedeckten Äste hindurch, als seien sie nicht existent. Trotzdem wußte Briggs, daß da keine Wahnvorstellung hinter ihm ritt, sondern der Tod selbst. Und wie nahe er schon gekommen war.
    Briggs stolperte. Er konnte nicht mehr weiter. Er schaffte es nicht einmal mehr, sich aufzurichten. Er rollte durch den Schnee, sah den Skelett-Reiter unmittelbar vor sich und riß noch einmal das Gewehr hoch, jagte in schneller Folge drei Kugeln in den Leib des schwarzen
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