Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
04 - komplett

04 - komplett

Titel: 04 - komplett
Autoren: 2 Romane
Vom Netzwerk:
es geerbt hast. Aber die Tochter eines bloßen Baronets? Du solltest an dein Ansehen denken und an unseren Familienstolz.“
    Er hob die dunklen Augenbrauen, und seine Mutter errötete. Denn sowenig sie daran erinnert werden wollte, war sein verstorbener Vater ebenfalls ein unbesonnener Spieler gewesen. Wäre er nicht völlig unerwartet gestorben, hätte er sie sehr gut in den Ruin treiben können.
    „Ja, ich weiß. Nur ein Unfall hat deinen Vater davor bewahrt, ein ähnliches Schicksal wie das Sir Edward Thorntons zu erleiden. Aber das ist nicht der Punkt.“
    „Der Punkt ist, Mama“, rief Vincent sanft in Erinnerung, „dass du mir ständig vorhältst, ich müsse meine Pflicht erfüllen und einen Erben zeugen ...“
    „Was sollte ich auch sonst tun?“, unterbrach sie ihn entrüstet. „Dein Onkel Septimus spricht doch auch von nichts anderem. Und was seine abscheuliche Frau angeht, die sich mit ihrem scheußlichen Balg brüstet, als stünde er schon kurz davor, deinen Platz einzunehmen: Sie inspizierte bei ihrem letzten Besuch die Vorhänge, als würde sie in nächster Zeit hier einziehen. Du magst ja nicht mehr in der Blüte deiner Jugend stehen, Carlton, aber tot umfallen wirst du auch nicht gerade!“
    „Vielen Dank für deine Zuversicht, Mama. Es erleichtert mich zutiefst, dich das sagen zu hören.“
    „Ach, du!“ Sie beäugte ihn streng. „Immer musst du scherzen. Ich finde wirklich, manchmal hast du einen sehr seltsamen Sinn für Humor, Vincent!“
    „Vergib mir, Mama. Es tut mir sehr leid, dass du meine Scherze nicht zu schätzen weißt.“
    „Was ich nicht zu schätzen weiß, ist diese alberne Idee, du müsstest die kleine Thornton heiraten.“ Sie seufzte. „Zwar waren wir Jacks und Cassandras Nachbarn, während mein lieber Bertie noch am Leben war ...“ Sie betupfte sich die Augen mit einem hauchdünnen Spitzentaschentuch. „Und auch jetzt wären wir es noch, denke ich, wenn du nicht so großzügig gewesen wärst, mich hier auf Carlton Manor wohnen zu lassen – das Longbourne natürlich bei Weitem vorzuziehen ist. So viel weniger zugig im Winter, weißt du. Aber ...“, nun erinnerte sie sich doch noch an den Beginn ihrer Rede, „... warum musst ausgerechnet du es sein, der sie heiratet?“
    Lord Carlton hatte jahrelange Erfahrung darin, die oft verworrenen Sätze seiner Mama zu entwirren. Er erkannte somit ohne Schwierigkeiten, was ihr Sorge bereitete.
    „Es war gar nicht so großzügig, wie du meinst“, versicherte er ihr lächelnd. „Das Haus hier bedeutet mir nichts. Ich ziehe mein eigenes in London vor. Und vergiss nicht Großvater Hamiltons Gut in Surrey, das einen sehr angenehmen Landsitz abgeben wird, sobald ich es moderner einrichte.“
    „Nun, du kannst mit deinem Geld natürlich machen, was dir beliebt.“ Lady Longbourne ließ sich erleichtert in die Seidenkissen zurücksinken. „Wahrscheinlich könntest du dir leisten, ein Dutzend Häuser zu kaufen. Ich fand eigentlich immer, dass es ein wenig ungerecht von meinem Vater war, dir den Löwenanteil seines Vermögens zu vermachen.“
    „Nein, nein, Mama“, beeilte Harry sich einzuwerfen. Wie immer, wenn dieses Thema aufkam, wurde er hochrot vor Verlegenheit. Die Großzügigkeit seines Halbbruders war ihm so häufig zugutegekommen, dass er die Andeutungen seiner Mutter sehr ungerecht fand. „Ich habe doch Papas Landsitz, der vielleicht nicht so groß ist wie Vinnies, der aber immerhin gute Gewinne abwarf, als ich ihn erbte. Vinnie hingegen musste viel Arbeit hineinstecken, bevor Carlton wieder zu florieren begann.“
    „Nun, das mag ja sein“, gab Lady Longbourne zu. „Und natürlich war er zu uns allen immer nur großzügig. Trotzdem verstehe ich nicht, warum er dieses Mädchen heiraten muss.“
    „Jacks Leiche wurde nie gefunden“, sagte Vincent mit rauer Stimme. „Er war mein Freund, Mama. Sein Körper liegt in einem namenlosen Grab irgendwo in Frankreich.
    Wenigstens das bin ich ihm schuldig.“
    Lady Longbourne war für den Moment zum Schweigen gebracht. Die leidenschaftlichen Worte ihres Sohnes und der Schmerz in seinen Augen überraschten sie. Es sah Carlton gar nicht ähnlich, so offen seine Gefühle zu zeigen.
    „Wir waren fünf“, erklärte Harry. „Wir haben mit Strohhalmen gelost und ...“
    „Ich habe gewonnen“, beendete Vincent den Satz und sah Harry streng an. „Ich erinnere mich an Cassandra nur als ein dünnes kleines Ding, aber damals war sie erst zwölf. Ich stelle mir vor, inzwischen wird
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher