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039 - Vor der Tür stand Frankenstein

039 - Vor der Tür stand Frankenstein

Titel: 039 - Vor der Tür stand Frankenstein
Autoren: Larry Brent
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offensichtlich, dass
die junge Frau nicht mehr wusste.
    Das breite, klobige Holztor des Bauernhofes stand noch offen – wie Nicole
Mercier es verlassen hatte.
    Kommissar Lucell wurde von drei Beamten begleitet. Der vierte, der in einem
zweiten Dienstwagen mitgefahren war, blieb im Auto zurück.
    Sie gingen zuerst in den Stall und fanden alles so, wie es geschildert
wurde.
    Als sie die Teile des zerrissenen Schweines sahen, wurden die Polizisten
blass. Wie bei einem Mordfall wurden Spuren gesichert. Der Kommissar sprach
während dieser Vorgänge kaum ein Wort, doch seine Redefaulheit war bekannt. Er
schien sich für die Dinge nicht zu interessieren, blieb nur hier und da einmal
stehen, betrachtete sinnend seine Zigarre, die meistens nicht brannte, und ging
weiter. Er verlangte jedoch, dass Nicole Mercier an seiner Seite blieb, falls
er doch noch Fragen an sie hätte.
    Danach durchsuchte er das Wohnhaus vom Keller bis unter den Dachboden.
Außer dem blutigen Haarbüschel im Stall fand man nicht die geringste Spur von
Jean Dumont, als hätte ihn der Erdboden verschluckt.
    »Eigenartig«, bemerkte der Kommissar. Sein breites, sympathisches Gesicht
war nachdenklich. »Auf den ersten Blick scheint ein Raubtier in die Ställe
eingedrungen zu sein, aber auf den zweiten merkt man spätestens, dass eine solche
Vermutung geradezu absurd ist. Ein Tier könnte das Schwein niemals so
zugerichtet haben!« Beiläufig erwähnte er, dass in der letzten Zeit oft
Meldungen eingegangen seien, wonach die Bauern in dieser Umgebung über den
Verlust von Vieh klagten. Sie hätten schon Fallen aufgestellt in der Hoffnung,
den Fuchs, den Dachs oder gar den Wolf zu fangen. »Ich habe niemals etwas
Ähnliches zuvor erlebt und gesehen«, gestand der Kommissar.
    Wenig später ließ er Nicole in dem Dienstwagen bei dem Beamten zurück und
sah sich mit einem anderen die nähere Umgebung an. Sie gingen um den Zaun
herum, suchten die Wiese nach Fußspuren ab und näherten sich – bis auf wenige
Meter – dem ausgedehnten Waldgebiet.
    Lucell wollte mit seinem Begleiter schon wieder zurückgehen, als er stutzte,
sich bückte und ein hochgeschossenes Farnkraut über den schlammigen Boden zur
Seite drückte, der vom letzten Regen in dieser Erdmulde besonders feucht
geblieben war.
    »Ein Fußabdruck. Hier ist vor kurzem noch jemand gegangen.«
    Sein Begleiter ging in die Hocke. »Ob es von Bedeutung ist?«, fragte er,
doch es schien, als würde er seine vorschnelle Bemerkung bereuen.
    »Der Bursche, der hier gelaufen ist, hat verdammt große Latschen.«
    »Es ist der größte menschliche Fußabdruck, den ich jemals gesehen habe, Philipe.
Da passt mein Fuß fast zweimal hinein. Davon will ich einen Gipsabdruck sehen«,
murmelte der Kommissar.
    Er kehrte zum Hof zurück und schärfte seinen Leuten ein, besonders nach
Fußabdrücken Ausschau zu halten. Das Glück war mit ihnen. Hinter dem Stall
befand sich ein schmaler Durchgang. Dort stieß ein Beamter auf das Fragment
eines Abdruckes. Die Ferse war noch vorhanden. Sie passte in Größe und Form
genau zu dem, den sie am Waldrand gefunden hatten. Der Boden hinter dem Stall,
unmittelbar an der vorbeiführenden Umzäunung, war aufgewühlt. Dort musste
längere Zeit jemand gestanden und gewartet haben.
    »Ich denke, wir sprechen nicht über unsere Entdeckung«, meinte Kommissar
Lucell leise, während er zum wiederholten Mal seine Zigarre anzündete und nach
drei- bis viermaligem Ziehen doch wieder vergaß, weiterzurauchen. »Wir warten
erst mal das Laborergebnis ab.«
    Später stellte er nur noch eine Frage an Nicole Mercier: »Wie groß war Jean
Dumont?«
    »Etwa einsachtzig.«
    Die Abdrücke hätte von einem Menschen stammen müssen, der mindestens drei
Meter sechzig gewesen wäre. Bemerkenswert war noch, dass es die eines nackten
Fußes waren. Deutlich zeichneten sich die unförmigen dicken Zehen ab.
    Der Kommissar kam nicht so schnell von diesem Ort weg, wie er gehofft und
erwartet hatte. Immer wieder machte er die Runde in den Stall, als müsse dort
irgendetwas sein, wonach er bisher vergebens Ausschau gehalten hatte. Als sein
Begleiter neben ihm stand, schüttelte Lucell ungläubig den Kopf. »Wenn ich
nicht wüsste, dass wir im 20. Jahrhundert leben, dann könnte ich fast glauben,
hier würde ein Film gedreht und wir beide wären auf den Spuren eines
vorsintflutlichen menschenähnlichen Ungeheuers. Ich habe das Gefühl, dass sich
die Bauern in der Umgebung gründlich geirrt haben mit ihrem Fuchs, Dachs
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