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0382 - Claudines Schreckensnacht

0382 - Claudines Schreckensnacht

Titel: 0382 - Claudines Schreckensnacht
Autoren: Werner Kurt Giesa
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Schaltmöglichkeit bereits zu nutzen gelernt hatte, immer noch nicht begriffen, wieso diese Hieroglyphen verschiebbar waren. Sie waren aus dem silbrigen Material des Amuletts herausgearbeitet, und sie saßen bombenfest - normalerweise! Man konnte mit Hammer und Meißel darauf einschlagen, und nichts veränderte sich. Aber in dem Moment, in welchem Zamorra oder Nicole oder sonst jemand eines oder mehrere der Zeichen mit der festen Absicht berührten, eine Funktion des Amuletts herbeizuführen, ließen sie sich butterweich verschieben.
    Um Sekundenbruchteile später wieder wie festgenietet zu sitzen…
    Ein fahles Licht tanzte für die Dauer einiger Herzschläge in Zamorras Hand und leckte am Glas. Wieder spürte Zamorra, wie das Amulett sich erwärmte, aber noch schwächer als beim Zerplatzen des Trinkgefäßes. Wenn er diesmal nicht ganz bewußt darauf geachtet hätte, wäre ihm die Reaktion entgangen.
    »Noch einmal«, flüsterte er und konzentrierte sich auf den gedanklichen Befehl. »Und nicht so schnell…«
    »Sagten Sie etwas, Professor?« fragte Birgit irritiert. Zamorra drehte sich langsam. Er bemühte sich, die Hand mit der Scherbe so zu halten, daß das blaue Glühen der Frau nicht auffallen sollte. Er wollte herausfinden, ob es eine bestimmte Richtung gab, aus der der Poltergeist angegriffen hatte. Daraus ließen sich Rückschlüsse auf ihn selbst ziehen.
    Aber noch ehe Zamorra etwas entdecken konnte, ertönte aus der oberen Etage ein lauter Aufschrei und ein dumpfes Poltern.
    Und das Poltern hörte nicht mehr auf und donnerte die Treppe herunter…
    ***
    Henri Focault war die Treppe hinaufgestiegen und klopfte an Claudines Zimmertür. Aber drinnen rührte sich niemand. Vorsichtig drückte Henri die Klinke nieder und schob die Tür auf.
    Claudine lag bäuchlings auf ihrem Bett; offensichtlich schlief sie. Dabei war es noch heller Tag! Aber wenn sie dadurch ein paar Minuten Ruhe fand, konnte es Henri nur recht sein.
    Er stutzte.
    Wenn sie schlief - wieso hatte dann unten in der Wohnstube das Glas zerplatzen können?
    Er trat näher heran und berührte leicht Claudines Schulter. »Claudine, wach bitte auf! Da…«
    Da ist jemand, der mit dir sprechen möchte, hatte er sagen wollen.
    Aber da hob sich der vorm Fenster stehende Schülerschreibtisch, raste durch die Luft auf Henri zu und rammte ihn. Der Mann stürzte zu Boden. Der Teppich rollte sich auf, ließ einen Stuhl umkippen und wickelte sich blitzschnell um Henri Focault. Er schrie auf und versuchte um sich zu schlagen, um sich zu befreien, aber es gelang ihm nicht. Statt dessen rollte er im Teppich aus dem Zimmer hinaus, überschlug sich und stürzte die Treppe hinunter.
    Oben im Zimmer saß Claudine mit weit aufgerissenen Augen auf dem Bett, die Hände vor das Gesicht geschlagen, und wollte entsetzt schreien, aber sie brachte keinen Laut hervor.
    Der Frost schüttelte ihren schlanken Körper.
    ***
    Zamorra spurtete zur Treppe, gefolgt von der erschrockenen Birgit. Er sah, wie sich am Fuß der Treppe ein Teppich entrollte und einen stöhnenden Henri Focault freigab. Birgit kauerte sich neben ihrem Mann nieder und kümmerte sich um ihn. Zamorra stürmte schon die Treppe hinauf. Er fühlte die Erwärmung des Amuletts! Die magische Kraft wirkte immer noch! Es war noch nicht vorbei!
    Er sah in die offene Zimmertür und trat vorsichtig ein. Er sah das Mädchen mit dem dunklen Haar angekleidet auf dem Bett sitzen, die Hände vorm Gesicht. Das Mädchen zitterte heftig. Zamorra versuchte die Richtung zu erfassen, aus der der Poltergeist angriff, sie mußte nicht unbedingt mit dem Standort des Mächens identisch sein.
    Aber bevor er noch ein Ergebnis feststellen konnte, fühlte er instinktiv, daß über ihm irgend etwas war. Er warf sich zur Seite. Unmittelbar über der Tür hatte ein Schülerschreibtisch an der Zimmerdecke geklebt! Er war zwar nicht sonderlich groß und schwer, aber er hätte bestimmt ausgereicht, Zamorra einen Schädelbruch einzutragen. Eines der Schreibtischbeine zersplitterte, der Schreibtisch kippte um, und eine der Schubladen rutschte heraus und verstreute ihren Inhalt über den Fußboden.
    Dann war es vorbei.
    Das Amulett zeigte keine Magie mehr an.
    Zamorra pfiff leise durch die Zähne. »Mein lieber Schwan«, murmelte er. »Da hast du dir ja ein selten gefährliches Prachtexemplar von Poltergeist angelacht! Aber den kriegen wir. Das war eine seiner letzten Aktionen, verlaß dich drauf!«
    Das Mädchen auf dem Bett brach in Tränen
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