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0436 - Tanz auf dem Scheiterhaufen

0436 - Tanz auf dem Scheiterhaufen

Titel: 0436 - Tanz auf dem Scheiterhaufen
Autoren: Jason Dark
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dir.«
    Genoveva stand schon an der Tür, als sie sich noch einmal umdrehte. »Und ich stehe unter dem Schutz der Großen Mutter, denn ich besorge ihr…« Die Alte hob die Hände, spreizte sie, in ihrem Gesicht zuckte die dünne Haut, und die kleinen Augen leuchteten plötzlich blau auf, als würden darin Sterne blitzen.
    »Was besorgst du ihr?« fragte Suko.
    »Nichts, laß uns gehen, dann werdet ihr alles sehen. Wollt ihr noch?« fragte sie krächzend und gleichzeitig auch lauernd.
    »Ja.«
    »Dann will ich euch sagen, daß alle, die es sehen wollten, gestorben sind.«
    »Das nehmen wir auf uns.«
    Genoveva hob die Schultern. Dann verließen sie die Hütte. Für einen Moment blieb die Alte neben der Maschine stehen, schaute sie an, stellte aber keine weiteren Fragen. Wahrscheinlich hatte sie es aufgegeben, sich zu wundern.
    Überhaupt wirkte sie mehr wie eine lebende Tote als ein normaler Mensch. Sie drehte sich nach rechts, aus ihrem Mund drangen pfeifende Geräusche, die wohl ihre gute Laune dokumentieren sollten.
    An der Schmalseite der alten Hütte gingen sie vorbei. Einen Weg gab es nicht. Der Schein aus Sukos Lampe fiel auf einen Trampelpfad. Daß die Alte des öfteren hierherging, war am zertretenen Gras deutlich zu erkennen.
    »Die geht bestimmt dorthin, wo du dieses komische Gebüsch gesehen hast, das dir vorkam wie ein Friedhof«, wisperte Shao.
    »Das ist so gut wie sicher.«
    Beide wunderten sich darüber, wie glatt und sicher sich Genoveva bewegen konnte. Sie machte überhaupt nicht den Eindruck einer alten oder kranken Frau. Zielsicher bog sie hinter dem Haus nach rechts ab, wo ein altes Faß stand.
    Vor ihnen lag jetzt der Buschgürtel. In der Nacht wirkte er wie eine dichte Wand. Sie sah so aus, als gäbe es bei ihr kein Durchkommen. Aber die hexenhaft wirkende Frau wußte, wohin sie zu gehen hatte. Auch Suko und Shao fanden die Lücke. Schon wenige Schritte später sahen sie sich von dem dichten Buschwerk umringt.
    Suko ließ die Lampe brennen. So schoben sie sich an den Zweigen der Büsche vorbei, und sie schafften es auch, den aus dem Boden wachsenden Wurzeln auszuweichen, die quer über den Weg liefen und Stolperfallen bildeten.
    Schon sehr bald lichtete sich die Umgebung und sie schauten auf das, von dem Suko gemeint hatte, es wäre ein Friedhof. Dabei war es nur ein freier Fleck oder eben eine Lichtung im Buschwerk.
    »Hier sind wir richtig!« flüsterte die Alte.
    Suko nickte und trat an sie heran. Auch Shao folgte, so daß sie die Frau in die Mitte nahmen. Sie war sehr klein und reichte ihnen nicht einmal bis zu den Schultern.
    Suko leuchtete die Lichtung aus. Das Gelände war nicht eben. Erdhaufen bedeckten es. Sie hatten die Farbe von feuchtem Lehm.
    Der Lichtfinger wanderte weiter und erfaßte auch die Gegenstände, die am Rand der Lichtung standen.
    »Das sind ja Menschen!« flüsterte Shao und hörte gleichzeitig das Kichern der Alten.
    »Noch nicht«, sagte Suko. »Ich habe das Gefühl, als wären es gewisse Modelle.« Um es genau erkennen zu können, ließ er den langen Lichtfinger an einem Modell in die Höhe wandern und traf plötzlich ein weißes Gesicht, das aussah, als wäre es mit heller Kreide eingerieben worden.
    »Das kennen wir doch«, hauchte Shao. »Ja, genau, das sind sie. Das sind die Reiter, die uns ans Leder wollten…«
    ***
    »Ja, ihr habt euch nicht geirrt. Dieses Modell ist tatsächlich ein Diener der Großen Mutter.«
    »Aber es lebt nicht.«
    »Bist du dir da sicher?« wurde Suko gefragt.
    Nein, er konnte sich nicht sicher sein und spürte in seinem Hals den dicken Kloß. Was sie hier sahen und erlebten, das mußte einfach Schwarze Magie sein.
    »Hast du uns noch mehr zu sagen?« wandte er sich an Genoveva.
    »Was wollt ihr wissen?«
    »Mehr über die Große Mutter.«
    »Sie ist gewaltig, sie ist allumfassend. Sie ist die Frau der Frauen, die Hexe der Hexen, der erste weibliche Engel, der zu Unrecht verstoßen wurde. Sie ist die Göttin der Fruchtbarkeit, sie sorgt für den Regen, die Sonne, die Saat und die Ernte. Die Große Mutter ist alles, deshalb wird sie von uns verehrt. Und da sie die Göttin der Erde ist, kann sie aus dem toten Boden Leben erschaffen. Es ist umgekehrt wie sonst. Hier entsteht aus Staub der Mensch, aber er wird nicht wieder zu Staub zerfallen, das ist sicher.«
    »Wenn du dich da mal nicht irrst«, sagte Suko.
    »Wieso?«
    »Nichts.«
    »Wie viele dieser Figuren hast du denn schon geschaffen?« fragte Shao die Alte.
    »Alle.« Sie
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