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0426 - Palast der Schattenwürger

0426 - Palast der Schattenwürger

Titel: 0426 - Palast der Schattenwürger
Autoren: Jason Dark
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nachdenklich. »Jetzt schickt er uns die Schatten, John.«
    Das tat Selim nicht. Er zeigte sich sogar ziemlich kooperationsbereit, denn er weihte uns in die tieferen Geheimnisse seines Schattenpalastes ein.
    »Für euch ist er sichtbar geworden, aber nur, weil ich es so wollte. Als die Schatten vor langer Zeit auf den Scheitan trafen, da wollte er sie nicht haben. Er schleuderte sie weg, sie trieben durch die Zeiten und waren Verdammte auf einer langen Reise. Bis sie sich irgendwann einmal sammelten und sich zusammenschlössen, mit dem Ergebnis, daß sie sich die Menschen Untertan machen wollten. Nur suchten sie einen Ort, und sie fanden einen prächtigen Palast in der Wüste. Sie machten ihn zum Ort der Schatten, aber der Teufel hatte eines vergessen, als er sie ausstieß. Er hatte ihnen nicht die Kräfte genommen. Und die Schatten nutzten ihre Kraft und ihre Macht aus. Sie fingen die Menschen ein, die sich diesem Gebiet näherten. Einsame Wüstenwanderer, Karawanen, die durch die Wüsten zogen, sahen sich plötzlich einem prächtigen Palast gegenüber. Er stand auf einmal da, niemand wußte etwas damit anzufangen, und als die Menschen, die zunächst an die Fata Morgana glaubten, den Palast betraten, da schlugen die Schatten zu.«
    »Man tötete sie also?«
    »Ja, denn die Schatten brauchten einen Lebensquell. Den entrissen sie den ankommenden Menschen und ließen, wenn sie mit ihrem Palast verschwanden, die Toten in der Wüste zurück. Oft wurden sie gefunden, manchmal auch nicht, dann bleichten ihre Knochen in der Sonne. Es sprach sich herum, was an diesem Ort geschah. Sagen und Legenden entstanden. Wenn Menschen den Palast sahen, nahmen sie fluchtartig Reißaus. Und auch die Heiligen Männer erfuhren davon. Viel Zeit war vergangen, bevor sich der erste Marabut auf den Weg machte, um den Palast zu suchen und dort zu sterben. Er fand ihn auch, trat ein, wurde empfangen wie im Paradies, bevor die Schatten ihn töteten. Aber bei den Heiligen Männern war es anders als bei den normalen Menschen. Sie, die schon einen Kontakt zur anderen Welt gehabt hatten, wurden selbst zu Schatten und blieben nicht als blau angelaufene Tote irgendwo liegen.«
    »Wie war es mit dir, Selim?«
    »Auch ich habe mich auf den Weg gemacht, um die Schatten zu suchen. Ich fand sie sogar, drang in den Palast ein und spürte, daß hier etwas lauerte, das mir gefiel. Ich habe mich in meinem Leben oft mit den geheimnisvollen Totenriten beschäftigt. Während viele Menschen glaubten, daß sie mich in dem Grab in Marfakesch finden konnten, hatte ich es längst verlassen und war hierher gegangen. Ich besaß eine wertvolle Flöte, ein Instrument, das einst ein großer Zauberer hinterlassen hat. Diese Flöte diente zur Beschwörung der Schlangen, aber sie kann viel mehr. Man kann die Seelen der Toten damit beeinflussen, und was sind die Schatten anderes als verlorene Seelen? So schwang ich mich zum Herrn der Würgeschatten auf, und sie gehorchen meinem Befehl.«
    Jetzt kam ich allmählich dahinter, aber ich wußte noch immer nicht, weshalb die Männer ihr Leben hatten lassen müssen. Danach fragte ich Selim.
    Seine Antwort war für ihn einleuchtend. »Wer in diese Gegend kommt, dem ergeht es so wie den Wanderern damals in alter Zeit. Die Schatten sind, wenn der Palast vorhanden ist, ebenfalls da und töten. Da nehmen sie keine Rücksicht. Ich habe gehört, daß Europäer in diesen Teil kommen wollen, um nach Schätzen im Boden zu suchen. Dagegen bin ich sehr. Dieses Gebiet soll so bleiben, wie es seit Hunderten von Jahren gewesen ist. Ein Platz der Magie, ein Ort der Legenden, und niemand wird mich stören, auch ihr nicht, denn keiner entkommt mir.«
    »Da hast du's«, flüsterte Max.
    Ich winkte ab. Mir war klar, daß mir dieser Selim keinen Bären aufband.
    Zu viele Menschen hatten bereits den Tod gefunden, doch ich wollte ihn endlich sehen.
    »Wenn du so groß und mächtig bist, weshalb zeigst du dich nicht selbst, Selim?«
    »Du hast mich gesehen!«
    »Auf dem Wasser?«
    »Ja.«
    »Gut. Ich gehe davon aus, daß es diesen Fluß gibt. Aber was befindet sich hier, wenn der Palast einmal verschwunden ist?«
    »Willst du es wirklich wissen?«
    »Ja!«
    Ich hatte die Antwort kaum ausgesprochen, als Selim seine Stärke bewies. Ohne zuvor eine Ankündigung gegeben zu haben, änderte sich plötzlich die Umgebung.
    Die Halle und die Säulen verschwanden von einem Augenblick zum anderen. Es wurde kälter, die Luft klarer. Ich blickte in die Höhe, sah einen
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