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0383 - Londons Gruselkammer Nr. 1

0383 - Londons Gruselkammer Nr. 1

Titel: 0383 - Londons Gruselkammer Nr. 1
Autoren: Jason Dark
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mit der rechten Hand umklammert. Sie schleifte die Waffe hinter sich her, deren Spitze auf dem Gestein kratzende Laute verursachte, die den Weg der Frau begleiteten. Sie hatte den Platz, wo ihre beiden Kinder auf eine Rückkehr der Eltern warteten, hinter sich gelassen und warf auch keinen Blick auf die anderen Szenen, die allesamt zu einem unwirklichen Leben erwacht waren. Uta kümmerte sich nicht um die Geräusche und die Bewegungen, sie ging stur geradeaus weiter.
    Es war ihr auch nicht möglich, einen klaren Gedanken zu fassen, weil in ihrem Kopf die Gedanken wirbelten. Eines allerdings kristallisierte sich immer stärker hervor.
    Der Begriff Hölle!
    War das die Hölle, die hinter ihr lag oder durch die sie gerade schritt? Eine Hölle auf Erden bestimmt, denn jede Qual einer Kreatur glich einer Hölle.
    Uta Gerber war ein Mensch, der Gewalt bisher verachtet hatte.
    Nun aber war in ihrem Innern eine Sicherung durchgebrannt. Etwas funktionierte nicht mehr. Sie wunderte sich nicht einmal darüber, daß es ihr fester Wille war, Hindernisse, die sich ihr in den Weg stellten, zur Seite zu räumen.
    Und so ein Hindernis sah sie.
    Es war der wandelnde Henker, der durch die Gänge schlich und einen Wachskopf auf seinen ebenfalls wachsbleichen, kräftigen Händen vorsich her trug.
    Ein enges, dunkles Trikot trug er. Seine Füße steckten in alten Stiefeln, deren Schäfte fast bis zu den Knien reichten und sehr weit waren.
    Der Henker kam auf die Frau zu.
    Er hatte sie noch nicht erreicht, aber Uta sah ihn, und sie sprach ihn auch an.
    »Geh aus dem Weg!« forderte sie.
    Der Henker dachte nicht daran. Er gehorchte nicht den Befehlen eines Menschen.
    Schnurstracks ging er weiter. Wenn Uta nicht zur Seite trat, würde ersie überrennen.
    »Nein!« flüsterte sie. »Nein, so nicht, du Schauergestalt. Ich weiche nicht zurück. Ich werde dich vernichten!« Sie wunderte sich über diese für sie schrecklichen Worte und legte auch ihre linke Hand auf den breiten Schwertgriff, damit sie die Waffe in die Höhe wuchten konnte. Für eine Hand war sie einfach zu schwer.
    Der Henker ging weiter. Die Distanz zu Uta Gerber schrumpfte immer mehr. Wenn sie schlagen wollte, wurde es Zeit, das Schwert in die Höhe zu wuchten.
    Das geschah mit einer glatten Bewegung, als hätte sie es schon immer getan. Darüber wunderte sich Uta. Sie holte weit aus und schlug die Klinge in Kopfhöhe wieder nach vorn.
    Und traf.
    Plötzlich besaß der Henker keinen Kopf mehr. Die breite und scharfe Klinge hatte den Kopf vom Rumpf getrennt, und der Wachskopf machte sich selbständig.
    Er prallte zu Boden, tickte noch einmal nach, bevor er sich überschlug und einige Schritte zur Seite rollte, wo er mit dem Gesicht nach oben liegenblieb.
    Das Schwert sank zusammen mit den Armen nach unten. Uta Gerber stand auf dem Fleck, schaute den Kopf an und ließ ihren Blick auch über den Körper gleiten.
    Er bewegte sich noch weiter, auch ohne Kopf, als Torso. Er ging an Uta vorbei, und der fremde Schädel blieb dabei auf den Händen seiner ausgestreckten Arme liegen.
    So verschwand er…
    Die Frau drehte sich nicht um. Sie wußte überhaupt nicht mehr, was sie noch alles unternehmen sollte, aber sie legte den Kopf in den Nacken, öffnete den Mund, und ein hartes Lachen strömte hervor, das einen fast bellenden Klang besaß.
    Sie hatte getötet oder vernichtet.
    Ausgerechnet sie!
    Uta Gerber wollte es kaum glauben. Sie fand den Mut, sich wieder umzudrehen und sah, wie der Kopflose wieder von dem Lichtschein verschluckt wurde, als würde er geradewegs in den Schlund der tiefsten Hölle hineingehen, um deren Herrscher anzubeten.
    War es wirklich so einfach, ein Leben auszulöschen? Sie dachte darüber nach, doch sie konnte sich selbst keine konkrete Antwort darauf geben. Nein, ein Leben war es nicht, daß sie zerstört hatte.
    Dieser Henker war ein Monstrum gewesen. Er hatte keine Seele besessen, auch kein Herz, das besaßen nur Menschen.
    Wie ihr Mann, zum Beispiel!
    Siedendheiß fiel Uta Gerber ein, weshalb sie überhaupt unterwegs war. Sie wollte ihn retten, diesen verfluchten Riegel zurückziehen oder nach hinten schlagen, um das Gitter aufklappen zu können.
    Dann war alles erledigt, dann konnte sie ihren Mann wieder in die Arme schließen und zusammen mit den Kindern die Region des Schreckens verlassen.
    Sie malte sich dies bereits aus und merkte eigentlich nicht, daß sie Wunschträumen hinterherlief. Noch lag der schwierigste Teil vor ihr. Außerdem dachte sie an
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