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04 - Lebe lieber untot

04 - Lebe lieber untot

Titel: 04 - Lebe lieber untot
Autoren: Kimberly Raye
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nicht sehen. Irgendwo ganz weit entfernt hallten Schritte und Stimmen. Vertraute Stimmen.
    „Wo bist du?“
    Ty flüsterte in meinem Kopf, und Hoffnung keimte auf.
    Ich bemühte mich, einen Gedanken zu formulieren und ihm zukommen zu lassen. Aber das Einzige, woran ich denken konnte, war, wie sehr mir alles wehtat und wie viel Angst ich hatte und wie verdammt heiß -
    „Ich komme, Baby. Ich komme.“ Wieder war es seine Stimme. Laut. Deutlich. Nahe. Er nannte mich Baby.
    Diesen einen Gedanken konnte ich noch fassen, verspürte ein kurzes Aufflackern von Glück, bevor mir ein brennender Schmerz in die Brust fuhr wie ein glühend heißes Messer. Ich keuchte und stöhnte, kämpfte gegen dieses Gefühl an, das mich zu Boden zwingen wollte. Dann zwang ich mich selbst, die Augen zu öffnen. Ich musste ausharren, mich konzentrieren, sehen, aber ein grüner Nebelschleier nahm mir die Sicht.
    Ich stolperte vorwärts. Tys Gedanken in meinem Kopf leiteten mich an.
    „Ich bin hier.“
    „Ich komme.“
    „Alles wird gut.“
    Eine Tür wurde lautstark aufgerissen, und Schritte näherten sich.
    „Heilige Scheiße.“ Diesmal war es Ashs Stimme.
    „Verdammter Mist“, knurrte Ty.
    Verdammter Doppelmist, erklärte eine Stimme in mir.
    In diesem Augenblick wusste ich - und zwar so sicher, wie ich wusste, dass meine Mutter ihr Streben nach zahlreichen Enkelkindern niemals aufgeben würde -, dass mein gabelschwänziger Kumpel und ich auf dem direkten Weg zur Hölle fahren würden.
    Dann brach das Chaos aus. Hände wurden nach mir ausgestreckt.
    „Nein!“ Es war Tys Stimme, die in meinen Ohren gellte.
    „Doch nicht sie, du Arschloch“, knurrte er. „Mich.“ Und dann senkten sich seine Fänge tief in meinen Hals.
    Das Feuer wurde unerträglich. Schreie hallten in meinen Ohren wider. Mein Leben nach dem Tod schwand dahin. Und dann wurde alles um mich herum pechschwarz.
    Als ich endlich die Augen öffnete, lag ich auf dem Bauch mitten in einem riesigen Bett, mit einer Daunendecke und einem ganzen Haufen weicher, kuscheliger Kissen.
    Tys vertrauter, moschusartiger Duft - frische Luft, Freiheit und ein Hauch von Gefahr - stieg mir in die Nase. Ich vergrub meinen Kopf im Kissen und atmete tief ein. Himmlisch.
    Das musste es sein. Ich war tot. Offensichtlich nicht in der Hölle, was bedeutete, dass es mich wohl in die entgegengesetzte Richtung verschlagen haben musste, dank all der harten Arbeit, die ich als engagierte Partnervermittlerin geleistet hatte. Ich hatte den verlorenen, einsamen Seelen New Yorks geholfen, wahre Liebe zu finden, und dies war meine Belohnung.
    Ich nahm noch einen tiefen Atemzug, bevor ich den Kopf hob, um zu sehen, was mich sonst noch im Jenseits erwartete. Mal sehen ... ein himmlischer Strand. Ein unbegrenztes Angebot an Designerkleidung. Ein heiß aussehender Dämon, der auf dem Sofa lümmelte und sich ein Autorennen ansah -
    Das darf doch wohl nicht wahr sein!
    Ich blinzelte, aber er war immer noch da, nur wenige Meter entfernt, die Füße auf dem Wohnzimmertisch aus Glas und Chrom, die Fernbedienung in der Hand. Er drückte einen Knopf, und die Rennwagen machten dem neuesten Video von Nickelback Platz.
    O-kay.
    Wenn ich auch nicht gerade Expertin in himmlischen Dingen war, so wäre ich doch bereit gewesen, meinen nächsten Vorschuss zu verwetten, dass Dämonen dort nicht erlaubt waren. Nicht mal gut aussehende.
    Ich drehte mich auf die Seite und zuckte sogleich zusammen. Mein ganzer Körper tat weh, und meine Haut fühlte sich taub und viel zu eng an. Ich trug ein Männer-T-Shirt, das mir einigermaßen zu groß war, und meine Unterwäsche. Meine Beine waren unter der weichen Decke nackt. Ich kämpfte mich in eine sitzende Position hoch und blinzelte. Einmal, zweimal, und endlich konnte ich sehen, was jenseits des Sofas und des Dämons lag.
    Von wegen weißer Sandstrand, Palmen und eine Bambushütte voller Calvin-Klein-Kleider und Ferragamo-Handtaschen und entzückender Christian-Louboutin-Schuhe.
    Stattdessen blickte ich auf eine wohlvertraute Glasfront, die auf eine ruhige Straße im Meatpacking District hinausging. Hinter den Scheiben schob sich soeben der Vollmond über den Rand des gegenüberliegenden Gebäudes und erleuchtete den riesigen Raum.
    Tys Loft.
    Ich hatte ja mal eine ganze Weile hier wohnen dürfen, in der Zeit, als ich wegen Mordes gesucht wurde, und war darum mit dem Grundriss bestens vertraut. Wir befanden uns im obersten Stock eines dreistöckigen ehemaligen Lagerhauses, der mit
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