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0406 - Mörder-Medium

0406 - Mörder-Medium

Titel: 0406 - Mörder-Medium
Autoren: Werner Kurt Giesa
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anderes.«
    »Wollen Sie nicht darüber reden? Ihr Unwohlsein könnte das Experiment beeinflussen. Sie dürfen nichts verschweigen.«
    »Blasen Sie's einfach ab, und mir geht es sofort besser«, sagte sie schroff.
    »Das können wir nicht«, entgegnete er. »Wir hatten keine Gelegenheit, es nachzuholen. Wir würden die Terminierungen überschreiten und…«
    »Glauben Sie im Ernst, daß mich das betrüben würde?« unterbrach sie ihn. »Im Gegenteil. Vergessen Sie nicht, daß ich freiwillig hier bin. Ich bin hierher abkommandiert worden, nachdem dieser verdammte Psi-Test positiv ausfiel. Ich würde lieber gestern als heute meine Koffer packen und von hier verschwinden. Ich will meine Ruhe haben.«
    »Sie haben meine Frage immer noch nicht zufrieden stellend beantwortet«, drängte Tokolev. Er wußte, daß Lena Petrowna für den Geheimdienst arbeitete. Als man ihr Talent erkannte, wurde sie nach Akademgorodok zu den Parapsychologen befohlen. An diesen Einsatzbefehl hatte sie sich zu halten, ob sie wollte oder nicht. Und soweit es ihr möglich war, verhielt sie sich kooperativ. Aber sie sah selbst keinen Sinn in diesen Versuchen. Für die Wissenschaftler war sie etwas Besonderes, sie selbst sah sich eher in die Rolle eines Monstrums gezwängt, das sie nicht sein wollte.
    »Nun gut«, sagte sie hart. »Ich habe das Gefühl, daß es heute nicht so funktionieren wird wie sonst. Nicht den Vorstellungen entsprechend, wie es manchmal so schön in Ihren Berichten heißt.«
    »Sie befürchten… eine Katastrophe?« Jetzt war es heraus.
    »Wie kommen Sie darauf?«
    »Nur so…«, wich er aus. Ihre Reaktion sagte ihm genug. Sie hatte das gleiche Gefühl wie er selbst. Etwas würde schief gehen.
    Er hoffte, daß es nicht wirklich zu einer Katastrophe kam. Das wäre schlimm.
    »Nun gut. Können wir endlich anfangen? Ich möchte es hinter mich bringen«, sagte sie.
    Er nickte.
    »Fangen wir an und rufen unseren Freund Kaithor…«
    ***
    Der Raum war kreisrund und abgedunkelt. Nur schwache Helligkeit kam von der rund vier Meter hohen Zimmerdecke. Kameras liefen; mit höchst lichtempfindlichen Filmen zeichneten sie alles auf, was geschah. Es war wie immer. Trotzdem konnte sich Tokolev seines unguten Gefühls weniger denn je erwehren.
    Die runde Tischplatte war matt und dunkelgrau. Die dahinter sitzende Lena Petrowna verschmolz in ihrem schwarzen Overall förmlich mit dem Hintergrund. Nur ihr Gesicht und ihre Hände waren Lichtflecken in der Dämmerung.
    Ihr gegenüber saßen Tokolev, Retekin und die beiden Ärztinnen. Die Kameraleute und Tontechniker befanden sich im Nebenraum. Unsichtbar eingebaute Mikrofone würden jeden Laut nach draußen übertragen, wo er auf Band aufgezeichnet wurde. Nichts entging den unbestechlichen Apparaturen. Später würde jeder Sekundenbruchteil des Geschehens, aus zahlreichen Perspektiven gefilmt, plastisch nachzuvollziehen sein.
    Lena Petrowna befand sich in Trance.
    In diesem Zustand sollte wie immer Ektoplasma erzeugt werden. Bis heute wußte noch niemand, woraus diese feinstoffliche Substanz wirklich bestand und welchen Zweck sie eigentlich erfüllte. Es gab Hinweise auf psychokinetische Effekte oder Materialisationen. Das aber hatten schon andere Parapsychologen festgestellt und zu erforschen versucht, mit anderen Medien. Lena war ein Sonderfall. Denn sie konnte nicht nur das Ektoplasma erzeugen, sondern gleichzeitig auch Kontakt zu einem »Kontrollgeist« halten, einer unsichtbaren Wesenheit, die aus ihrem Mund sprach - oder eher aus dem Ektoplasma, wie die Tonaufnahmen zu beweisen schienen, die mit Richtmikrofonen aufgenommen worden waren.
    Der endgültige Beweis, was es mit diesem Kontrollgeist auf sich hatte, stand immer noch aus. Aber jedes der Experimente war ein weiterer Schritt nach vorn.
    Dr. Tokolev fungierte bei diesem Experiment als Supervisor. Andrezej Retekin leitete den Versuch. Sie wechselten sich meistens ab. Tokolev sah auf die Uhr. Retekin registrierte die Geste aus den Augenwinkeln und beugte sich leicht auf seinem Stuhl vor. »Kaithor«, murmelte er.
    Es war der Name, den sich der Kontrollgeist selbst gegeben hatte, als sie ihn befragten. Er besaß eine eigenartig hohl klingende Stimme, als spreche er aus einem tiefen Echogewölbe heraus. Er war akustisch hörbar, im Gegensatz zu vielen anderen Geistern, die sich nur über Klopfzeichen oder andere Möglichkeiten der nichtstimmlichen Verständigung bemerkbar machten.
    Anfangs hatte er sich auch über Klopfsignale bemerkbar
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