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043 - Das Beinhaus der Medusa

043 - Das Beinhaus der Medusa

Titel: 043 - Das Beinhaus der Medusa
Autoren: Larry Brent
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glaubte man zu wissen – heimlich
Zeichnungen und Skizzen von ihnen an und gestaltete danach eine lebensgroße und
lebensechte Statue. Als Bildhauerin hatte sie sich einen Namen gemacht, obwohl
es nur wenige Arbeiten von ihr gab, die bisher einer breiteren Öffentlichkeit
zugänglich geworden waren.
    Eigentlich gab es nur zwei Statuen, die öffentlich von ihr zu sehen waren,
und die härtesten Kritiker hatten einstimmig geurteilt, daß Inger Bornholm ein
Schöpfertalent sei.
    Eine Statue stellte einen prominenten Politiker dar, der eines Tages
spurlos verschwunden war. Von der Familie des Mannes erhielt Inger den Auftrag,
eine lebensgroße Statue zu schaffen.
    Zu diesem Zeitpunkt schon gab es jene bekannte Gestalt des »Marne«, wie sie
allgemein bezeichnet wurde. Diese Statue hatte die Norweger schockiert, als auf
einer Ausstellung lebender Maler und Bildhauer anläßlich des Geburtstages einer
berühmten Kunstpädagogin die Statue des »Marne« vorgestellt wurde.
    »Marne« war ein Original, das in Norwegen sehr populär geworden war. Erst
vor drei Jahren hatte er eine Liga gegründet, die es sich zur Aufgabe machte,
Dämonen und Geister zu beschwören und spiritistische Sitzungen durchführte.
»Marne« gewann durch eine Reihe ungewöhnlicher Publikationen rasch einen großen
Anhängerkreis. In einigen seiner Bücher behauptete er, Kontakt zu Toten gehabt
zu haben. Mitglieder seiner Liga konnten dies nur bestätigen.
    Sie hatten Stimmen aus dem Jenseits empfangen. Diese Stimmen waren auf Band
aufgezeichnet worden. Viele hielten diese Dinge für faulen Zauber und für
Fälschungen, aber es gab auch einige wissenschaftliche Vereinigungen, die
Problemen der Jenseitsforschung und des Okkulten nachgingen und in deren
Archiven zahlreiche ungeklärte Fälle lagen, die man auch nicht als
»Fälschungen« mit einem Achselzucken abtun konnte.
    »Marne« selbst hatte sich immer als das größte Medium bezeichnet. Er
behauptete, mehrere Male direkte Jenseitsgespräche mit bekannten
Persönlichkeiten gehabt zu haben. Es sei einmal sogar zu einer Materialisation
gekommen.
    Dieses weiße, schleimige Etwas, das entfernt an die Gestalt eines Menschen
erinnerte, materialisierte in dem dämmrigen Raum, in dem außer »Marne« an jenem
Abend ein zweites Medium anwesend war. Die Erscheinung konnte auf eine
Fotoplatte gebannt werden. Wer diese Person darstellte, darüber schwieg der
Ligaleiter eisern. »Ich habe noch nicht das Recht, darüber zu sprechen.
Vielleicht zu einem späteren Zeitpunkt, wenn er mir selbst die Erlaubnis
erteilt.«
    Aber dieser spätere Zeitpunkt kam nicht mehr. Inger Bornholm gab zwei Tage
nach dem sensationellen Geschehen in ihrem Schloß eine Party. Auch »Marne« war
eingeladen, und er kam. Er war der am meisten belagerte Mann in jener
Partynacht, die erst ein Jahr zurücklag. Ebenfalls ein kühler, finsterer
Herbsttag, schon etwas vorangeschritten, etwa November. Die Bäume kahl, das
Schloß düster und grau, wie ein steinernes, urweltliches Monument hinter den
schwarzen, kahlen Stämmen. Nebelschwaden lagen wie ein dicker, wallender
Teppich über dem feuchten, felsigen Boden. Und dann hatte »Marne« sich als
erster Gast verabschiedet. Die seinerzeit Anwesenden konnten später bezeugen,
daß »Marne«
    mit einemmal von einer eigenartigen Unruhe ergriffen wurde.
    Inger Bornholm begleitete ihn noch nach draußen. Danach hatte ihn niemand
mehr gesehen. Seit gut einem Jahr suchte man vergeblich nach »Marne«. Inger
Bornholm, einmal mit diesem ungewöhnlichen Mann zusammengetroffen, gestaltete
eine lebensgroße Statue. Sie zeigte »Marne« in einer Pose der Abwehr, der Angst
und des Entsetzens.
    Es war, als ob der Ligaleiter in einem Augenblick von dieser Welt gegangen
sei, als er eine ungeheuerliche Begegnung hatte. Waren es die Geister, die er
beschwor, und die ihn holten? In eingeweihten Kreisen war dieser Gedanke nicht
einmal so entrüstet abgewiesen worden.
    Inger Bornholm bescheinigte man eine ungewöhnliche Einfühlungsgabe in das
Leben, den Charakter und das Wirken des Dahingeschiedenen. Sie hatte »Marne« in
einer panikartigen Abwehr wiedergestaltet, als müsse er sich vor irgendwelchen
Einflüssen von draußen, vor einer Gefahr, die ihn blitzartig überfiel,
schützen.
    Die erschreckte Gestalt »Marnes« und die drei Monate später entstandene
Statue des auf ebenso unerklärliche Weise verschwundenen prominenten Politikers
hatten eines gemeinsam: auch diesen Mann gestaltete Inger Bornhohn in
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