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04 - Winnetou IV

04 - Winnetou IV

Titel: 04 - Winnetou IV
Autoren: Karl May
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habe jetzt keine Zeit, zu lauschen. Hier gilt es, zu retten, was vielleicht noch zu retten ist!“
    Ich schickte Intschu-inta und Pappermann nach dem Schloß, um Fackeln zu holen. Und ich suchte Old Surehand und den Ingenieur auf, um zu fragen, ob es nicht möglich sei, schnell wieder elektrisches Licht zu machen. Sie versprachen, dies zu tun; Leitungsdrähte und Glühkörper seien genug vorhanden. Sodann beauftragte ich sechs von den zwölf Apatschenhäuptlingen, mit ihren Leuten sofort, trotz des nächtlichen Dunkels, nach dem ‚Tal der Höhle‘ zu reiten und möglichst schnell Bericht zu erstatten, wie es dort stehe. Und kaum hatte ich das getan, so nahte die Gefahr in neuer Gestalt. Der Wasserfall verschwand nicht mehr vollständig in die Tiefe. Die hinabgestürzten Erd- und Steinmassen hatten sich in den Abfluß gelegt, und so stieg das Wasser in dem entstandenen Riesenloch immer höher und höher. Nicht lange, so mußte es das Tal überschwemmen, und dann war es nicht mehr möglich, den in der Höhle wahrscheinlich Verschütteten von hier aus Rettung zu bringen. Glücklicherweise aber kam es nicht so weit. Die Gewalt des Wassers war größer als das Gewicht der Erdmassen. Die aufsteigenden Fluten, von denen es schien, als ob sie einen See bilden wollten, begannen zu mahlen, zu drehen und zu gurgeln. Sie hatten neuen Weg gefunden. Es bildete sich ein wirbelnder Trichter, der mit dem Wasser in der Tiefe verschwand und dann nicht wieder erschien.
    Nun kamen Intschu-inta und Pappermann vom Schloß. Sie brachten die gewünschten Fackeln. Ich nahm zu den beiden Genannten noch einige zuverlässige Winnetous und stieg mit ihnen, von andern unbemerkt, in den Gang, der unter der Kanzel mündete. Die Fackeln brannten wir nicht schon außen, sondern erst drinnen an; dann folgten wir den abwärts führenden Stufen. Dabei sahen wir, daß die Erschütterung bis hierher gereicht hatte. Es waren Steine von den Wänden und der Decke des Ganges gefallen, und zwar um so mehr, je weiter wir kamen. Oft waren es ihrer so viele, daß wir sie wegzuräumen hatten, um weitergehen zu können. Darum kamen wir nur langsam vorwärts. Da, wo unser Gang in den andern, nach dem Passiflorenraum führenden, mündete, sah es ziemlich arg aus. Zu den Stalaktiten, die wir da aufgehäuft hatten, war eine Menge anderes Geröll gekommen, so daß wir fast eine Stunde brauchten, uns den freien Weg zu bahnen. Von da ging es dann n ach der Stelle, an welcher der schmale Weg mit dem breiten zusammenstieß, der hinter dem Schleierfall mündete, also nach dem Punkt, an dem ich den ersten Riß in der Decke und das Abbröckeln des Gesteins bemerkt hatte. Sie war verschüttet, vollständig verschüttet; wir konnten nicht bis ganz hin. Aber wir trafen auf zwei Personen, die nebeneinander tief an der Erde saßen und sich nicht rührten, als wir uns ihnen näherten. Eine ausgelöschte, halbe Fackel lag neben ihnen. Es waren die beiden entflohenen Medizinmänner , die an der Spitze unserer viertausend Gegner durch die Höhle marschiert waren. Sie bewegten sich nicht und kannten uns kaum. Der Schreck und die überstandene Todesangst hatten ihnen die Sinne verwirrt. Sie starrten angstvoll vor sich hin und waren nur schwer zum Sprechen zu bringen. Es kostete uns viel Zeit und große Mühe, aus ihren verworrenen Antworten uns zusammenzusetzen, was geschehen war. Sie hatten die Pferde unter Aufsicht im Tal gelassen und waren zu Fuß in die Höhle eingedrungen. Da sie Zeit hatten, rückten sie nur langsam vorwärts. Als die Katastrophe hereinbrach, befanden sie sich grad am Ende des breiten Reitweges, glücklicherweise nicht im Mittelpunkt, sondern an der Peripherie des Zerstörungsbereiches. Es gab einen Luftstoß , der sämtliche Fackeln auslöschte. Die Wände zitterten, der Boden bebte, die Decke krachte. Viele, viele wurden von dem herabstürzenden Gestein verletzt. Es brach eine ungeheure Panik aus. Man ergriff die Flucht. Aber wohin? Die einen drängten vorwärts, die andern rückwärts. Alles schrie und brüllte. Einer riß den andern nieder. Einer trat und stampfte auf dem andern herum. Da versiegte plötzlich der Fluß. Bald aber kam er um so stärker wieder. Das war, als droben ein See entstehen wollte, der aber schnell wieder zusammenwirbelte und verschwand. Das ergab unten in der Höhle eine gewaltige Hochwelle, die alles überflutete und einen jeden, der keinen festen Halt fand, mit sich fortzureißen drohte. Diese Flutwelle hatte eine solche Gewalt, daß
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