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04 - komplett

04 - komplett

Titel: 04 - komplett
Autoren: 2 Romane
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wird, wirst du Cassandra bei dir haben.
    Mit ihrer Hilfe wird es mir wohl gelingen, dich vor den Gardinenpredigten meines Onkels zu schützen.“
    „Du wirst doch hoffentlich nach deinem Onkel abreisen?“
    „Ich werde bleiben, bis Cassandra meinen Antrag entweder angenommen oder abgewiesen hat. Dann sehen wir weiter.“
    Tief in Gedanken versunken, unternahm Vincent später seinen abendlichen Spaziergang über sein Gut. Es wurde wirklich höchste Zeit, zu heiraten und eine Familie zu gründen. Da er bisher noch keiner Frau begegnet war, die er zu seiner Gattin hätte machen wollen, schien die vernünftigste Lösung zu sein, eine Vernunftehe einzugehen. Am besten mit einer Frau, die nicht zu viel von ihm verlangte.
    Als Jack ihm vorgeschlagen hatte, Cassandra zu heiraten, hatte er gezögert. Hätte er bei jener ersten Gelegenheit sein Wort gegeben, wäre die ganze alberne Sache mit den Strohhalmen nicht nötig gewesen. Nach Jacks Tod war Vincent davon überzeugt gewesen, dass es seine Pflicht war, Cassandra zu heiraten.
    Warum hatte er es also so lange hinausgeschoben? Elf Monate waren vergangen, seit Napoleon besiegt und nach Sankt Helena verbannt worden war, und neun seit seiner Heimkehr nach England. Seine Wunden waren längst verheilt, dennoch hatte er keine Anstalten gemacht, sein Jack gegebenes Versprechen einzulösen. Nur einen Brief schrieb er Cassandra aus Frankreich.
    Es gab Gründe, die ihn davon abhielten, sie aufzusuchen. Er hatte Jack fallen sehen, er wusste, der Schuss musste tödlich gewesen sein. Viele Soldaten waren an der Stelle, an der sie gefallen waren, begraben worden – manche so arg verstümmelt von den französischen Kanonenkugeln, dass nicht einmal ihre Freunde sie hatten identifizieren können.
    „Verdammt, Jack!“, fluchte Vincent leise, den Blick bedrückt auf die untergehende Sonne gerichtet. „Warum gönnst du mir keinen Frieden?“
    Doch er hatte seinen Freund im Stich gelassen und würde niemals Frieden finden, wenn es ihm nicht gelang, dafür auf irgendeine Weise zu büßen. Die einzige Bitte, die Jack je an ihn gerichtet hatte, war, sich um Cassandra zu kümmern.
    „Sie ist nicht hübsch“, hatte Jack gesagt, als sie vor einem fast erloschenen Lagerfeuer saßen. „Aber sie würde jedem eine wunderbare Frau sein. Sie braucht einen anständigen Mann, Vinnie. Und schon immer fand ich, dass du und Cassie wunderbar zueinander passen würdet.“
    „In Ordnung, Jack“, sagte Vincent jetzt leise in die Dunkelheit hinein. „Du hast gewonnen, verdammt noch mal. Ich werde sie heiraten ... wenn sie mich haben will.“
    Zwei Tage später betrachtete Miss Cassandra Thornton voller Genugtuung die Ansammlung von Kleidern, die auf ihrem Bett ausgebreitet lag. In ihrem ganzen Leben hatte sie noch nie so viele neue Kleider besessen. Zwar wusste sie auch, dass es beileibe nicht ausreichen würde für eine Saison in London, die sie bereits ins Auge gefasst hatte, seit sie von ihrer erstaunlichen Erbschaft erfahren hatte. Doch sie war nichtsdestotrotz mehr als zufrieden.
    „Sie sind wunderschön“, bemerkte ihre Freundin, während sie über den besonders hübschen Stoff eines grünen Ausgehkleides strich. „Du hast solches Glück, Cassie.
    Ich habe noch nie etwas so Bezauberndes gesehen.“
    „Gefällt dir das?“, fragte Cassie und hielt ihr das Kleid an. „Ja, die Farbe steht dir sehr gut. Sie betont den Goldschimmer deines Haars und das Grün deiner Augen. Du musst es tragen, Sarah.“
    „Oh, das könnte ich nicht“, wehrte Miss Sarah Walker ab. Zwar hatte sie beim Anblick der vielen schönen Kleider einen kleinen neidvollen Stich nicht unterdrücken können. Als fünfte Tochter eines Landpfarrers wusste sie, dass ihre Eltern sich nie eine Saison für sie leisten könnten. „Ich bewunderte es nur und wollte nicht, dass du es mir gleich gibst.“
    „Das weiß ich doch, Dummerchen!“ Cassie lachte und drückte ihrer Freundin das Kleid in die Hände. „Es sind noch genug Kleider für mich übrig. Die werden ausreichen, bis ich nach London fahre.“
    „Wann reist du ab?“ Sarah betrachtete das Kleid mit unverhohlener Sehnsucht, zögerte aber noch immer. „Bist du sicher, du wirst es nicht bereuen, Cassie?“
    „Ganz sicher. Es steht dir viel besser als mir. Eigentlich finde ich, auch der braune Samtstoff und der blaue Musselin würden wunderbar an dir aussehen. Du sollst alle bekommen.“
    „Cassie! Du bist viel zu großzügig. Unmöglich kannst du dir leisten, mir all diese
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