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04 - Winnetou IV

04 - Winnetou IV

Titel: 04 - Winnetou IV
Autoren: Karl May
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Ernährung zu sorgen und sie womöglich aus Feinden in Freunde zu verwandeln. Diese Verwandlung der Feinde in Freunde war übrigens schon recht gut im Gang, nicht nur unten, bei den Untergebenen, sondern noch viel mehr auch oben, bei den Vorgesetzten. Das bemerkte ich zu meiner Freude, als ich während dieser Nacht einmal zu Old Surehand und Apanatschka trat, die mit ihren Söhnen im Gespräch beieinander standen. Mein Kommen schien sie zunächst etwas verlegen zu machen; Old Surehand aber überwand dieses Gefühl sehr schnell und sagte:
    „Gut, daß Ihr kommt, Mr. Shatterhand, grad jetzt , wo wir einen Augenblick ungestört unter uns sind. Wir berieten uns gerade darüber, ob wir Euch ein offenes Geständnis schuldig sind oder nicht. Ich meine, wir sind es Euch schuldig, Euch und dem alten, prächtigen Tatellah-Satah, dem wir so viel Kummer und Ärger bereitet haben. Wir bereuen es sehr. Bitte, sagt ihm das!“
    „Ja, bitte, sagt es ihm!“ fiel Apanatschka ein. „Wir sind gern bereit, es wieder gut zu machen. Das mit dem Riesendenkmal war kein sehr geistreicher Gedanke von uns! Eure Vorlesungen haben da viel und tief gewirkt. Und was von dieser Dummheit trotzdem in uns sitzen blieb, das wurde augenblicklich weggefegt, als wir unser sogenanntes Kunstwerk plötzlich in die Erde verschwinden sahen. Das war eine ganz gewaltige Ohrfeige für uns! Und wir geben zu, wir haben sie verdient! Freilich ist der Spaß, den wir uns gestattet haben, kein sehr billiger. Unsere Söhne bezahlen ihn mit einem guten Teil ihres künstlerischen Selbstbewußtseins, und was uns, die beiden Väter betrifft, so haben wir Summen an die Sache gewendet, die nicht unbedeutend sind und die wir leider nun als verloren betrachten müssen – – –!“
    „Verloren?“ fragte ich. „Keineswegs!“
    „O doch!“
    „Nein! Und auch das verletzte künstlerische Selbstbewußtsein ist schnell zu heilen. Hätten die beiden jungen Herren damals, als dieser Plan in euch entstand, mehr Vertrauen zu mir, ihrem alten, aufrichtigen Freund gehabt, so wären eure Gedanken in ganz andere Bahnen gelenkt worden, und ihr hättet jetzt nicht mit Verlusten zu rechnen, die eigentlich keine Verluste sind, weil sie einen großen inneren Gewinn für euch bedeuten. Und der ist nicht zu teuer bezahlt!“
    „Wirklich nicht?“ fragte Old Surehand.
    „Nein! Laßt das Denkmal, wie wir es meinen, immerhin über das, wie Ihr es meintet, den Sieg davongetragen haben; der andere Teil Eures Planes bleibt doch. Und er ist der pekuniär einträglichere!“
    „Welcher Teil!“
    „Die Gründung der Stadt Winnetou.“
    „Ihr meint nicht, daß sie rückgängig wird, nun, nachdem wir mit unserer Riesenfigur so abgefallen sind?“
    „Gewiß nicht! Ich bin ganz im Gegenteil der allererste, der mit größtem Nachdruck auf diese Gründung dringt.“
    „Wenn das wäre!“ rief er erfreut aus, und: „Wenn das wäre!“ stimmten auch die drei anderen ein.
    „Es wird!“ versicherte ich. „Wenn wir wünschen, daß die Seele der roten Rasse erwache, genügt es nicht, nur allein für ihre geistige Zukunft zu sorgen, sondern wir müssen ihr auch eine äußere Stätte bereiten, aus welcher sie die nötige Erdenkraft zu ziehen vermag. Das soll und wird die Stadt Winnetou sein, die Ihr geplant habt, ohne an die Volksseele, der sie als Residenz zu dienen hat, zu denken. Fragt euch, was für Straßen, für Plätze, für Häuser, für Gebäude wir da brauchen! Ein Stammeshaus für jeden einzelnen Clan, den größten und schönsten für den neugegründeten ‚Clan Winnetou‘! Wieviel Monumentalbauten ergibt schon das allein! Denkt euch hierzu das Schloß hoch über der Stadt in würdiger Weise ausgebaut! Denkt euch ferner, daß der ‚Berg der Königsgräber‘ sich öffnen wird und ihr die Schätze, die er euch sendet, in der Weise unterzubringen habt, wie man es solchen unvergleichlichen Reichtümern schuldig ist! Das ist nur einiges, was ich euch für jetzt und einstweilen sagen kann. Verlangt ihr mehr?“
    „Nein, nein!“ antwortete Old Surehand. „Ihr öffnet uns da Perspektiven, von denen wir bisher keine Ahnung hatten! Und das alles, alles soll beraten werden?“
    „Ja.“
    „Und wir dürfen dabei sein?“
    „Ganz selbstverständlich!“
    „Dann danken wir Euch! Wir danken!“ rief er ganz begeistert aus. „Das ist ja mehr, als wir jemals hoffen konnten! Hätten wir doch früher mehr an Euch gedacht!“
    „Holt das Versäumte nach; noch ist es Zeit!“ riet ich ihm.
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