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042 - Die Unsterblichen

042 - Die Unsterblichen

Titel: 042 - Die Unsterblichen
Autoren: Bernd Frenz
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einen Punkt links neben dem Fisch anvisieren - so viel hatte er schon herausgefunden -, durfte aber auch nicht zu weit entfernt zustechen, sonst schoss er übers Ziel hinaus.
    Der Duft von gebratener Dornenforelle, der zu ihm herüber zog, machte die Jagd nicht gerade einfacher. Aruulas Fang musste schon fast gar sein.
    »Lass es bleiben, du fängst heute sowieso nichts mehr«, neckte ihn die Barbarin, während sie laut schmatzend von dem grotesk anmutenden Fisch kostete. »Ich lade dich ein. Dieser Brocken langt für uns beide.«
    Matt knurrte etwas Unverständliches, ohne seinen behelfsmäßigen Speer auch nur einen Zentimeter aus dem Ziel zu nehmen. Obwohl Aruulas Fang für zwei hungrige Mäuler reichte, wollte er nach all der Mühe nicht so einfach aufgeben. Vordergründig redete er sich ein, dass er die Gelegenheit nutzen musste, um einen Vorrat für den nächsten Tag anzulegen, doch in Wirklichkeit nagte der Misserfolg an seinem Ego.
    Natürlich war es keine Schande, wenn eine in der Wildnis aufgewachsene Barbarin größeres Jagdgeschick an den Tag legte. Aber die scheinbare Leichtigkeit, mit der Aruula ihren Bihänder ins Wasser geschleudert hatte, während er noch an seiner Harpune bastelte, wurmte ihn doch. Anfangs hatte er gelacht und ihr geraten, nicht die Fische zu vertreiben, aber als sie nach dem zweiten Stich eine kapitale Dornenforelle aus dem Wasser zog, war ihm der Spott im Halse stecken geblieben.
    Aruula geizte im Gegenzug nicht mit spitzen Bemerkungen, in denen sie ihrer Verwunderung Ausdruck verlieh, dass er während ihrer monatelangen Trennung nicht verhungert war.
    »Wahrscheinlich mussten andere Frauen für dich jagen«, kicherte sie übertrieben laut, um deutlich zu machen, dass sie es keineswegs witzig meinte.
    Matt schwieg zu diesen Sticheleien, denn er wusste, dass Aruula auf seine mangelnde Treue anspielte.
    Verdammt, als wenn er sich deshalb nicht selbst genügend Vorwürfe machen würde.
    Andererseits, was hatte er sich schon groß vorzuwerfen?
    Er war von Sklavenhändlern auf einen anderen Kontinent verschleppt worden und hatte nicht ernstlich damit rechnen können, dass sie sich je wiedersehen würden. Außerdem hatte Aruula während ihrer Atlantiküberquerung mit Rulfan geschlafen !
    Der bloße Gedanke an den Albino beschleunigte Matts Herzfrequenz. Die Eifersucht, die plötzlich seine Gedanken vergiftete, gaukelte ihm vor, dass sich das seltsam alterslose Gesicht seines Nebenbuhlers auf der Wasseroberfläche abzeichnen würde. Direkt über der Stelle, an der die Dornenforelle zwischen Algenpflanzen nach Nahrung suchte. Einen wütenden Schrei auf den Lippen, stieß Matt blitzschnell zu.
    »Das ist für dich!«
    Triumphierend riss er den Speer in die Höhe, an dessen Spitze ein kapitaler Brocken zappelte. Aruula klatschte ironisch Beifall, obwohl sie nicht ahnte, dass der Stich mehr Rulfan als der Dornenforelle gegolten hatte. Früher, drüben in Europa, hätte sie sich ehrlich für Matts Jagderfolg gefreut, doch das schien ewig lange her zu sein. Obwohl sie wieder ein Paar waren, knisterte zwischen ihnen eine unsichtbare Spannung, die sie auf Distanz hielt. Die grenzenlose Freundschaft des ersten Jahres, das unerschütterliche Vertrauen in den anderen hatte einen Knacks erlitten.
    Sie beide hatten sich - ob menschlich verständlich oder nicht - gegenseitig enttäuscht.
    Es würde wohl noch einige Zeit dauern, bis die Wunden der Untreue völlig verheilten. Matt spürte, wie sein Zorn von einem Gefühl der Trauer abgelöst wurde. Äußerlich mochte zwischen ihm und seiner Gefährtin wieder alles stimmen, doch er wusste wirklich nicht, ob es noch einmal so wie früher werden konnte.
    Mit hängendem Kopf stapfte er aus dem Wasser.
    Ein Blick in Aruulas Richtung verdrängte seine Beziehungsprobleme, doch es war nicht die mit Fellweste und Lendenschurz bekleidete Barbarin, die ihn auf andere Gedanken brachte. Matt beunruhigte vielmehr die dunkle Rauchsäule, die am Horizont aufstieg.
    »Was ist?«, fragte Aruula, die seinen Stimmungsumschwung spürte. Ein Blick über ihre Schulter ersparte ihm die Antwort.
    »Vielleicht ein brennendes Haus«, sprach sie aus, was Matt dachte. Für ein Buschfeuer war der Brandherd zu eng umgrenzt.
    Der ehemalige Pilot setzte sich zu ihr ans Feuer und begann seinen Fang auszunehmen.
    »Wir sollten nachsehen, was dort passiert ist«, schlug er vor. »Vielleicht können wir helfen.«
    »Oder geraten in Schwierigkeiten«, prophezeite Aruula. »Hast du nicht
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