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0440 - Mein letzter Fall?

0440 - Mein letzter Fall?

Titel: 0440 - Mein letzter Fall?
Autoren: Jason Dark
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Jungen hoch. Peter stand jedoch nicht aus dem Bett auf, er blieb in seiner sitzenden Haltung, aber mit offenem Mund.
    Und er begann zu schreien.
    Es war furchtbar. Zunächst leise nur, fast wimmernd oder jaulend, dann verstärkt, übergehend in ein Heulen, als hätte ein Wolf Angst, von der Kugel eines Jägers getroffen zu werden. Das waren keine menschlichen Laute mehr!
    Aus diesem Schrei des Jungen sprach vieles, doch alle Eigenschaften konnte man meiner Ansicht nach mit einem einzigen Begriff umschreiben.
    Todesangst!
    Er lebte, er schlief, er träumte, und er mußte, wenn man diesen Schrei korrekt interpretierte, Todesängste ausstehen.
    Noch immer hielt sich seine Mutter neben mir auf. Ihr Griff an meiner Schulter war schmerzhafter geworden. Die Fingerkuppen gruben sich hart in das Fleisch über dem Knochen und drückten es zusammen. »So war es immer!« rief sie, um das Schreien zu übertönen. »So war es immer. Nächtelang habe ich mir das anhören müssen. Einfach furchtbar.«
    Ich nickte. Neben mir wendete Lilian ihren Blick ab. Ihre Schultern bebten. Dieses Schreien anzuhören, war schon für mich fürchterlich. Wie schlimm mußte es dann erst für die Frau sein, deren erogener Sohn da Qualen litt.
    Nach wie vor saß er aufrecht im Bett. In einer steifen Haltung, den Rücken durchgedrückt, die Augen verdreht, den Mund weit geöffnet. Er sah aus wie jemand, der irgendwohin starrte und ein Bild sah, das nur er erkennen konnte.
    Vielleicht hatte er diesen Alptraum. Möglicherweise sah er schreckliche Szenen, die sein eigenes Unterbewußtsein hochspülten. Es konnte auch sein, daß er in einer Erinnerung lebte und von irgendeinem Dämon geleitet wurde.
    Diese Möglichkeit erschien mir wahrscheinlicher. Von seiner Mutter wußte ich, daß sein Schreien erst verstummte, wenn eine Stimme das Wort aufhören gerufen hatte.
    Wer dieser Mann war, zu dem die dumpfe Stimme gehörte, wußte die Frau nicht. Sie hatte sie nie zuvor gehört, nur dann, als ihr Sohn so laut brüllte.
    Ich wunderte mich über die Energie, die in dem Jungen steckte. Ein anderer, auch ein Erwachsener, wäre längst zusammengebrochen. Noch immer jagte mir sein Schreien Schauer über den Rücken. Ich wußte nicht, wieviel Zeit vergangen war, doch bei diesem furchtbaren Erlebnis kommt einem jede Sekunde doppelt so lang vor.
    Lilian Whyler weinte. Sie hielt die gekrümmte Hand vor die Augen gepreßt. Ihr Schluchzen klang trocken. Einige Male mußte sie hart schlucken, dann wiederum schüttelte sie den Kopf, als könnte sie all diesen Schrecken nicht fassen.
    Peter schrie in einem fort. Die Tonlage hatte sich verändert. Sie war um eine Oktave nach unten gerutscht, aber die kalte Haut auf meinem Rücken blieb nach wie vor.
    Nur wenige Menschen konnten so schreien. Und wenn sie es taten, zerplatzten manchmal die Gläser in ihrer unmittelbaren Umgebung. Hier war nichts dergleichen geschehen. Vielleicht hatte die Mutter auch alles Glas aus dem Zimmer entfernt.
    Allmählich nur klang es ab. Die hohen Töne verschwanden. Peter bewegte sich jetzt. Seine Hände glitten über die Decke. Die Finger hatte er gekrümmt.
    Ähnlich wie eine Katze mit ihren Krallen, so kratzte er über den Stoff.
    Ich wurde das Gefühl nicht los, daß er aufhören wollte zu schreien, es aber nicht konnte, weil die für mich unbekannte Kraft stärker war und ihn noch immer antrieb.
    »Gleich«, sagte Lilian Whyler und faßte noch fester zu. »Gleich ist es soweit.«
    »Die Stimme?«
    Sie nickte mit zusammengepreßten Lippen und sah sich danach im Zimmer um, als würde der Rufer dort bereits stehen und nur darauf warten, das eine Wort zu rufen.
    Lilian Whyler verkrampfte sich. Ihr Gesicht war verzerrt. Sie duckte sich und preßte ihre Bemerkung hervor.
    »Jetzt!«
    Und sie hatte recht.
    Aus dem Zimmer, von der Decke, aus allen Wänden und sogar aus dem Fußboden dröhnte die unheimlich klingende Stimme, die meine Gänsehaut noch verstärkte.
    »Aufhören!«
    Es war nicht der Klang der Stimme, die mich so hatte reagieren lassen, sondern das Wissen um den Rufer.
    Ich kannte ihn, hatte oft genug mit ihm im Kampf gelegen, denn er war mein Todfeind.
    Asmodis hatte den Befehl gegeben!
    ***
    Oder auch der Teufel!
    Beide waren identisch. Man hätte auch Satan sagen können oder Scheitan. Auch Höllenprinz wäre nicht falsch gewesen, und ich konnte nur nicken, was Lilian Whyler nicht entging.
    »Kennen Sie die Stimme?« Sie hatte normal gesprochen, aber in der Stille klangen ihre Worte
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