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0382 - Claudines Schreckensnacht

0382 - Claudines Schreckensnacht

Titel: 0382 - Claudines Schreckensnacht
Autoren: Werner Kurt Giesa
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des Amulettes wegen als einer jener Scharlatane abgestempelt werden, die allerlei Hokuspokus vollzogen, aber in Wirklichkeit überhaupt nichts erreichen.
    Er führte das Glas mit dem Fruchtsaft an die Lippen und wollte trinken. Im gleichen Moment zerplatzte es in seiner Hand.
    ***
    Norman Lafayette stand am Fenster eines Zimmers. Von hier aus konnte er das Haus der Focaults sehen. Ich muß hier fort, oder ich drehe durch, dachte er. Immer wieder tanzte Claudine vor seinem inneren Auge. Immer wieder glaubte er ihre Stimme zu hören, als sie ihn beschimpfte und ihm empfahl, sich zum Teufel zu scheren.
    Das Trinkglas, das er in der Hand hatte, schleuderte er in einer Zornesaufwallung gegen die Wand. Es zerschellte. Norman spürte einen Schmerz auf der Unterlippe und begriff, daß er sich in diesem Augenblick der Wut in die Unterlippe gebissen hatte.
    Er verstand sich selbst nicht. Etwas war mit ihm geschehen. Konnte es wirklich sein, daß es Claudine Focault war, die ihn so verrückt machte? Wie war das möglich? Er wußte doch, daß sie viel zu jung für ihn war. Warum war er dann so fest an sie gebunden? Es war unlogisch.
    Aber er war nicht einmal in der Lage, die Gründe für diese unlogischen Gefühlsaufwalllungen zu erkennen. Er war völlig verwirrt.
    Der Blutstropfen auf seiner Unterlippe schmeckte salzig.
    ***
    Zamorra ließ die Splitter fallen und spie zwei davon aus, die seine Lippe verletzt hatten; der Fruchtsaft ergoß sich über seinen weißen Anzug. Mit einem überraschten Schrei fuhr Birgit Focault auf. Henris Augen weiteten sich.
    »Jetzt ist’s aber genug«, preßte er in wütender Verzweiflung hervor.
    »Ich glaube, das war ein netter Gruß vom Poltergeist«, stellte Zamorra trocken fest. Er nahm in Ermangelung eines anderen sauberen Tüchleins das Einstecktuch, um ein paar Blutstropfen von der Lippe zu tupfen. »Der Herr geruht mobil zu machen. Tut mir leid um Ihren Teppich, aber ich konnt’s nicht verhindern…«
    »Ihr schöner Anzug!« stöhnte Birgit auf. Sie hetzte ins Bad, um einen Aufwischlappen zu holen.
    »Sie sind verletzt«, erkannte Henri bestürzt. »Warten Sie, ich hole eben den Verbandskasten…«
    »Bemühen Sie sich nicht«, wehrte Zamorra ab und knüllte das Einstecktuch zusammen. »Ist schon alles in Ordnung.« Er betrachtete seine Hand, in der das Glas förmlich explodiert war. Sie war unverletzt geblieben.
    Birgit bemühte sich, den Teppich zu säubern, was natürlich auf momentane Schwierigkeiten stieß.
    Zamorra überlegte, was er von diesem Vorfall zu halten hatte. War es ein bewußter Angriff des Poltergeistes auf ihn gewesen? Immerhin hatte er im Augenblick des Geschehens eine leichte Erwärmung seines Amuletts verspürt, die jetzt aber wieder abgeklungen war. In jenem Augenblick war also dämonische Kraft freigesetzt worden.
    Der Poltergeist war also nicht nur ein Poltergeist, nicht nur eine relativ harmlose Erscheinung. Es steckte mehr dahinter.
    Aber was?
    Es war ihm noch nicht klar, ob es ein gezielter Angriff war oder ein Zufall, eines von zahlreichen spontanen Phänomenen. Aber ihm war jetzt klar, daß es nicht an der Aura des Hauses an sich lag, auch nicht an einer Wechselwirkung mit den Gefühlsschwingungen der hier lebenden Personen. Dann hätte das Amulett keine dämonische Kraft angezeigt, oder zumindest eine schwarzmagische.
    Er brauchte also nicht länger über diese Frage nachzudenken. Die Attacke hatte ihn einen Schritt weitergebracht.
    »Ich möchte jetzt mit Ihrer Tochter sprechen«, verlangte Zamorra. »Wo kann ich sie finden?«
    »Ich hole sie«, sagte Henri Focault schnell. Er warf einen etwas verstört wirkenden Blick auf Zamorra, dessen befleckten Anzug und die Glassplitter auf dem Teppich, die Birgit mühsam und vorsichtig aufklaubte, dann entfernte er sich aus dem Wohnzimmer. Zamorra bückte sich und hob eine der größeren Scherben auf. Er betrachtete sie nachdenklich. Ein paar Tropfen des gelben Saftes hafteten noch am Glas.
    Unwillkürlich berührte Zamorra durch den Hemdstoff sein Amulett. Wenn Birgit die Bewegung auffiel, wußte sie sie nicht zu deuten. Das Hemd war weit geschnitten und fiel locker genug, daß das Amulett sich nicht zu deutlich abzeichnete.
    Zamorra aktivierte eine andere Funktion der Silberscheibe. Er hatte genug Übung, auf Anhieb das richtige der winzigen Schriftzeichen zu treffen. Er verschob es mit leichtem Druck. Es glitt von selbst in seine ursprüngliche Lage zurück. Zamorra hatte trotz der Jahre, in denen er diese
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