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04 - Winnetou IV

04 - Winnetou IV

Titel: 04 - Winnetou IV
Autoren: Karl May
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er oft vergebens äußerte, nämlich der, mich einmal mitbringen zu dürfen.
    Und nun jetzt, nach so langer Zeit, auf einmal diese dringende Einladung! Das konnte nur sehr ernste und sehr gewichtige Gründe haben, Gründe, die keine gewöhnlichen und alltäglichen Ziele verfolgten, sondern sich auf Besseres und Wertvolleres bezogen, als ich jetzt, da ich seinen Brief soeben erst erhalten hatte, schon zu durchschauen vermochte. Aber es stand nun fest, daß ich hinüberging und daß ich zur rechten Zeit auf dem Nugget-tsil eintreffen würde, um die mir bezeichnete Blaufichte zu mir sprechen zu lassen. Und ebenso bestimmt war es, daß das Herzle mich begleitete.
    Als sie das hörte, jubelte sie nicht etwa auf, sondern sie zeigte mir ganz im Gegenteil ihr ernsthaftestes Gesicht. Sie dachte an die Anstrengungen einer solchen Reise und an die Gefahren eines solchen Rittes durch den Westen. Denn daß die von nah und fern herbeieilenden vielen Häuptlinge sich nicht der Eisenbahn bedienen würden, verstand sich ganz von selbst; das war überhaupt schon durch die Heimlichkeit, mit der alles zu geschehen hatte, ausgeschlossen. Aber sie dachte, indem sie von diesen Anstrengungen und Gefahren sprach, nicht an sich selbst, sondern nur an mich. Es gelang mir jedoch sehr leicht, sie zu überzeugen, daß man jetzt zwar noch von einem ‚Westen‘, aber schon längst nicht mehr von einem ‚Wilden Westen‘ sprechen könne und daß ein solcher Ritt für mich nur eine Erholung, nicht aber eine Beschwerde sei. Was sie selbst betrifft, so war sie gesund, mutig, geschickt, ausdauernd und frugal genug, um mich begleiten zu können. Sie beherrschte die englische Sprache, und sie hatte durch das fleißige Zusammenstudieren und Zusammenarbeiten mit mir sich so ganz nebenbei auch eine Menge indianischer Wörter und Redensarten angeeignet, die ihr zustatten kommen mußten. Auch was das Reiten betrifft, so war ihr unser letzter längerer Aufenthalt im Orient eine gute Lehrzeit gewesen. Sie hatte sich da ganz geschickt benommen und nicht nur Pferde, sondern auch Kamele gut zu behandeln gelernt.
    Und wie stets und überall, so zeigte sie sich auch hier als klug berechnende, wirtschaftlich vorausschauende Hausfrau. Ich hatte von einigen amerikanischen Verlagsbuchhändlern Offerten erhalten, die sich auf die Herausgabe meiner Werke in englischer Sprache für da drüben bezogen. Diese Herren sollte ich, so meinte das Herzle, bei dieser Gelegenheit persönlich aufsuchen, um, falls sie auf meine Bedingungen eingingen, mit ihnen bequemer abschließen zu können, als es aus der Ferne und brieflich möglich war. Um die Deckelbilder vorzeigen zu können, machte sie sich von den Originalen derselben photographische Kopien im Großformat, die ihr sehr gut gelangen, denn das Herzle versteht das Photographieren viel, viel besser als ich. Am besten gelang ihr der Sascha Schneidersche zum Himmel aufstrebende Winnetou. Von demselben Künstler besitze ich auch prächtige, ergreifende Porträts von Abu Kital, dem Gewaltmenschen, und Marah Durumeh, der Menschheitsseele. Auch diese beiden, die für die nächsten Bände bestimmt sind, wurden photographiert, um mitgenommen zu werden, und zwar nicht auf Karton, sondern unaufgezogen, also so dünn, daß sie im Koffer fast gar keinen Raum einnahmen und zusammengerollt oder zusammengebrochen in die Rocktasche gesteckt werden konnten.
    Ich bitte, auch diese rein geschäftlichen Bemerkungen nicht für langweilig oder gar für überflüssig zu halten. Man wird im Verlauf der Erzählungen sehen, daß einige dieser Bilder eine nicht gewöhnliche Wichtigkeit in der Kette der Ereignisse erhielten. Wer mich kennt, der weiß, daß es für mich keinen ‚Zufall‘ gibt. Ich führe alles, was geschieht, auf einen höheren Willen zurück, mag man diesen Willen als Gott, als Schicksal, als Fügung oder sonst irgendwie bezeichnen. Diese Fügung waltete auch hier, dessen bin ich überzeugt. Die Buchhändlerofferten verliefen und zerrannen später zu nichts; ich fand gar keine Zeit, diese Herren aufzusuchen. Ihr Zweck war nur, den Anstoß zu dem Gedanken zu bilden, die Buchdeckel zu kopieren und diese Abzüge mitzunehmen.
    Noch klarer und noch deutlicher trat dieser Schicksalszweck bei einer andern Verlagsofferte hervor, die mir aber nicht schriftlich, sondern mündlich gemacht wurde, und zwar auffälligerweise genau zu derselben Zeit und auch von einem Amerikaner. Besonders beachtenswert sind hierbei die Nebenumstände, durch welche der
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