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0431 - Grauen der Lüfte

0431 - Grauen der Lüfte

Titel: 0431 - Grauen der Lüfte
Autoren: Werner Kurt Giesa
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Adepten und die Mönche nicht mehr lindern konnten, würden die alten Götter zurückkehren. Dies war der Tempel der Ankunft.
    Der Mönch setzte die Dochte einiger Kerzen in Brand. Ein seltsamer, flackernder Schein erfüllte den kleinen Raum, in dem die Mönche in ihrer kargen Freizeit Zerstreuung suchten und fanden. Der Mönch eilte davon. Es dauerte eine Weile, bis er zurückkehrte.
    Zwei Adepten folgten ihm; sie führten die Priesterin der Ankunft.
    Galathea war eine uralte Frau. Ihr Haar war lang und weiß, und ihre Augen hatten viel gesehen und kündeten von der Weisheit des Alters. Man sagte, die Priesterin zähle mehr als zweihundert Winter. Doch niemand vermochte es genau zu sagen.
    Sie war blind. Vor schier unendlich langer Zeit, als sie das Amt der Priesterin antrat, hatte sie auf ihr Augenlicht verzichtet, wie es die Vorschrift war. Denn wenn die Götter zurückkehrten, durfte nur die Priesterin anwesend sein, aber selbst sie durfte nicht mit ihren Augen sehen, wie es geschah. Der Reiseweg der Götter war geheim. Wenn sie jedoch eingetroffen waren, würden sie sich allen Menschen zeigen und ihnen mit all ihrer Kraft und Stärke Hilfe in der größten Not bringen.
    Die Priesterin hätte der Führung durch die beiden Adepten nicht bedurft. Sicher kannte sie jeden Zentimeter des Tempels. Doch es war Brauch, daß sie stets in Begleitung auftrat.
    Ihre weißen, pupillenlosen Augen, die blind waren, richteten sich mit untrüglicher Sicherheit auf Taniquel.
    »Du bringst schlimme Kunde«, sagte Galathea rauh. »Sprich, Taniquel, deren Gefährte einen grausigen Tod starb.«
    »Was - was wißt ihr davon?« stieß Taniquel hervor, in der die Kälte jetzt auch den linken Arm erfaßt hatte und durch die Oberschenkel tiefer kroch. Sie spürte Galatheas warmes Blut, und sie hörte den raschen Herzschlag der Adepten. Das warme, pulsierende Blut bedeutete Linderung der Kälte in ihr… und der Schmerz, der das Schlagen ihres eigenen Herzens begleitete, wurde immer schlimmer, war schon fast unerträglich. Sie war froh, daß ihr Herz nur noch langsam schlug.
    »O Priesterin«, keuchte sie. »Ich berichtete, daß Watah getötet wurde, doch ich sprach nicht davon, wie es geschah! Woher wißt ihr…«
    »Ich weiß viel, Taniquel mit der Kälte im Herzen«, sagte die Priesterin. »Sprich.«
    Taniquel schluckte. Die blinden Augen schienen in sie hinein zu sehen und die unergründlichsten Tiefen ihres Ichs auszuloten. Sie fühlte sich bedroht, und ihre Finger tasteteñ unwillkürlich nach dem Griff des Schwertes, das sie in der Sicherheit des Tempels beiseite gelegt hatte.
    »Ungeheuer fliegen lautlos durch die Nacht, wie sie nie eines Menschen Auge sah«, flüsterte sie. »Ungeheuer, die riesengroß sind und mit Klauen und Zähnen kämpfen, reißen und morden. Sie trinken das Blut der Lebenden, und was sie zurücklassen, ist tot und verdorrt.«
    »Und niemand weiß, woher sie kommen«, murmelte Galathea. »Du hast gegen sie gekämpft. Ich sehe Scharten in Watahs Schwert.«
    »Ihr seht?« entfuhr es Taniquel. »Aber - Ihr seid doch blind…«
    »Mir sind andere Sinne gegeben«, sagte Galathea ruhig. Da wußte Taniquel, daß die Priesterin zu einer Gefahr für sie wurde.
    Galathea hob die Hände. »Und ich sehe - viele von diesen Kreaturen, vor denen du warnst. Fünf, zehn, fünfzig, hundert… viele. Mehr als wir bekämpfen können. Und doch werden wir es versuchen. Vielleicht gelingt es uns… wenn sie nicht jemanden finden, der für sie denkt und plant und der unsere Strategie an sie verrät…«
    Taniquel schluckte.
    »Meint Ihr wirklich, daß es einen solchen Verräter geben könnte?«
    »Ja«, sagte die Priesterin.
    Taniquel erhob sich. Ihr Herz war erkaltet und hatte aufgehört zu schlagen. Taniquel atmete nicht mehr. »Ihr seht Gefahren, die es nicht gibt. Wer sollte uns an Ungeheuer verraten, die man nie zuvor in unserem Land sah? Wer sollte die Lebenden an die Toten verraten?«
    Galathea lächelte auf eine ganz eigentümliche Art.
    »Warum fragst du mich, wenn du die Antwort doch weißt?«
    ***
    Sie standen in der geräumigen, hellen Zentrale vor dem flirrenden Kraftfeld, das sich über die konkav geformte Halbkugel spannte. Ted Ewigh, Professor Zamorra und Nicole Duval. Sie hatten vereinbart, daß die Silbermond-Druiden Gryf und Teri als eine Art »Eingreifreserve« Zurückbleiben sollten, zusammen mit dem Wolf Fenrir. Anfangs hatten sie die Freunde begleiten wollen, aber Ted hatte sie überredet. Es gab, außer der
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