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0431 - Kathedrale der Angst

0431 - Kathedrale der Angst

Titel: 0431 - Kathedrale der Angst
Autoren: Jason Dark
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allgemein gehalten, deshalb übersehe ich es.«
    »Dann kann ich dir nicht helfen.« Pierre Virni drehte sich um.
    Der andere starrte auf Pierres Rücken. Er hatte die Hände zu Fäusten geballt und überlegte, wie er sich verhalten sollte. Zuerst hatte es so ausgesehen, als wollte Pierre verschwinden, er setzte sich jedoch dahin, wo sie ihre Rucksäcke abgelegt hatten. Mit dem Rücken lehnte er gegen den Fels und streckte die Beine aus.
    »Was soll das?« fragte Gustave.
    »Hier werde ich warten.«
    »Und dann?«
    »Vielleicht bete ich für dich, daß du den Ort des Schreckens irgendwann einmal verlassen kannst. Und zwar als normaler Mensch, mein lieber Gustave.«
    »Zu gütig.« Der Archäologie-Student grinste.
    »Spotte bitte nicht.«
    »Nein, ich werde mich hüten, aber ich lasse mir nicht verbieten, die Kathedrale zu betreten. Für mich wird ein Traum wahr.«
    »Gib nur acht, daß es kein Alptraum wird.«
    »Danke, Pierre.«
    Mehr sagte Gustave Rodin nicht. Auch wenn er es gewollt hätte, er hätte sich keinen Rückzieher mehr erlauben können, schon, um nicht sein Gesicht zu verlieren.
    Und so trat er durch das Tor.
    Pierre Rodin gab sich entspannt, kochte aber innerlich. Da entdeckte er plötzlich, wie sich die Schrift an der Säule des Portals bewegte.
    Für einen Moment flackerten die lateinischen Buchstaben dort auf. Matt, fahl und silbrig, was nur Pierre gesehen hatte, denn sein Freund wandte der Säule mittlerweile den Rücken zu.
    Eigentlich hatte Pierre nicht mehr eingreifen wollen, jetzt mußte er es einfach tun, sprang hoch und rief Gustaves Namen.
    Der andere hörte nicht.
    »Zurück, Gustave, zurück!«
    Rodin ging weiter. Obwohl er höchstens vier oder fünf Schritte zurückgelegt haben konnte und er die Worte eingentlich deutlich vernehmen müßte, kümmerte er sich um nichts und ging weiter. Zudem wirkte er so seltsam. Nicht so, als würde er normal dahinschreiten, sondern perspektivisch verzerrt, wie auf einem Kometenstrahl schreitend, der ihn in die Tiefe des Weltraums führte und seine Gestalt deshalb mehr verkleinerte, als sie es tatsächlich war.
    Pierre Virni bekam schreckliche Angst. Noch war nichts passiert, und doch spürte er, daß in dieser Kathedrale einiges anders war als normalerweise zwischen den schwarzen Felsen.
    Da lauerte etwas.
    Er stand auf. Ihm war, als hätte er Stimmen gehört. Aber das konnte nicht sein, er war allein. Vielleicht blies auch nur der Wind durch einen Felsenschacht.
    Virni schaute zum Himmel. Sein Freund ging inzwischen weiter, blieb dann stehen, drehte sich um und hob beide Hände.
    »Es ist wunderbar, Pierre. So herrlich. Ich fühle mich frei und locker. Ich habe ein Erleben, wie ich es nie zuvor kannte. Mein Gehirn wird frei. Bald werden sich mir die Geheimnisse dieser Welt öffnen. Pierre, du mußt kommen, kom…«, hallte es nach, als wäre die Stimme des Sprechers aus einer unendlichen Entfernung durch einen Tunnel der Zeiten geweht.
    Pierre Virni schüttelte den Kopf. »Um Himmels willen, nein, Gustave. Was tust du dir an? Das ist eine Täuschung. Man will dich reinlegen, glaub mir. Dir werden sich nicht die Geheimnisse der Welt öffnen, sondern die Taten der Hölle. Bitte, denk an die Warnung. Sie ist nicht ohne Grund geschrieben worden.«
    Entweder hörte Rodin nicht, oder aber er wollte nicht hören. Er ging einfach weiter und schritt wieder dahin, als würde er über den Schweif eines Kometen laufen. Seine Füße hatten mit dem Untergrund kaum Kontakt.
    Er floß förmlich dahin.
    Auch Pierre Virni war fasziniert. Er wollte es nicht, konnte aber nicht anders, denn die Gestalt seines Freundes veränderte sich. Wenigstens hatte er den Eindruck, bis er genauer hinsah und feststellen mußte, daß es die ihn umgebende Luft war, die sich veränderte.
    Sie wurde sichtbar…
    Virni stand da und hatte die Hand gegen seinen offenen Mund gepreßt.
    Es war nicht zu fassen, daß die Luftströmungen, die er normalerweise nur als Berührung oder Streicheln auf der Haut spürte, plötzlich sichtbar geworden waren.
    Sie lagen in der Luft, umgaben seinen Freund, strichen an ihm entlang, zeichneten seine Körperformen nach und kamen Pierre vor wie schlangenhafte Schatten.
    Und auch gefährliche…
    Urplötzlich hörte er das Pfeifen. Hohl klang es auf, als wäre es in einem langen Tunnel geboren. Gustave blieb stehen. Jedoch nur für einen Moment, bevor ihn die andere Kraft wieder packte und um die eigene Achse drehte.
    Er wurde von der linken Seite her erwischt,
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