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039 - Flucht in die Todeszone

039 - Flucht in die Todeszone

Titel: 039 - Flucht in die Todeszone
Autoren: Ronald M. Hahn
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hielt. Der Mann hatte keine Illusionen. Er hatte eigentlich nie welche gehabt. Er war seit dem siebzehnten Lebensjahr Soldat, und seine Maxime lautete: »Don't ask why - go out and die!« Seine politischen Ansichten waren erzreaktionär, aber in Notsituationen hätte Queen ihm bedingungslos ihr Leben anvertraut.
    »Hört zu, Leute«, sagte sie leger. »Wir stehen am Ortseingang von Fort Clark.« Sie räusperte sich. »Ich habe keine Ahnung, was sich inzwischen hier getan hat. Deswegen schlage ich vor, dass wir die Augen offenhalten und nicht das geringste Risiko eingehen.« Es kam ihr komisch vor, dass sie etwas vorschlug, statt Befehle zu erteilen. Immerhin kommandierte sie den Trupp. Aber irgendwie hatte sie seit dem Beginn der endlosen Nacht das Gefühl, nicht mehr die Repräsentantin einer Weltmacht, sondern eine uniformierte Hochstaplerin zu sein. Alles deutete darauf hin, dass es die amerikanische Nation nicht mehr gab. Es war unglaublich, dass die dreiunddreißig Männer und Frauen, die sie befehligte, sich noch an ihren Fahneneid gebunden fühlten. Glaubten sie etwa, sie werde sie aus dem Schlamassel rausholen?
    »Verstanden, Captain«, sagte Brady. Harker und Grant bestätigten den Empfang ihrer
    »Anweisung«. Draußen heulte der Wind. Dicke Schneeflocken tanzten elfengleich über den Monitor. Wenigstens hatte der Hagel aufgehört. Queen nickte Cloud zu. Er fuhr vorsichtig weiter. Die Panzerketten mahlten knirschend durch den Schnee. Ob man das Rasseln draußen im heulenden Wind hörte? Die Garnison musste ganz in der Nähe sein.
    »Da ist was, Queenie«, sagte Cloud plötzlich und deutete nach vorn. Er war der Einzige an Bord, der sie so nennen durfte, denn wenn sie schwanger war, war er der Vater ihres Kindes.
    »Guck mal, da vorn.« Sein viereckiges Kinn deutete auf den Monitor.
    Tatsächlich. Deborah Queen runzelte die Stirn. »Sieht aus wie 'ne Barrikade.«
    Ihr Blick traf umgestürzte Fahrzeuge. Laster und Personenwagen verbauten ihren Weg. Rechts und links ragten reichlich mitgenommene ein- und zweistöckige Bauten auf. Die Fenster waren zerschlagen, die Wände teilweise herausgerissen. Die Menschen hatten sie wahrscheinlich verheizt. Brennmaterial war knapp. Wer in diesen Breitengraden lebte, hatte es eher mit der Sonne gehabt. Kälte war man hier nicht gewohnt.
    Sie fragte sich, wo die Bewohner der Ortschaft waren. Fort Clark war nicht das einzige Städtchen, das sie auf ihrer langen Reise nach Süden durchfahren hatten. In den meisten Orten hatte es ähnlich ausgesehen. Queen erinnerte sich an geplünderte Supermärkte, Schnapsläden und Howard-Johnson-Filialen.
    Kein Mensch auf der Welt - vielleicht mit Ausnahme der Innuit und Aleuten - war auf die monatelange Nacht vorbereitet gewesen.
    »Anhalten«, sagte Queen. Cloud bremste. Die Heckleuchten des Panzers blitzten auf. Die drei Laster, die ihnen durch den heftigen Schneefall folgten, blieben stehen. Queen setzte den Funkhelm auf, schob das Mikro vor ihre Lippen und informierte die Laster-Kommandanten. Cloud und die Soldaten folgten ihrem Beispiel, sodass sie sich jetzt nur noch per Funk miteinander verständigten. Außerdem entsicherten sie ihre Waffen. Die Bordschützen bemannten die Seiten-MGs, deren Monitore leise heulend zum Leben erwachten.
    »Seht ihr was?«, fragte Cloud in die atemlose Stille hinein.
    Die Bordschützen verneinten. Sekunden später meldete sich Grant. »Wir sind nicht allein, Captain. Da schleichen Leute zwischen den Häusern rum.«
    »Wie viele?«, fragte Queen.
    »Nicht genau auszumachen, Captain, aber ich würde sagen, es sind mehrere Dutzend.«
    Queen schluckte einen Fluch herunter.
    »Bewaffnet?«
    »Positiv.«
    »Absichten?«
    »So verstohlen wie sie sich bewegen, würde ich sagen, dass sie auf einen günstigen Zeitpunkt warten, um über uns herzufallen.«
    »Ich sehe sie jetzt auch«, meldete Harker. Er klang nun nicht mehr aufgeweckt, sondern panisch.
    »Brady?«
    »Bisher keine Sichtung… Moment…« Brady schnaubte, dann meldete er sich wieder.
    »Bestätige Harkers und Grants Meldungen, Captain.«
    Nun fluchte Queen doch. Sie dachte rasch nach. Vier Monate zuvor wäre es undenkbar gewesen, dass US-Bürger sich zusammentaten, um Fahrzeuge der Army anzugreifen. Doch es war viel passiert. Als noch Funkkontakt bestand, hatten sie mitbekommen, dass es zu bewaffneten Konflikten zwischen Zivilisten und Soldaten gekommen war. Fünf Tage nach dem Aufbruch hatten sie gehört, »unbekannte bewaffnete Kräfte« hätten
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