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0431 - Kathedrale der Angst

0431 - Kathedrale der Angst

Titel: 0431 - Kathedrale der Angst
Autoren: Jason Dark
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Wir haben uns ja heute noch nicht gesehen. Ein schöner Tag, nicht wahr?«
    »Ja.« Bloch schaute auf den kräftigen Wirt, der ein gemustertes Hemd trug, dessen Ärmel hochgekrempelt waren. Das dunkle Haar war längst ergraut und an einigen Stellen schon licht geworden. Dennoch machte der Mann, der sicherlich die 70 erreicht hatte, noch einen agilen Eindruck. Die Haut war braun, ein Beweis, daß sich Pierre Virni viel im Freien aufhielt.
    »Haben Sie etwas auf dem Herzen, Monsieur Bloch?« fragte er.
    »Ja.«
    »Dann würde ich Ihnen gern helfen.« Virni wollte aufstehen, sah aber, daß sein Gast abwinkte.
    »Bitte, bleiben Sie sitzen. Wenn Sie gestatten, möchte ich mich sehr gern zu Ihnen setzen.«
    »Ich habe nichts dagegen. Warten Sie, ich hole uns einen Krug Wein und räume nur den Tisch leer.« Virni nahm die Unterlagen mit hinter die Theke und verstaute sie dort in einer Schublade.
    Er zapfte den Wein aus einem großen Faß. Mit dem Krug und zwei Gläsern kam er zurück.
    »Es ist ein Rose, wie er hier gern getrunken wird. Kühl und herrlich erfrischend. Man muß ihn aus diesen Tonbechern genießen.« Er schenkte ein.
    Bloch nahm sein Glas entgegen. Die beiden Männer stießen an und tranken. Gemeinsam setzten sie die Gläser auch wieder ab. Sie wollten miteinander reden, doch keiner von beiden wußte so recht, wie er beginnen sollte. Zwischen ihnen hatte sich ein Spannungsfeld aufgebaut.
    Virni zündete sich eine Schwarze an. Er schaute durch den Rauch, der die Gesichtszüge seines Gegenübers zerfließen ließ. Wie alt Monsieur Bloch war, ließ sich schlecht schätzen, jedenfalls jünger als der Wirt, obwohl das Haar des Gastes auch schon grau geworden war. Sein Gesicht zeigte einen asketischen Ausdruck. Er hatte sehr helle Augen, die aber auch dunkel schimmern konnten.
    Diesen Mann umgab eine geheimnisvolle Aura. Virni spürte einen innerlichen Widerwillen, auf der anderen Seite aber fühlte er sich zu dieser Person hingezogen.
    So etwas war ihm noch nie passiert. Zudem hatte er das Gefühl, als besäße der andere eine Schublade mit Wissen, die er nur allmählich und Stück für Stück öffnete.
    »Der Wein ist ausgezeichnet!« lobte Bloch, als er seinen Krug abstellte.
    »Ja, ich habe da einen Händler entdeckt, der nur für mich anbaut.«
    »So etwas muß man heute haben.«
    »Klar, aber deswegen wollten Sie doch sicherlich nicht mit mir sprechen, Monsieur.« Pierre Virni beugte sich vor.
    »Sie haben recht. Es gibt einen anderen Grund.« Der Gast redete sehr bedächtig und drehte das noch halbvolle Glas zwischen seinen Händen.
    »Sie werden sich bestimmt über unsere kleine Invasion gewundert haben. Daß zwölf Menschen, die als Gruppe zusammengehören, hier in Alet-les-Bains Urlaub machen, kommt sicherlich nicht alle Tage vor.«
    Virni nickte. »Da haben Sie recht.«
    »Unser Besuch hat einen tieferen Grund.«
    »Habe ich mir gedacht.«
    »Bevor ich auf ihn zu sprechen komme, möchte ich mich erst einmal vorstellen.«
    »Ihren Namen kenne ich.«
    »Aber nicht meinen Beruf. Ich bin Abbé Bloch.«
    Virni holte durch die Nase Luft. Er war nicht einmal so überrascht. Manchen Menschen sieht man ihren Beruf an, und Bloch gehörte irgendwie zu dieser Gruppe. »Sie sind also Priester?«
    Bloch lächelte. »So etwas Ähnliches. Man kann auch Mönch oder Pfarrer sagen.«
    »Ja, natürlich, aber bitte, Sie wollten etwas sagen.« Der Gastwirt wies über den Tisch.
    »Ich fühle mich zwar als Abbé, stehe aber keiner Kirche vor, sondern sehe meine Aufgabe in anderen Dingen. Meine Freunde und ich forschen, sind viel unterwegs, um Geheimnisse zu ergründen, deren Ursprünge in der Vergangenheit liegen.«
    Schauer rieselten über den Rücken des Wirts. Seine Gedanken irrten fünfzig Jahre zurück. Er wußte sehr genau, daß die Gegend um Alet-les-Bains zahlreiche Geheimnisse barg, die nicht allein mit der Kathedrale der Angst beendet waren. Sollte ihn diese Vergangenheit in dieser Stunde wieder einholen?
    Er beschloß, vorsichtig zu sein und sagte: »Ich kann Ihnen nicht so recht folgen, Abbé«
    »Möglich, doch Sie sollten es eigentlich. Aber ich möchte Sie nicht länger auf die Folter spannen. Es gibt da noch eine Tatsache, die ich Ihnen nicht verschweigen möchte.«
    »Welche?«
    Der Abbé griff zu seinem Krug und leerte ihn. Mit der Zungenspitze holte er noch einige Tropfen von seinen Lippen, bevor er sagte:
    »Sie werden es vielleicht abstreiten, aber ich sage es Ihnen jetzt, und Sie sollten sich die Antwort
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