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0429 - In der Monsterhöhle

0429 - In der Monsterhöhle

Titel: 0429 - In der Monsterhöhle
Autoren: Werner Kurt Giesa
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ihrem eigenen Bewußtsein wieder verhallte.
    Wo war sie jetzt?
    Langsam sah sie sich um.
    Hatte das Licht sich nicht verändert, diese unbegreifliche Helligkeit, die aus dem Nichts kam und überall gleich war? Hatte sich nicht ein leichter Blauton eingeschlichen?
    Da entdeckte sie, daß sie keinen Schatten warf!
    Nirgendwo waren Schlagschatten von vorspringenden Kanten des unregelmäßigen Röhrenganges zu erkennen, in dem sie sich immer noch befand, obgleich sie den Eindruck hatte, tatsächlich über eine erhebliche Distanz transportiert worden zu sein! Und diese eigenartige Schattenlosigkeit ließ die Konturen undeutlich werden, verzerrte die Perspektiven und gaukelte ihr eine Umgebung vor, die ganz anders aussah, als sie wahrscheinlich war.
    Das Plastische fehlte, das Dreidimensionale. Tina schien sich in einer zweidimensionalen, flachen Welt zu befinden…
    Ihr wurde es immer unheimlicher, und sie fragte sich, warum sie so närrisch gewesen war, in diese Höhle einzudringen. Aber ihre unstillbare Neugierde, die sie schon öfters in unangenehme Situationen gebracht hatte, hatte sie dazu verleitet. Sie hatte einfach wissen wollen, wie es hinter der Biegung weiter ging, und hinter der nächsten… und dann hatte das Phänomen dieses Lichtes, das gar nicht so hell sein durfte, sie in ihren Bann geschlagen.
    Sie war nicht mit dem Mißtrauen herangegangen, wie es ihr Bruder besaß. Sie hatte nicht versucht, eine Erklärung zu finden, sondern hatte sich dem Phänomen gegenüber völlig offen gezeigt, nach der Devise: Wenn es eine Erklärung gibt, werde ich sie auch finden, ohne lange darüber zu grübeln…
    Und nun hatte sie den Salat.
    Sie befand sich irgendwo, möglicherweise durch eine unsichtbare Kraft hierher entführt, und von Rico war nichts zu sehen. Sie rief nach ihm, erhielt aber keine Antwort.
    Vorhin, als sie sich immer weiter vorwärts tastete, hatte sie sich der Offenheit ihrer Erwartungen wegen nicht einmal tiefergehende Gedanken darüber gemacht, daß sie ihn ebensowenig sehen konnte, wie er es von ihr behauptete, obgleich sie dem Klang ihrer Stimmen nach gar nicht so weit voneinander entfernt gewesen sein konnten. Aber jetzt kam sie mehr und mehr ins Grübeln. Warum waren sie füreinander unsichtbar gewesen? Hing es mit diesem seltsamen Licht zusammen, das keine Schatten erzeugte?
    Sie machte ein paar Schritte zurück und hoffte aus unerklärlichem Grund, daß das Kraftfeld, das sie hierher entführt hatte, sie von diesem Fleck der scheinbar unendlichen Röhre im Erdreich wieder dorthin zurück brachte, von wo sie geholt worden war.
    Aber nichts dergleichen geschah.
    Statt dessen gab plötzlich unter ihr der Boden nach und weichte auf. Innerhalb von ein paar Sekunden sank sie ein wie in Fließsand, wie in einem Sumpf, und ehe sie sich aus diesem nachgebenden Boden wieder befreien konnte, war es bereits zu spät, steckte sie schon bis zu den Schultern in der seltsamen Masse und sank immer noch tiefer.
    Sie schrie, aber da war niemand, der ihr helfen konnte…
    Und sie kam nicht mehr frei…
    Verzweifelt versuchte sie, den Kopf oben zu halten. Aber etwas zog und zerrte an ihr, und sie schaffte es gerade noch einmal, tief Luft zu holen - dann versank sie endgültig in der zähen, nachgiebigen Masse…
    So hatte sie sich das Sterben niemals vorgestellt.
    ***
    Geh und kümmere dich um nichts mehr, bis du wieder draußen im Fluß bist! Und erzähle mir dabei ständig, wo du bist…
    Das war das Letzte, was Francesca Gordo von Rico Rossi gehört hatte, den sie plötzlich nicht mehr sehen konnte, obgleich er doch gerade noch dicht vor ihr gewesen war.
    Francesca war nicht ganz so abenteuerlustig und neugierig wie Tina. Sie spürte Gefahr. Und sie befolgte Ricos Aufforderung. Der hatte sie bestimmt nicht grundlos gewarnt, wenngleich ihr auch nicht klar war, worin die Gefahr bestand. Aber ebensowenig waren ihr die anderen Phänomene erklärlich.
    Sie kehrte um!
    Ihren Standort zu beschreiben, fiel schwer, weil es ja keine richtigen Anhaltspunkte gab, aber sie zählte laut ihre Schritte, die sie durch das Wasser machte, das doch jetzt bei ihrer Rückkehr wieder ansteigen mußte!
    Es tat ihr den Gefallen nicht. Nach dem siebten Schritt stand sie auf trockenem Boden, der noch dazu leicht abschüssig war. Aber sie wußte schließlich ganz genau, daß sie sich umgedreht hatte, um zum Fluß zurückzugehen!
    Eine dumpfe Beklommenheit bemächtigte sich ihrer.
    »Rico, bist du noch da?«
    Sie konnte keine Antwort hören.
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