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0403 - Das Auge des Jägers

0403 - Das Auge des Jägers

Titel: 0403 - Das Auge des Jägers
Autoren: Werner Kurt Giesa
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mehr die Zeit bliebe, ihn aufzusagen. Er wusste auch, daß er das Schmetterlingsmädchen berührt und sich mit Morgana zusammen an einen Platz versetzt hatte, nur durch die Kraft seines Willens. Aber er wusste nicht mehr, wie er das ausgelöst hatte.
    Er war hilflos.
    Und Morgana…? Warum jagte sie nicht einen ihrer leuchtenden blauen Blitze nach oben?
    All das schoss Merlin durch den Kopf, alle Eindrücke waren gleichzeitig da, und doch konnte er sie nicht mehr schnell genug verarbeiten. Das meiste dieser Gedankenfetzen begriff er erst, als er sich zusammen mit der Zeitlosen in einer diffusen, grauen Zone befand. Sie drängte ihren Körper dicht an ihn, hielt Merlin umklammert, aber diesmal war es keine Umarmung der Liebe, sondern eine der Magie.
    Merlin sah, wie sich um die graue Sphäre herum Schwärze ausbreitete. Die Sphäre wurde zusammengedrückt. Etwas versuchte hindurchzulecken, gierigen Krakenarmen gleich, und tastete nach den beiden so ungleichen Wesen. Merlin hörte Morgana angestrengt keuchen. Das Schmetterlingsmädchen schlug wild mit den Flügeln, und das Türkis ihrer Augen verwandelte sich in grelles Grün. Ein entferntes Donnern hallte. Merlin sah Feuer; das Schilf verbrannte und Flußwasser verdampfte, er sah eine schwarze Wolke, die tiefer herabstieß wie ein Raubvogel und die wiederum grelle schwarze Strahlen abfeuerte. Und er sah ein mächtiges, schwarzes Netzwerk, das sich um die Sphäre herum legte und sie immer dichter einhüllte, sie zu zersetzen begann. Funken sprühten. Die Umrisse verschwammen.
    »Was ist das?« keuchte Merlin.
    Die Lippen der Zeitlosen bewegten sich, aber obgleich sich ihr Mund dicht neben seinem Ohr befand, konnte er sie kaum hören.
    »Eine Zeitfalte«, verstand er mühevoll. »Ich habe uns drei Sekunden in die Zukunft versetzt. Damit sind wir für die Meeghs nicht mehr vorhanden. Aber… ich weiß nicht, wie lange ich uns beide noch halten kann, und ich kann nicht erkennen, was sich um uns herum abspielt. Alles ist diffus. Die Zukunft ist unsicher.«
    Merlin begriff.
    Für die Zeitlose war diese Zukunft, in die sie sich und ihn versetzt hatte, noch nicht gefestigt. In jeder Sekunde waren mit Sicherheit wenigstens zwei Entscheidungen offen, die zwei verschiedene Varianten einer möglichen Zukunft darstellten. Daher konnte sie nichts Exaktes erkennen, höchstens eine Tendenz wahrnehmen. Er dagegen, der ja eigentlich aus dieser Zukunft kam, konnte relativ deutlich sehen, was sich um sie beide herum abspielte, denn für ihn war es längst gefestigte Vergangenheit. Einmal mehr wurde ihm klar, daß Zeit kein fester Begriff, sondern eher ein individuelles Empfinden darstellte…
    Aber es war jetzt keine Zeit, darüber nachzudenken. Es musste etwas geschehen. Wenn die Kraft der Zeitlosen nachließ, stürzten sie in ihre Gegenwart zurück und wurden zu Opfern der schwarzen Vernichtungsstrahlen.
    Aber da war eigentlich noch mehr.
    Dieses schwarze Netz, das die Drei-Sekunden-Sphäre umschloß…
    »Wir haben keine Chance«, presste er hervor. »Siehst du dieses Netz nicht? Es umschließt uns trotz der Zeitverschiebung. Es löst sie allmählich auf, und dann haben sie uns. Sie können viel mehr, als wir ahnten… mit Zeit-Tricks kommen wir nicht gegen sie an! Kannst du sie nicht bekämpfen?«
    Sie schüttelte den Kopf.
    »Ich bin zu schwach«, keuchte sie. »Ich kann das von gestern nicht wiederholen, bin noch nicht wieder erholt genug… es reicht gerade für diese schwache Verschiebung…«
    Merlin presste die Lippen zusammen. Er wusste nicht, was er tun konnte. Krampfhaft versuchte er verschollene Erinnerungen zu aktivieren, aber es gelang ihm einfach nicht. Diesmal war alles völlig zugeschüttet.
    Und die Netzfasern brannten sich in die Drei-Sekunden-Zukunft voran…
    Über ihnen schwebte die riesige schwarze Wolke!
    Plötzlich flammte es wild auf. Die Sphäre verging. Von einem Moment zum anderen stürzten sie aus der Zukunft heraus…
    Aber etwas Seltsames geschah.
    Morgana wurde in ihre Gegenwart zurückgerissen.
    Merlin dagegen – noch weiter in die Zukunft gestoßen…
    Von einem Moment zum anderen verschwand Morgana aus seinen Armen. Im nächsten Moment sah er sie schon weit über sich in einem schwarzen Netz auf die Wolke zurasen. Sie hatte diese Wolke bereits fast erreicht. Rund sechs Sekunden lagen jetzt zwischen Merlin und Morgana. Die gleiche Zeitspanne, in der sie zurückgefallen war, war er vorwärts geschleudert worden.
    Ihm wurde schlagartig klar, daß er
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