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0426 - Palast der Schattenwürger

0426 - Palast der Schattenwürger

Titel: 0426 - Palast der Schattenwürger
Autoren: Jason Dark
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dunklen Sternenhimmel und in der Nähe gewaltige Schatten, die als geschwungene Buckel vom Grund aus in die Höhe wuchsen.
    »Das ist doch nicht wahr!« flüsterte Max.
    »Doch«, sagte ich, »es stimmt. Wir stehen in der Wüste…«
    ***
    Da standen wir tatsächlich. Nur versanken unsere Füße nicht im Sand, wie man oft hört. Eine Wüste besteht nicht nur aus Sand. Es gibt Ebenen, Berge und Felsen, dazu Täler, ausgetrocknete Flußbetten, Hügel und Dünen. All dies war auch hier vorhanden, doch wir ahnten es mehr, als daß wir es konkret sahen.
    Es war einfach zu dunkel.
    Der Nachtwind strich über das Land. Ein kühler Hauch drang uns entgegen. Er hinterließ auf meinem Gesicht eine Gänsehaut. Staub und Sand brachte der Wind ebenfalls mit, und wir hörten sein klagendes Lied zwischen den Felsen jammern.
    Max, der neben mir stand, stieß mich an. »Weißt du, John, ich bin ja kein Mensch, der gern flieht, aber wäre es nicht möglich, daß wir von hier verschwinden und diesem Selim kurzerhand good bye sagen?«
    »Und dann?«
    »Kommen wir mit einer Einheit zurück und räumen hier auf. Das kann in einer Nacht- und Nebelaktion geschehen…«
    »Wie damals im Iran bei eurer tollen Geisel-Befreiung.«
    Er winkte wütend ab. »Sag nicht das.«
    »Nein, wir bleiben.«
    »Und Selim?«
    »Müssen wir vernichten!«
    Culver schabte über seinen Nacken. »Das ist so eine Sache. Ich bin ja nicht dagegen, aber hast du nicht selbst gesagt, daß man Schatten nicht mit einer Kanone jagen kann?«
    »Das stimmt.«
    »Wie willst du sie dann kriegen?«
    »Es gibt da so einige Möglichkeiten«, erklärte ich. »Und ich habe mir auch schon etwas ausgedacht.«
    »Dein Kreuz?«
    Ich hielt das Gesicht gegen den Wind und genoß für einen Moment die Kühle auf der durchschwitzten Gesichtshaut. »Nicht mit meinem Kreuz, das wird kaum reichen…«
    Er merkte, daß ich keine weiteren Erklärungen geben wollte, hob die Schultern, ging einige Schritte zur Seite und nahm auf einem günstig stehenden Felsen Platz.
    Dort saß er dann, holte eine Zigarette hervor und rauchte. »Ist wie im Kino«, sagte er. »Zwei Typen in der Wüste, die darauf warten, daß die Nacht vorbeigeht.«
    »So lange wirst du wohl kaum hier sitzenbleiben können.«
    »Fürchte ich auch. Nur eine Frage habe ich noch. Kannst du mir sagen, wo sich der Fluß befindet?«
    »Versickert.«
    »Das glaubst du?«
    »Ja.«
    »Ich kaum. Verdammt, das Wasser kann doch nicht so einfach verschwinden.«
    »Max, gewöhne dir mal an, anders zu denken. Du befindest dich zwar in der normalen Welt, aber es sind einige Gesetze durch Schwarze Magie auf den Kopf gestellt worden.«
    Ich konnte seinen Gesichtsausdruck nicht sehen, weil er zu weit entfernt saß, aber er wiegte den Kopf und schickte mir erst ein Lachen entgegen.
    »Weißt du, Sinclair, wenn du mir das vor drei Tagen gesagt hättest, wäre ich sauer geworden und hätte dich einen verdammten Lügner genannt. Doch jetzt denke ich anders darüber.«
    »Das freut mich.«
    »Trotzdem lasse ich nicht gern mit mir Katz und Maus spielen, das mußt du verstehen. Ich will endlich wissen, was dieser verfluchte Selim von mir will.«
    »Deinen Tod.«
    »Dann soll er kommen!«
    Und er kam! Nein, nicht so, wie wir annahmen. Selim schickte etwas anderes als Botschaft vor.
    Seine Melodie!
    Er hatte von einer Flöte gesprochen, die uralt sein mußte und einem Zauberer gehört hatte. Sie setzte er jetzt ein.
    Woher die Melodie kam, wußten wir nicht. Sie klang zwischen den Felsen ebenso auf wie über uns am Himmel. Sie flog daher, mal klagend, mal brüllend, wie von gewaltigen Flügeln getragen. Mal schwebte sie über den rauhen Boden, dann jubilierten die Laute, als wollten sie sich des Himmels bemächtigen.
    Wir waren beide fasziniert von diesen fremdartigen, dennoch sehr eingehenden Klängen.
    Auch Max sagte nichts. Er war nur aufgestanden und hatte seinen Standort gewechselt. Jetzt stand er neben dem Felsen, um zu lauschen.
    Selim selbst sahen wir nicht. Nur die Klänge schwangen uns entgegen, und sie brachten eine Botschaft für die mit, für die die Klänge eigentlich waren.
    Für die Schatten.
    Gesehen hatten wir sie zuvor nicht, aber sie waren auf einmal da. Als wären sie aus dem Boden gestiegen, so tanzten und kreiselten sie vor unseren Augen.
    Sie umwehten wie Schleier die Felsen, glitten in die Höhe, bewegten sich aufeinander zu und umschlangen sich wie liebende Paare.
    Es war ein faszinierendes Bild. Eigenartig und sehr fremd, aber auch
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